Historisch-geographische Stadtanalyse in der Denkmalpflege
371
Ellwangen als Musterbeispiel für eine Klosterstadt und
geistliche Residenz gehen. Von letzterer künden auch das
fürstpröbstliche Schloss über der Stadt (Abb. 2 und 3)
und die barocke Wallfahrtskirche auf dem Schönenberg
(Abb. 3), die die Stadtlandschaft eindrucksvoll beherr-
schen. Durch die Säkularisation kam Ellwangen an
Württemberg und verharrte das ganze 19. Jahrhundert
über auf dem Status einer kleinen Amts- und Beamten-
stadt.
Ausschlaggebend für die Auswahl Ellwangens war
neben der herausragenden siedlungsgeschichtlichen Be-
deutung der Stadt die große Aufgeschlossenheit, welche
die Stadt traditionell Belangen der Denkmalpflege ent-
gegenbrachte. So erklärte der Gemeinderat der Stadt
Ellwangen bereits 1976 sein Einvernehmen zu einer
Unterschutzstellung der Altstadt als Gesamtanlage ge-
mäß Paragraph 19 Denkmalschutzgesetz. Und als nach
der Novellierung des baden-württembergischen Denk-
malschutzgesetzes der Gesamtanlagenschutz als „eine
weisungsfreie Pflichtaufgabe“1 der Städte und Gemein-
den vollständig in kommunalpolitische Verantwortung
übergegangen war, gehörte Ellwangen 1984 zu den
ersten - und bis heute wenigen - Städten in Baden-
Württemberg, die ihr Altstadtensemble durch eine kom-
munale Gesamtanlagenschutzsatzung unter Denkmal-
schutz stellten.
Die Umsetzung des Schutzgedankens erwies sich in
der täglichen Praxis jedoch immer wieder als nicht ganz
einfach. Schließlich musste in jedem Einzelfall stets neu
definiert werden, was zum geschützten Erscheinungs-
bild der Altstadt beiträgt und wie die einzelnen Bestand-
teile im Ensemble Zusammenwirken. Als Beurteilungs-
grundlage standen dabei nur der dreiseitige Begrün-
dungstext für die Ausweisung der Altstadt als Gesamt-
anlage zur Verfügung sowie die bereits 1978 erstellte
Liste der Bau- und Kunstdenkmale, die in kurzen Texten
auch einzelne Straßen- und Platzbilder würdigte. Er-
schwerend kam hinzu, dass die Denkmalliste nur ver-
waltungsintem bekannt und nicht systematisch fort-
geschrieben worden war. Außerhalb des Geltungsbe-
reiches der Gesamtanlagenschutzsatzung beschränkte
sich das denkmalpflegerische Engagement weitgehend
auf Einzelobjekte und allenfalls noch auf Fragen des
Umgebungsschutzes eingetragener Baudenkmale.
Ziele
Von der Stadt Ellwangen und dem Landesdenkmalamt
gemeinsam definiertes Ziel des Denkmalpflegerischen
Fachplans waren deshalb die flächendeckende Erfas-
sung, die Analyse und die Bewertung der im gegen-
wärtigen Bestand überlieferten historischen Substanz
und der Raumstrukturen für die gesamte historische
Kernstadt. Das Ergebnis dieser Untersuchungen sollte
zum einen dazu beitragen, den Bürgern der Stadt Ell-
wangen den Niederschlag der geschichtlichen Entwick-
lung in der heutigen Stadtstruktur und dem gegen-
wärtigen Baubestand erkennbar zu machen und so das
Bewusstsein um die Bedeutung der eigenen gebauten
Geschichte zu stärken. In der Hauptsache sollte das
Planwerk jedoch eine differenzierte und verlässliche
Entscheidungsgrundlage für den sorgsamen Umgang
mit der stadtbaugeschichtlichen Überlieferung der Stadt
bereitstellen.
Der Fachplan versucht damit den Übergang von der
Denkmalerfassung und Denkmalforschung zur prakti-
schen Denkmalpflege herzustellen. Er steht so für einen
„anderen Weg“2 der Denkmalpflege, einen Weg, der
darauf abzielt, möglichst schon bevor sich Planungs-
und Investitionsziele konkretisiert und verfestigt haben,
alle vorhandenen Informationen über das erhaltungs-
würdige stadtbaugeschichtliche Erbe in die Entschei-
dungsprozesse einzubringen und Verantwortungsbe-
wusstsein bei allen daran Beteiligten zu wecken.
Abb. 2: Ellwangen, Blick auf
die Altstadt von Südwesten,
im Hintergrund oben Schloss
ob Ellwangen, 2002.
Abb. 3: Ellwangen, Euftbild
mit der Wallfahrtskirche auf
dem Schönenberg (links) und
Schloss ob Ellwangen (rechts),
1996.
