76 Mühlen in Niedersachsen
Region und Stadt Hannover
Die jüngere Entwicklung des Mühlenwesens
Drei Kreise, drei Müllerinnungen
In der aufstrebenden Zeit der Industrialisierung bil-
deten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch
flächendeckend Berufsverbände unter den Müllern.
Die Handwerksmüller gründeten Innungen, deren
Vorstand über Ausbildung und Produktionsstandards
wachte und auch sozialfürsorgliche Aufgaben über-
nahm.
3n öer SntiungsDcrjammlung oom 13. Dftober b. 3.
rourbe einstimmig folgenber
befdjioffen:
Jyür bic Sauertt’Slunbfcfjaft barf nicht für Gelb ge«
tnafjlen werben, fonbern
nur für Weil SRe^e.
5yür ®ädcr=Siunbfd)aft barf nur *8rotroggen für
Gelb gemahlen werben unb foftcn
150 W- = 60 $fg. 3Raf)Hof)n.
■
Uebertretungen finb bem Dberm.eifter gu ntelbe'n unb
werben für fcben einzelnen <ycill mit 10 HRart beftraft.
Sie Gtrafgclber fließen in bic Snnungstaffe.
Obige Scftimmung tritt mit bem 1. Ülovember 1913
in Äroft.
Jj) Dbermeifter.
mulknnnung Burgöorf. Gtöffnung öer Detjammlung am 1. April 14,45 Ityr öurcb
©oermitr. ©eorg Bötfcfyer. Begrünung der Seilnefymer unö öer (Säfte fjerrn Dipl.*Dolfsro.
Sölter, joroie Ijerrn Betriebsprüfer pg. Sctjraöer, 3. 3- ©be^aljlmeifter bei öer Wehr«
jnadjt. Der Oberin elfter gibt einen fingen Rücfblüf auf öas oerfloffene 3aijr mit feinem
Waffenerfolge öer lüeljrmacfjt. Das Ableben öer 3nnungsmitglieöer Sri$ Sanöer (Doll«
bergen) unö f)r. Wolters (Wettmar) efyren öie Anwefenöen öurdj (Ergeben oon Öen
planen Pg. Sdjraöer fpridjt über feine (hrlebniffe oon öer Weftfront unö berichtet über
franpofifdje ITCüfylen unö (Setreiöefilos. Über preisredjt unö flbfdjöpfung öer Kriegs«
gewinne jprictjt eingeljenö pg. Sölter, woran lieb eine rege Ausjpradje jdrliegt. Der Srei-
Iprud) bet Lehrlinge Ulrid; grieling (Sebnbe) unö Willy IRönnid) (flrpt'e) erfolgt öurd)
Gprenobermeifter Huö. Webet, güt bejonöere £ei[tung erhält Ulrid; grieling eine Kreis®
pramre oon 50 MC. Pg. Sölter trägt 3al)tesab[d)liiij unö Ejausbaltplan oor, wogegen
Smtoenöungen nid;t erhoben werben, (ßbermjtr. Böttd;er |d)liefct 18,30 UI;r mit ®run
unö Dant an Öen gübrer öie Detlammluna. 'Sriti Weber, Sdiriftfübrer.
Mitteilung der Müllerinnung Burgdorf in „Die Mühle" vom
18.04.1941.
Zuvor war es nur sehr vereinzelt anzutreffen, dass die
Müller sich in Verbänden, wie etwa Gilden und Zünf-
ten, zusammentaten. Während es zum Beispiel seit
1834 in Braunschweig eine Müllergilde gab, hatte das
Königreich Hannover trotz seiner beachtlichen Größe
keine vergleichbare Organisation. Erst nach der Anne-
xion durch Preußen 1866 bis 1868 gründeten sich hier
Müllerinnungen.
Da das Gebiet der heutigen Region Hannover über
lange Zeit aus den Kreisen Burgdorf, Neustadt a.
Rbge. und Springe sowie aus der Stadt Hannover,
über einige Zeit auch aus der Stadt und dem Landkreis
Linden bestand, gab es hier auch mehrere solcher
Handwerksverbände. In der Zeit des großen Mühlen-
sterbens war es aber auffällig, dass in den sehr wind-
mühlenreichen Kreisen Neustadt und Burgdorf jeweils
Windmüller die Obermeister der Innungen waren.
Die wesentlichen Teile der Kreise Neustadt a. Rbge.,
Springe und Burgdorf wurden 1974 zum Landkreis
Hannoververeinigt. Damals existierte bereits keine der
Innungen mehr.
