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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: System Denkmalpflege - Netzwerke für die Zukunft — Hannover: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 31.2004

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Sektion 3: System Kulturlandschaft Harz
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https://doi.org/10.11588/diglit.51150#0238
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Sektion 3: System Kulturlandschaft Harz

Kulturlandschaft Harz - Resümee und Ausblick

Nationalpark Harz - Von der Kulturlandschaft zurück
zu einem „Urwald aus zweiter Hand“
Wolf-Eberhard Barth

Einleitung

Abb. 1: Nach dem OECD-
Prüfbericht 2001 bildet
Deutschland hinsichtlich des
Anteils gefährdeter Arten im
Vergleich mit anderen Indus-
trieländern ein unrühmliches
Schlusslicht.

Bitte sehen Sie es mir nach, wenn ich unseren Blick
mehr auf übergeordnete Aspekte der modernen, welt-
weit verbindlichen Nationalpark-Ziele fokussiere. Ich
kann dadurch die Offenlegung örtlicher, kulturge-
schichtlich bedingter Fehlentwicklungen ökologischer
Belange - ohne mit dem Finger auf Beispiele zeigen zu
müssen - anonymisieren und, wie ich hoffe, die Kon-
zentration mehr auf Zusammenhänge verlagern, die uns
alle angehen und Probleme offen legen, die wir wesent-
lich beherzter angehen müssen.
Bevölkerungsexplosion, Übernutzung von natürli-
chen Ressourcen und Umweltbelastungen haben heute
weltweit ein Ausmaß erreicht, das mittelfristig über die
Zerstörung natürlicher Lebensräume und deren Arten-
inventar für die Existenz großer Teile auch der Mensch-
heit und ihrer Kulturlandschaften bedrohlich ist.
Was den Harz ab ausgehendem Mittelalter in Form
von technisch immer weiter perfektionierten Nutzun-
gen, Übernutzungen, ja Ausplünderungen von Natur-
ressourcen auf Kosten einer ökologischen Nachhaltig-
keit über Jahrhunderte geprägt hat, findet weltweit in
vielen Bereichen auch heute noch statt. Der Umden-
kungsprozess hat hier im Harz zum Glück jedoch bereits
Ende des 19. Jahrhunderts eingesetzt:
Der Begriff der Nachhaltigkeit fand bei der Holzpro-
duktion nicht von ungefähr gerade im teilweise aus-

Zustand der Natur


Deutschland im Vergleich mit anderen Industrieländern
(OECD-Prüf bericht 2001)

Anteile gefährdeter Arten:

Deutschland
Kanada
USA
Japan
Frankreich
Italien
Ver. Königreich


0

20 40



Gefäß-


Quelle:


Av Nationalpark
li Jl Harz

geplünderten Harz um 1735 durch Oberjägermeister
von Langen Eingang in die Bewirtschaftung der Harzer
Wälder. Das Nachhaltigkeitsprinzip war dabei - ähnlich
wie es weltweit heute bei der Gewinnung der meisten
Rohstoffe unter Missachtung natürlicher ökologischer
Belange noch allzu sehr verbreitet ist - ausschließlich
auf die nachhaltige Bereitstellung des Rohstoffes Holz
ausgerichtet, damit der Bergbau und die Verhüttung der
Erze nicht zum Erliegen kamen.
Naturschutzbelange traten erst gegen Ende des 19.
Jahrhunderts immer mehr in das Bewusstsein der Harzer
Bevölkerung. Heute sind 10% des Gesamtharzes Teil
einer Bewegung, die unter dem Slogan „Natur Natur
sein lassen“ nach weltweit gleichen lUCN-Kriterien
Nationalparks einrichtet. Aus der ökologischen Nach-
haltigkeit der Natur kann die Bevölkerung hier im Rah-
men der Erholung und Bildung lernen, welche Bedeu-
tung die Natur auch für die Gesundheit des Menschen
und sein psychisches Wohlbefinden hat und welche
Rahmenbedingungen der Mensch einhalten muss, wenn
er außerhalb von Nationalparks im Sinne der Agenda 21
ökologisch nachhaltig wirtschaften und die Verein-
barungen der Völkergemeinschaft von Rio 1992 befol-
gen will.
Nationalparks sind heute Kristallisationskeme für
die Natur, aber auch für die Köpfe und Herzen ihrer
Besucher.
Das gilt auch für den Nationalpark Harz, der inmitten
einer alten Kulturlandschaft reiche Schätze einer über-
lieferten Natur nicht nur schützt, sondern in wirtschaft-
lich überformten Bereichen durch einleitende Renatu-
rierungsarbeiten wieder mehrt.
Es geht mir also in meinem Beitrag um ein fachüber-
greifendes Denken, um eine Vernetzung unserer Kennt-
nisse von Gestern und Heute, damit wir künftige ge-
meinsame Handlungsansätze besser erkennen können.
Besondere Chancen des Nationalparks Harz
als Waldnationalpark
Deutschland - sogar ganz Mitteleuropa - war ursprüng-
lich von Wald bedeckt.
Jeder ursprüngliche Waldstandort wird ohne unser
Gegenwirken - das heißt ohne Nutzung, Pflege oder
sonstige Manipulation - nach natürlichen ökologischen
Eigengesetzen der Sukzessions-Dynamik wieder Wald.
Unsere Urwälder enthielten mehr als 90 % des heu-
tigen Arteninventars der Flora und Fauna. Ausdrücklich
gehören dazu auch alle Arten der Offenland- und
Wiesenbiotope, weil diese Ökosysteme lediglich Suk-
zessions-Stadien der Naturwald-Dynamik darstellen.
 
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