Methode
Der Denkmalpflegerische Fachplan Ellwangen unter-
scheidet sich deutlich von der traditionellen Erfassung
und Beschreibung des Kulturdenkmalbestandes in Lis-
ten oder Topographien. Methodisches Vorbild war die so
genannte Ortsanalyse, die vom Landesdenkmalamt
Baden-Württemberg schon Anfang der 1980er Jahre
entwickelt worden war und in einem Arbeitsheft
publiziert ist.3 Ihr Anliegen war es, historische Unter-
suchungsmethoden für die Vorbereitung, Planung und
371
Ellwangen als Musterbeispiel für eine Klosterstadt und
geistliche Residenz gehen. Von letzterer künden auch das
fürstpröbstliche Schloss über der Stadt (Abb. 2 und 3)
und die barocke Wallfahrtskirche auf dem Schönenberg
(Abb. 3), die die Stadtlandschaft eindrucksvoll beherr-
schen. Durch die Säkularisation kam Ellwangen an
Württemberg und verharrte das ganze 19. Jahrhundert
über auf dem Status einer kleinen Amts- und Beamten-
stadt.
Ausschlaggebend für die Auswahl Ellwangens war
neben der herausragenden siedlungsgeschichtlichen Be-
deutung der Stadt die große Aufgeschlossenheit, welche
die Stadt traditionell Belangen der Denkmalpflege ent-
gegenbrachte. So erklärte der Gemeinderat der Stadt
Ellwangen bereits 1976 sein Einvernehmen zu einer
Unterschutzstellung der Altstadt als Gesamtanlage ge-
mäß Paragraph 19 Denkmalschutzgesetz. Und als nach
der Novellierung des baden-württembergischen Denk-
malschutzgesetzes der Gesamtanlagenschutz als „eine
weisungsfreie Pflichtaufgabe“1 der Städte und Gemein-
den vollständig in kommunalpolitische Verantwortung
übergegangen war, gehörte Ellwangen 1984 zu den
ersten - und bis heute wenigen - Städten in Baden-
Württemberg, die ihr Altstadtensemble durch eine kom-
munale Gesamtanlagenschutzsatzung unter Denkmal-
schutz stellten.
Die Umsetzung des Schutzgedankens erwies sich in
der täglichen Praxis jedoch immer wieder als nicht ganz
einfach. Schließlich musste in jedem Einzelfall stets neu
definiert werden, was zum geschützten Erscheinungs-
bild der Altstadt beiträgt und wie die einzelnen Bestand-
teile im Ensemble Zusammenwirken. Als Beurteilungs-
grundlage standen dabei nur der dreiseitige Begrün-
dungstext für die Ausweisung der Altstadt als Gesamt-
anlage zur Verfügung sowie die bereits 1978 erstellte
Liste der Bau- und Kunstdenkmale, die in kurzen Texten
auch einzelne Straßen- und Platzbilder würdigte. Er-
schwerend kam hinzu, dass die Denkmalliste nur ver-
waltungsintem bekannt und nicht systematisch fort-
geschrieben worden war. Außerhalb des Geltungsbe-
reiches der Gesamtanlagenschutzsatzung beschränkte
sich das denkmalpflegerische Engagement weitgehend
auf Einzelobjekte und allenfalls noch auf Fragen des
Umgebungsschutzes eingetragener Baudenkmale.
Ziele
Von der Stadt Ellwangen und dem Landesdenkmalamt
gemeinsam definiertes Ziel des Denkmalpflegerischen
Fachplans waren deshalb die flächendeckende Erfas-
sung, die Analyse und die Bewertung der im gegen-
wärtigen Bestand überlieferten historischen Substanz
und der Raumstrukturen für die gesamte historische
Kernstadt. Das Ergebnis dieser Untersuchungen sollte
zum einen dazu beitragen, den Bürgern der Stadt Ell-
wangen den Niederschlag der geschichtlichen Entwick-
lung in der heutigen Stadtstruktur und dem gegen-
wärtigen Baubestand erkennbar zu machen und so das
Bewusstsein um die Bedeutung der eigenen gebauten
Geschichte zu stärken. In der Hauptsache sollte das
Planwerk jedoch eine differenzierte und verlässliche
Entscheidungsgrundlage für den sorgsamen Umgang
mit der stadtbaugeschichtlichen Überlieferung der Stadt
bereitstellen.
Der Fachplan versucht damit den Übergang von der
Denkmalerfassung und Denkmalforschung zur prakti-
schen Denkmalpflege herzustellen. Er steht so für einen
„anderen Weg“2 der Denkmalpflege, einen Weg, der
darauf abzielt, möglichst schon bevor sich Planungs-
und Investitionsziele konkretisiert und verfestigt haben,
alle vorhandenen Informationen über das erhaltungs-
würdige stadtbaugeschichtliche Erbe in die Entschei-
dungsprozesse einzubringen und Verantwortungsbe-
wusstsein bei allen daran Beteiligten zu wecken.
Abb. 2: Ellwangen, Blick auf
die Altstadt von Südwesten,
im Hintergrund oben Schloss
ob Ellwangen, 2002.
Abb. 3: Ellwangen, Euftbild
mit der Wallfahrtskirche auf
dem Schönenberg (links) und
Schloss ob Ellwangen (rechts),
1996.
Methode
Der Denkmalpflegerische Fachplan Ellwangen unter-
scheidet sich deutlich von der traditionellen Erfassung
und Beschreibung des Kulturdenkmalbestandes in Lis-
ten oder Topographien. Methodisches Vorbild war die so
genannte Ortsanalyse, die vom Landesdenkmalamt
Baden-Württemberg schon Anfang der 1980er Jahre
entwickelt worden war und in einem Arbeitsheft
publiziert ist.3 Ihr Anliegen war es, historische Unter-
suchungsmethoden für die Vorbereitung, Planung und