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Mühlen in Niedersachsen
Region und Stadt Hannover
galt damals als die höchste Windmühle im Königreich
Hannover und verschaffte Tiedt Ansehen bei den um-
liegenden Mühlenbesitzern. Sie war weiterhin nach
„Englischem System" mit Jalousieflügeln versehen
und trieb bei gutem Wind mehrere Mahlgänge, Sich-
ter und Reinigungsmaschinen.
In einem Bewerbungsschreiben vom 09.02.1858 be-
wirbt sich Tiedt um die Genehmigung zur Ausübung
des Mühlenbauergewerbes in Peine. Im Folgenden
soll hier der Wortlaut des Textes wiedergegeben sein:
Zunächst im direkten Peiner Umland, wenig später
auch in der heutigen Region Hannover machte sich
Tiedt einen Namen im Windmühlenbau wie damals
kein Anderer. Besonders im früheren Calenberger
Land stammten die meisten Holländermühlen von sei-
ner Hand. Älteren Müllern aus dieser Region ist der
Name Tiedt heute noch ein Begriff.
Die Holländermühlen Tiedts waren und sind nüchter-
ne Funktionsbauten und entstanden nach einer Art
einheitlichem Baukastensystem mit einer standardi-
sierten Inneneinrichtung, deren Grundausstattung
in der Regel aus drei Mahlgängen mit Unterantrieb
An 'Königlich'Hannoversche Landdrostei zu Hildesheim, gehorsamstes Gesuch vonSeiten des (Bürgers und Mühlenbauers, Zimmererge-
seUen Ludwig Tiedt zu (Reine, um gnädige ‘Erteilung der Concession zum Mühknbauer.
An den Magistrat der Stadt Keine zur Verfügung, eventuellzum ‘Berichte.
Hildesheim den 15. Februar 1858, Königlich Hannoversche Landdrostei.
Ich bin Bürger der Stadt deine, haße die Zimmer-cprofession zünftig erlernt undbisher als Gesetk gearbeitet. Sowohl in meiner Lehrzeit
als auch in meinem Geselknstande habe ich sehr viele Gelegenheit gehabt, mich als Mühknbauer auszubilden und ich darf behaupten,
daß ich als solcher durchaus tüchtig bin, wie ich damit auch während meines hiesigen Aufenthalts, freilich für Rechnung meines ‘Meis-
ters, die vorgeßpmmenen Mühknbau-Arbeiten ausgeführt haße.
Ich bin verheirathet und (Familienvater und würde es daher für mich sehr erwünscht sein, wenn es mir verstauet würde, auf eigene
(Rechnung als Mühknbauer zu arbeiten, da mir auf der einen Seite der größere Verdienst wohlzu gönnen sein möchte, auf der anderen
Seite aber auch ein Mühknbauer hier und in der 'Umgegend nicht vorhanden ist.
Ich richte deshalb an ‘Hohe 'Königliche Landdrostei die gehorsamste Bitte: Hochdiesetbe wolle geneigen mir die Concession zum Müh-
knbauer gnädigst zu ertheden.
Mit (Devotion undganz gehorsamst
(Peine 9. Fehr. 1858 L. Tiedt.
®ie SBerfttögcrnttflSPäiije für SSiiibmüftlen, «ßat. Str. 239404
(fretje SSefctjreibimg unb Slbbtlbung in. Sllr. 39 „©eutfdjer SUiüHer" 1911),
non 2B. Stiebt, THüfjIen.JBaumeifter in fßeine, führt ficfj gut ein, ba fie
ntid) ben Urteilen ber HRüHermeifter, bie fie anbringen liegen, eine grofje
firaft entroicfelt unb leidet reguliert. §aben bie glügel Sug^aloufie,
fo wirb fie mit ber am Slügel tteruntergetjenben ßugftange uerbunben.
®ei ober oijnc fjatoufie erfolgt ba§ EinfteHen oon unten aus
rafi) unb fieber, ©ie Silber 134 unb 135 fteUen eine untermauerte
Soifmütjle ohne unb mit .Sebraudj ber Sergrojjerung3=giäd)e bar.
®llt> 134. Dfjne SSergröfjcrungS^läcfjc.
®tlt> 135. SDTlt JBergrÖfeerungSsftlärfje.
durch eisernes Räderwerk, zwei Sechskantsichtern
und Fahrstuhl bestand. Nur die Standardisierung gan-
zer Baugruppen machte die auffallend hohe Anzahl
von Windmühlenneubauten möglich. Der Überliefe-
rung nach soll Tiedt vielfach, wenn er den Auftrag be-
kam eine Mühle zu fertigen, gleich eine zweite mit ab-
gezimmert haben, die er später auf alle Fälle in dieser
im Mühlenbau aufstrebenden Zeit verkauft bekam.
Bis Anfang der 1870er Jahre wurden Holländer-Acht-
kantbauten von Tiedt noch recht klassisch in taillierter
Form abgezimmert, später ausschließlich mit einem
sehr gedrungenen, auf dem Mauerwerk des Erd-,
Wall- oder Galeriegeschosses ruhenden Achtkant. Die
Mühlenkappe ist bei Tiedt-Bauten stets zwiebelförmig
und in nahezu allen Fällen mit einer Windrose verse-
hen. Bei vielen Bauten aus der Anfangszeit verwende-
Werbeanzeige der Mühlenbaufirma Tiedt für ein neuartiges
Jalousieflügelsystem mit sich verbreiternden Vorhecks aus
dem „Deutschen Müller" von 1911.
