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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: System Denkmalpflege - Netzwerke für die Zukunft — Hannover: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 31.2004

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Sektion 2: Historische Freiräume zwischen Grundlagenforschung und Minimalismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.51150#0154
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Sektion 2: Historische Freiräume zwischen Grundlagenforschung und Minimalismus

Denkmalpflege als Interesse von Eigentümern oder
Eigentümer im Interesse der Denkmalpflege
Sigmund Graf Adelmann

Das Mausoleum in Hasperde ist Teil einer typischen
niedersächsischen Gutsanlage, die als Gesamtensemble
unter Denkmalschutz steht. Die einzelnen Bauteile er-
halten ihre Bedeutung durch die Einordnung in die An-
lage, die Einbettung in einen historischen Freiraum, den
Bezug zum Park und seiner Umgebung.
Ich berichte von der Geschichte des Mausoleums und
dem jahrelangen Ringen um seinen Erhalt. Dabei haben
sich in über 20 Jahren zahlreiche Kontakte mit der
staatlichen Denkmalpflege auf den verschiedensten
Ebenen ergeben. Ebenso vielfältig sind auch die Erfah-
rungen mit staatlicher Denkmalpflege. Unter staatlicher
Denkmalpflege verstehe ich die niedersächsische Kons-
truktion, in der Untere Denkmalschutzbehörden einen
hohen Stellenwert besitzen. Meine Fragen richten sich
nicht nur an den fachlich versierten und engagierten
Denkmalpfleger, sondern vor allem an das System staat-
licher Denkmalpflege unter niedersächsischen Bedin-
gungen.
Ich will am Beispiel des Mausoleums, dessen Denk-
malwert für Denkmalpfleger und für mich außer Frage
steht, das Mit- und Gegeneinander zwischen staatlicher
Denkmalpflege und Eigentümer beschreiben.

Abb. 1: Hasperde, Bad
Münder, Ldkr. Hameln-
Pyrmont, Schloss Hasperde,
von Süden mit dem Bereich
des ehemaligen Lustgartens,
im Vordergrund der nahe
vorbeifließende Bach Hamel,
1998.

Das Objekt
Die Gesamtanlage mit Schloss, Gutsgebäuden, Mauso-
leum und Park wird durch die rege Bautätigkeit nach
1880 von Otto und Marie von Hake, geb. Brentano,
geprägt. Marie von Hake, die aus Wien stammte, brachte
aus Wien und Norditalien viele Ideen mit. Das Schloss
wurde grundlegend umgebaut, das Mausoleum und


mehrere Wirtschaftsgebäude neu errichtet, der Park neu
gestaltet.
Zu dem Komplex der These, dass Kunstdenkmale
auch immer Geschichtsdenkmale sind, gehört das
Wissen um den finanziellen Hintergrund der Entstehung
der Denkmale. Im Fall von Hasperde ist es wichtig zu
wissen, dass die rege Bautätigkeit von Otto und Marie
von Hake mit dem Vermögen von Marie von Hake
finanziert wurde, das aus Industriebesitz stammte. Das
Industrievermögen war nach dem Ersten Weltkrieg ver-
loren. So entstand in Hasperde ein denkmalgeschütztes
Gesamtensemble, dessen Volumen in keinem Verhältnis
zum landwirtschaftlichen Grundbesitz eines durch-
schnittlichen Gutes im Calenberger Land stand und
steht.
Das Schloss zeigte sich bis 1882 als einfaches zwei-
geschossiges Barockgebäude mit Walmdach und den
charakteristischen Sollingplatten. Durch den Umbau
1882 bis 1893 wurde es um ein Stockwerk erhöht und
aufwendig im Stil der Neurenaissance durch den hanno-
verschen Architekten Lingemann vereinheitlicht (Abb.
1). Leider ist über den Architekten Lingemann nicht
allzu viel bekannt. Neben den Bauten in Hasperde
stammen von ihm die Hefe- und Spritwerke in Hameln,
die kürzlich im Rahmen einer Umnutzung als wichtiges
Industriedenkmal grundlegend saniert wurden und die
Teilnahme bei einem Wettbewerb für die ev. St. Markus-
Kirche in Chemnitz.
Nach dem Verkauf des Schlosses 1943 bemühten sich
die damaligen Besitzer um einen Ersatz für den Wohn-
sitz und ließen 1952 am Rande des Gutsparks ein neues
Herrenhaus durch den Pyrmonter Architekten Eugen
Kube errichten. In seinem Gesamtbild lehnt es sich
unverkennbar an traditionelle Vorbilder an. Der Archi-
tekt verband traditionelle Formen der Architektur eines
Gutshauses mit etlichen Merkmalen des Baustils der
Nachkriegszeit, die zu einer gelungenen schlichten Ele-
ganz führen. Deshalb wurde auch das neue Gutshaus mit
dem Gesamtensemble unter Denkmalschutz gestellt.
Der Hasperder Gutspark entspricht in seiner Größe
von 2 ha und der Gestaltung durchaus den auch sonst
üblichen Anlagen im Calenberger Land. Sehenswert ist
er vor allem wegen des heutigen Erhaltungszustandes,
der auf den kontinuierlichen Bemühungen der Besitzer
der letzten 200 Jahre, die Anlage zu erhalten und immer
wieder neu zu gestalten, beruht. So sind bis heute Reste
der Parkgestaltung nach französischem Stil vorhanden,
die ein Plan um 1750 dokumentiert. 1825 wurde der
Park in einen Landschaftspark umgewandelt. Aus dieser
Zeit stammen mehrere dendrologisch interessante
Exoten.
Auch das Gartenhaus entstand um 1825. Das heutige
Aussehen des Parks wird wesentlich von der Gestaltung
und Bepflanzung der Zeit von 1870 bis 1890 bestimmt.
Die Wegeführung und einige Solitäre gehen auf
Planungen des hannoverschen Gartenarchitekten Otto
Eber nach dem Ersten Weltkrieg zurück.
 
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