Die Burgdorfer Innung wurde von 1937 bis zu ihrer
Auflösung 1970 durch den Müllermeister Georg Bött-
cher aus Aligse als Obermeister geführt. Sein Groß-
vater Fritz Böttcher hatte 1878 durch den Lehrter
Mühlenbaubetrieb Behre in Aligse einen der letzten
Bockwindmühlen-Neubauten der Region erstellen
lassen. 1928 ließ Georg Böttcher die Bockwindmüh-
le durch die renomierte Mühlenbaufirma Karl Kühl
in eine moderne Paltrockwindmühle umbauen und
1938 eine kleine Industriemühle daneben errichten.
Nahezu eine Legende wurde in Fachkreisen die gro-
ße Müllerinnung des Kreises Neustadt a. Rbge. mit
ihrem langjährigen Obermeister Hermann Kirchhoff
aus Mandelsloh. Ihre Geschichte steht exemplarisch
für die turbulenten Zeiten seit Ende des Ersten Welt-
krieges bis in die für die Handwerksmüller so bittere
Zeit des „Großen Mühlensterbens" Mitte der 1950er
Jahre. Der gebürtige Vesbecker Kirchhoff war seit
etwa 1910 Eigentümer der aus einer Konkursmasse
ersteigerten, erst 1906 durch die bekannte Witten-
berger Mühlenbaufirma Wetzig erbauten Holländer-
mühle in Mandelsloh und ließ diese Mühle 1936/37
erneut durch die Erbauerfirma und die Firma Karl Kühl
zur modernsten Windmühle weit und breit umbau-
en. Kirchhoff war Windmüller mit Leib und Seele, und
dass zeigte sich auch in seinem Wirken als Obermeis-
ter. In seiner langen Amtsperiode war es auffällig, dass
alle noch tätigen Windmüller, auch mit zum Teil sehr
altertümlich eingerichteten Bockwindmühlen in den
1930er Jahren ein gutes oder akzeptables Vermah-
lungskontingent erhielten und auch nach dem Zwei-
ten Weltkrieg ihre Betriebe teilweise noch etliche Jah-
re halten konnten. 1954 war ein Schicksalsjahr auf der
Region und Stadt Hannover
Die jüngere Entwicklung des Mühlenwesens
Drei Kreise, drei Müllerinnungen
In der aufstrebenden Zeit der Industrialisierung bil-
deten sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch
flächendeckend Berufsverbände unter den Müllern.
Die Handwerksmüller gründeten Innungen, deren
Vorstand über Ausbildung und Produktionsstandards
wachte und auch sozialfürsorgliche Aufgaben über-
nahm.
3n öer SntiungsDcrjammlung oom 13. Dftober b. 3.
rourbe einstimmig folgenber
befdjioffen:
Jyür bic Sauertt’Slunbfcfjaft barf nicht für Gelb ge«
tnafjlen werben, fonbern
nur für Weil SRe^e.
5yür ®ädcr=Siunbfd)aft barf nur *8rotroggen für
Gelb gemahlen werben unb foftcn
150 W- = 60 $fg. 3Raf)Hof)n.
■
Uebertretungen finb bem Dberm.eifter gu ntelbe'n unb
werben für fcben einzelnen <ycill mit 10 HRart beftraft.
Sie Gtrafgclber fließen in bic Snnungstaffe.
Obige Scftimmung tritt mit bem 1. Ülovember 1913
in Äroft.
Jj) Dbermeifter.
mulknnnung Burgöorf. Gtöffnung öer Detjammlung am 1. April 14,45 Ityr öurcb
©oermitr. ©eorg Bötfcfyer. Begrünung der Seilnefymer unö öer (Säfte fjerrn Dipl.*Dolfsro.
