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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: System Denkmalpflege - Netzwerke für die Zukunft — Hannover: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 31.2004

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Sektion 3: System Kulturlandschaft Harz
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https://doi.org/10.11588/diglit.51150#0237
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Interpretation und Vermittlung einer Kulturlandschaft - Beispiele aus dem Oberharz

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tem, können und dürfen nicht die Augen davor ver-
schließen, dass die gesellschaftliche Orientierung ins-
gesamt immer stärker auf ein subjektives Erleben aus-
gerichtet ist. Außerdem schafft Lernen mit allen Sinnen
nachhaltige Eindrücke. Schließlich unterliegen die Ver-
mittlungsmethoden einem zeitgeistbedingten Wandel.
Ob Kulturfilm (ein Renner in den 1920er Jahren) oder
„event“, das authentische Sachzeugnis bleibt gleich. Es
geht darum, es inhaltlich fundiert, angemessen und -
wieso eigentlich nicht - unterhaltsam Harzgästen und
auch Einheimischen nahe zu bringen. Es geht darum,
das Sachzeugnis - sei es ein Gebäude, ein Fördergerüst
oder eine Halde - als Schlüssel zum Erschließen des his-
torischen Erbes der Region zu nutzen. Erbe verstanden
im Sinne des englischen „heritage“, das sowohl das
Natur- als auch das Kulturerbe mit einschließt.
Die Gäste, die in die Bergstädte kommen und die kul-
turtouristischen Programme wahmehmen, sind natür-
lich sehr verschieden. Vom kulturhungrigen Einzelrei-
senden im Rentenalter bis zur Schulklasse reicht das
Spektrum, entsprechend breit ist das Angebot. Mit
einem Programm des Projektes Kulturtourismus wäre es
zum Beispiel möglich, einen historischer Streifzug durch
Zellerfeld zu unternehmen. Wer könnte da ein versierte-
rer Führer sein als August Ey, der Lehrer und Literat, der
manche Details aus früheren Jahrhunderten verrät?
Historische Personen können zudem an authen-
tischen Orten, wie beispielsweise der Maschinenhalle
des Ottiliaeschachtes, im Rahmen eines Kulturpro-
gramms oder einer Feier auftauchen. Für kleine Gäste
oder Schulklassen wird die montanhistorische Ver-
gangenheit zum Beispiel durch eigenes Ausprobieren an
der Scheidebank im Oberharzer Bergwerksmuseum
lebendig, wo etwas über die harte und dennoch so
begehrte Arbeit als Pochknabe in den Oberharzer Auf-
bereitungsbetrieben berichtet wird.
Bei dem Programm „Wandern und Wundern“ durch-
wandern Teams mit verschiedenen Aufgabenstellungen
die Landschaft. Dinge sind zu sammeln, zu entdecken, zu
fotografieren. Am Ende werden die Puzzlestückchen zu-
sammengetragen und in Beziehung zueinander gesetzt.
Ein Projekt mit einem ganz ähnlichen Ansatz wie das
„Wandern und Wundem Programm“ befindet sich
momentan in der Entwicklung. Mit einem tragbaren
Computer ausgerüstete Entdeckerteams sollen sich auf
Spurensuche in die Landschaft begeben. Die tragbaren
Geräte sind mittlerweile recht handlich geworden. Vor
allem die Männerwelt kennt diese PDA’s als mehr oder
minder sinnvolles Spielzeug zur Terminverwaltung.
Solche Geräte werden unsere Besucher auf Rundwegen
leiten. Dabei wird die gesamte umgebende (Kultur-)
Landschaft als erlebnisorientierter Lemort begriffen.


Abb. 3: Erlebte Geschichte:
August Ey erzählt aus der
Vergangenheit von Clausthal-
Zellerfeld, 2003.


Die Nutzer sind zeitlich weitgehend unabhängig, so
kann beispielsweise dem Wunsch etwa nach einer Pick-
nickpause individuell Rechnung getragen werden, was
vor allem für Familien attraktiv sein wird. Interaktiv,
medial und spielerisch leiten wir zum Aufspüren von
sichtbaren Sachzeugnissen und anthropogenen Einflüs-
sen auf die Natur an und bieten Informationen zu den
Dingen, die in der Landschaft entdeckt werden.
Elektronisches Medium zur Interpretation der Land-
schaft heißt diese neue Vermittlungsmethode recht aka-
demisch. Hinter der Abkürzung „EMIL“ aber verbirgt
sich ein pfiffiger „Landschaftsdetektiv“, dem die Besu-
cher bei der Spurensuche in die Umgebung folgen.
Seine besonderen Vorzüge liegen nicht nur darin, dass
er die Blicke der Nutzer auf die Spuren der Vergangen-
heit lenken kann. Es können darüber hinaus durch das
Medium Computer Hintergründe und Historie geliefert,
Unsichtbares sichtbar gemacht werden. Die Durchfüh-
rung dieses Modell-Projektes erfolgt als Kooperation
zwischen dem Museumsverbund „Die Oberharzer Berg-
bau- und Heimatmuseen e.V.“, dem Oberharzer Berg-
werksmuseum in Clausthal-Zellerfeld und dem Fach-
bereich Informatik der Hochschule Bremen. Es wird ge-
fördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, die
Harzwasserwerke GmbH und das Arbeitsamt Goslar.
EMIL und die anderen Programme des Kultur-
tourismus leisten einen Beitrag dazu, den Harzgästen
ebenso wie den Einheimischen die Kulturlandschaft
Harz in ihrer Genese im Spannungsfeld von Ökonomie
und Ökologie nahe zu bringen und den Blick für die
Auswirkungen menschlichen Handelns auf die Land-
schaft zu schärfen.

Abb. 4: Ausprobieren am
authentischen Ort: Arbeit der
Pochknaben in der ehemaligen
Erzaufbereitung, 2001.


Abb. 5: Wandern und
Wundern: Entdeckerteam am
Ringer Zechenhaus in Zeller-
feld, 2002.

Anmerkung
1 Schnabel, Carl: Unter grünen Tannen, 1907, 23f.

Literatur

Nahrstedt, Wolfgang et al.: Lernort Erlebniswelt. Neue Formen
informeller Bildung in der Wissensgesellschaft, 2002.
Radkau, Joachim: Natur und Macht. Eine Weltgeschichte der
Umwelt, 20022.

Roseneck, Reinhard, Wilhelm Marbach: Historische Bergbauregion
Harz. Denkmalpflegerisch-museales Rahmenkonzept, 1993.
Schnabel, Carl: Unter grünen Tannen, 1907.
Tilden, Freeman: Interpreting our heritage, Carolina, 1957.
 
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