Mühlen in Niedersachsen
Region und Stadt Hannover
galt damals als die höchste Windmühle im Königreich
Hannover und verschaffte Tiedt Ansehen bei den um-
liegenden Mühlenbesitzern. Sie war weiterhin nach
„Englischem System" mit Jalousieflügeln versehen
und trieb bei gutem Wind mehrere Mahlgänge, Sich-
ter und Reinigungsmaschinen.
In einem Bewerbungsschreiben vom 09.02.1858 be-
wirbt sich Tiedt um die Genehmigung zur Ausübung
des Mühlenbauergewerbes in Peine. Im Folgenden
soll hier der Wortlaut des Textes wiedergegeben sein:
Zunächst im direkten Peiner Umland, wenig später
auch in der heutigen Region Hannover machte sich
Tiedt einen Namen im Windmühlenbau wie damals
kein Anderer. Besonders im früheren Calenberger
Land stammten die meisten Holländermühlen von sei-
ner Hand. Älteren Müllern aus dieser Region ist der
Name Tiedt heute noch ein Begriff.
Die Holländermühlen Tiedts waren und sind nüchter-
ne Funktionsbauten und entstanden nach einer Art
einheitlichem Baukastensystem mit einer standardi-
sierten Inneneinrichtung, deren Grundausstattung
in der Regel aus drei Mahlgängen mit Unterantrieb
An 'Königlich'Hannoversche Landdrostei zu Hildesheim, gehorsamstes Gesuch vonSeiten des (Bürgers und Mühlenbauers, Zimmererge-
seUen Ludwig Tiedt zu (Reine, um gnädige ‘Erteilung der Concession zum Mühknbauer.
An den Magistrat der Stadt Keine zur Verfügung, eventuellzum ‘Berichte.
Hildesheim den 15. Februar 1858, Königlich Hannoversche Landdrostei.
Ich bin Bürger der Stadt deine, haße die Zimmer-cprofession zünftig erlernt undbisher als Gesetk gearbeitet. Sowohl in meiner Lehrzeit
als auch in meinem Geselknstande habe ich sehr viele Gelegenheit gehabt, mich als Mühknbauer auszubilden und ich darf behaupten,
daß ich als solcher durchaus tüchtig bin, wie ich damit auch während meines hiesigen Aufenthalts, freilich für Rechnung meines ‘Meis-
ters, die vorgeßpmmenen Mühknbau-Arbeiten ausgeführt haße.
Ich bin verheirathet und (Familienvater und würde es daher für mich sehr erwünscht sein, wenn es mir verstauet würde, auf eigene
(Rechnung als Mühknbauer zu arbeiten, da mir auf der einen Seite der größere Verdienst wohlzu gönnen sein möchte, auf der anderen
Seite aber auch ein Mühknbauer hier und in der 'Umgegend nicht vorhanden ist.
Ich richte deshalb an ‘Hohe 'Königliche Landdrostei die gehorsamste Bitte: Hochdiesetbe wolle geneigen mir die Concession zum Müh-
knbauer gnädigst zu ertheden.
Mit (Devotion undganz gehorsamst
(Peine 9. Fehr. 1858 L. Tiedt.
®ie SBerfttögcrnttflSPäiije für SSiiibmüftlen, «ßat. Str. 239404
(fretje SSefctjreibimg unb Slbbtlbung in. Sllr. 39 „©eutfdjer SUiüHer" 1911),
non 2B. Stiebt, THüfjIen.JBaumeifter in fßeine, führt ficfj gut ein, ba fie
ntid) ben Urteilen ber HRüHermeifter, bie fie anbringen liegen, eine grofje
firaft entroicfelt unb leidet reguliert. §aben bie glügel Sug^aloufie,
fo wirb fie mit ber am Slügel tteruntergetjenben ßugftange uerbunben.
®ei ober oijnc fjatoufie erfolgt ba§ EinfteHen oon unten aus
rafi) unb fieber, ©ie Silber 134 unb 135 fteUen eine untermauerte
Soifmütjle ohne unb mit .Sebraudj ber Sergrojjerung3=giäd)e bar.
®llt> 134. Dfjne SSergröfjcrungS^läcfjc.
®tlt> 135. SDTlt JBergrÖfeerungSsftlärfje.
durch eisernes Räderwerk, zwei Sechskantsichtern
und Fahrstuhl bestand. Nur die Standardisierung gan-
zer Baugruppen machte die auffallend hohe Anzahl
von Windmühlenneubauten möglich. Der Überliefe-
rung nach soll Tiedt vielfach, wenn er den Auftrag be-
kam eine Mühle zu fertigen, gleich eine zweite mit ab-
gezimmert haben, die er später auf alle Fälle in dieser
im Mühlenbau aufstrebenden Zeit verkauft bekam.
Bis Anfang der 1870er Jahre wurden Holländer-Acht-
kantbauten von Tiedt noch recht klassisch in taillierter
Form abgezimmert, später ausschließlich mit einem
sehr gedrungenen, auf dem Mauerwerk des Erd-,
Wall- oder Galeriegeschosses ruhenden Achtkant. Die
Mühlenkappe ist bei Tiedt-Bauten stets zwiebelförmig
und in nahezu allen Fällen mit einer Windrose verse-
hen. Bei vielen Bauten aus der Anfangszeit verwende-
Werbeanzeige der Mühlenbaufirma Tiedt für ein neuartiges
Jalousieflügelsystem mit sich verbreiternden Vorhecks aus
dem „Deutschen Müller" von 1911.