Sölter, joroie Ijerrn Betriebsprüfer pg. Sctjraöer, 3. 3- ©be^aljlmeifter bei öer Wehr«
jnadjt. Der Oberin elfter gibt einen fingen Rücfblüf auf öas oerfloffene 3aijr mit feinem
Waffenerfolge öer lüeljrmacfjt. Das Ableben öer 3nnungsmitglieöer Sri$ Sanöer (Doll«
bergen) unö f)r. Wolters (Wettmar) efyren öie Anwefenöen öurdj (Ergeben oon Öen
planen Pg. Sdjraöer fpridjt über feine (hrlebniffe oon öer Weftfront unö berichtet über
franpofifdje ITCüfylen unö (Setreiöefilos. Über preisredjt unö flbfdjöpfung öer Kriegs«
gewinne jprictjt eingeljenö pg. Sölter, woran lieb eine rege Ausjpradje jdrliegt. Der Srei-
Iprud) bet Lehrlinge Ulrid; grieling (Sebnbe) unö Willy IRönnid) (flrpt'e) erfolgt öurd)
Gprenobermeifter Huö. Webet, güt bejonöere £ei[tung erhält Ulrid; grieling eine Kreis®
pramre oon 50 MC. Pg. Sölter trägt 3al)tesab[d)liiij unö Ejausbaltplan oor, wogegen
Smtoenöungen nid;t erhoben werben, (ßbermjtr. Böttd;er |d)liefct 18,30 UI;r mit ®run
unö Dant an Öen gübrer öie Detlammluna. 'Sriti Weber, Sdiriftfübrer.
Mitteilung der Müllerinnung Burgdorf in „Die Mühle" vom
18.04.1941.
Zuvor war es nur sehr vereinzelt anzutreffen, dass die
Müller sich in Verbänden, wie etwa Gilden und Zünf-
ten, zusammentaten. Während es zum Beispiel seit
1834 in Braunschweig eine Müllergilde gab, hatte das
Königreich Hannover trotz seiner beachtlichen Größe
keine vergleichbare Organisation. Erst nach der Anne-
xion durch Preußen 1866 bis 1868 gründeten sich hier
Müllerinnungen.
Da das Gebiet der heutigen Region Hannover über
lange Zeit aus den Kreisen Burgdorf, Neustadt a.
Rbge. und Springe sowie aus der Stadt Hannover,
über einige Zeit auch aus der Stadt und dem Landkreis
Linden bestand, gab es hier auch mehrere solcher
Handwerksverbände. In der Zeit des großen Mühlen-
sterbens war es aber auffällig, dass in den sehr wind-
mühlenreichen Kreisen Neustadt und Burgdorf jeweils
Windmüller die Obermeister der Innungen waren.
Die wesentlichen Teile der Kreise Neustadt a. Rbge.,
Springe und Burgdorf wurden 1974 zum Landkreis
Hannoververeinigt. Damals existierte bereits keine der
Innungen mehr.
Die Burgdorfer Innung wurde von 1937 bis zu ihrer
Auflösung 1970 durch den Müllermeister Georg Bött-
cher aus Aligse als Obermeister geführt. Sein Groß-
vater Fritz Böttcher hatte 1878 durch den Lehrter
Mühlenbaubetrieb Behre in Aligse einen der letzten
Bockwindmühlen-Neubauten der Region erstellen
lassen. 1928 ließ Georg Böttcher die Bockwindmüh-
le durch die renomierte Mühlenbaufirma Karl Kühl
in eine moderne Paltrockwindmühle umbauen und
1938 eine kleine Industriemühle daneben errichten.
Nahezu eine Legende wurde in Fachkreisen die gro-
ße Müllerinnung des Kreises Neustadt a. Rbge. mit
ihrem langjährigen Obermeister Hermann Kirchhoff
aus Mandelsloh. Ihre Geschichte steht exemplarisch
für die turbulenten Zeiten seit Ende des Ersten Welt-
krieges bis in die für die Handwerksmüller so bittere
Zeit des „Großen Mühlensterbens" Mitte der 1950er
Jahre. Der gebürtige Vesbecker Kirchhoff war seit
etwa 1910 Eigentümer der aus einer Konkursmasse
ersteigerten, erst 1906 durch die bekannte Witten-
berger Mühlenbaufirma Wetzig erbauten Holländer-
mühle in Mandelsloh und ließ diese Mühle 1936/37
erneut durch die Erbauerfirma und die Firma Karl Kühl
zur modernsten Windmühle weit und breit umbau-
en. Kirchhoff war Windmüller mit Leib und Seele, und
dass zeigte sich auch in seinem Wirken als Obermeis-
ter. In seiner langen Amtsperiode war es auffällig, dass
alle noch tätigen Windmüller, auch mit zum Teil sehr
altertümlich eingerichteten Bockwindmühlen in den
1930er Jahren ein gutes oder akzeptables Vermah-
lungskontingent erhielten und auch nach dem Zwei-
ten Weltkrieg ihre Betriebe teilweise noch etliche Jah-
re halten konnten. 1954 war ein Schicksalsjahr auf der