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Mühlen in Niedersachsen
Region und Stadt Hannover
mühlen sowie den Umbau älterer Wasser- und Bock-
windmühlen ausgelegt. Die Gesellenzeit Burgdorffs
bei Luther & Peters und auch die spätere Verbun-
denheit zu dieser bekannten Wolfenbütteier Firma
beeinflussten den von Hoheneggelsen ausgehenden
Mühlenbau entscheidend. Burgdorff gehörte da-
mit auch zu den ersten Mühlenbauern, die in Nord-
deutschland Walzenstühle ausprobiertn. Es erscheint
zwar zunächst bemerkenswert, danach aber auch
logisch, dass die ersten Walzenstühle hierzulande in
Kleinmühlen, hauptsächlich Windmühlen ausprobiert
worden sind, und nicht, wie man vielleicht vermuten
könnte, in größeren Industriemühlen. Natürlich war
es günstiger, in einer Windmühle einen Mahlgang
durch einen Walzenstuhl zu ersetzen, als in einer In-
dustriemühle eine ganze Produktionsstrecke mit die-
ser noch in den Kinderschuhen steckenden Techno-
logie zu versehen. Bereits 1875 lief ein Walzenstuhl
in der von Burgdorff eingerichteten Holländermühle
Gramm in Groß-Lafferde. Zu diesem Ort nahe Hohen-
Inzwischen abgebrochenes Wohngebäude der Mühlenbau-
erfamilie Burgdorff an der Hauptstraße in Hoheneggelsen.
Foto von 1995.
M Deiitjrfjc
(Sijffem Söurgborff), anerfannt bte Dorteil^aftefte
©rfajfraft bei mittleren unb Heinen ®ambf= unb
Sßaffermüfjlen, liefert nunmehr nach 25jä!jrigen
praftifdjen Srfabrungen in voHfommenfter Sauart
unter meitgetjenbfter Garantie ber ßeijtunflsfttljtgtett,
©tumtfidjer^eit uni> SHilttnxrfeit bte sIJ?üijlenbau-
SInftalt bon Th. Burgdorff,
Hoheneggelsen, Hannover.
Siete Slnertennungen im Original auf
SSunfct) frei unb offne Poften,
Werbeanzeige der Mühlenbaufirma Burgdorff in Hoheneg-
gelsen für ein Windrad an der Stelle der herkömmlichen vier
Flügel aus dem „Deutschen Müller" von 1903.
eggelsen hatte Burgdorff eine besondere Beziehung:
Der Ursprung der Familie lag hier in einem Hof in der
so genannten „Dunklen Straße". Theodor Burgdorff
heiratete die Tochter eines bekannten Groß-Lafferder
Lehrers, Amalie Caroline Hoffmann, und ein Wind-
müller Gramm aus der oben genannten Windmühle
war Taufpate eines Sohnes Burgdorffs.
Wie weit der Mühlenbau allgemein in dieser Region
gediehen war, zeigt die bereits im Kapitel „Die tech-
nische Entwicklung unserer Bockwindmühlen" zitierte
Anzeige im „Deutschen Müller" vom März 1895 zum
30-jährigen Firmenjubiläum Burgdorffs, die hier aus-
zugsweise wiedergegeben ist:
„Zur Zeit ist die 50. Windmühle (nach Westfalen ge-
kommen) im Bau, die 2 Grieß-, 1 Schrot- und 1 Loh-
gang mit 1,5 m großen Steinen, 2 Walzenstühle, 2
Sichtmaschinen mit den nöthigen Hilfs- und Reini-
gungsmaschinen, Fahrstuhl, Elevatoren, als Betriebs-
motor Jalousieflügel von 25 m Durchmesser und 2,4
m Breite und eine 30 pferdige stationäre Dampfma-
schine als Aushilfe umfasst."
Theodor Burgdorff gehörte auch zu den erfindungs-
reichsten Mühlenbaumeistern seiner Zeit. Um 1880
erfand er die Konstruktion eines Windturbinenrades
anstelle der herkömmlichen vier Flügel, ähnlich den
wesentlich kleineren Windrädern amerikanischer
Wasserpumpstationen. 1885 ließ Burgdorff gleich-
zeitig die Holländermühlen Busse in Feldbergen (Ldkr.
Hildesheim) und Ziem in Schafstädt bei Merseburg
(Sachsen-Anhalt) erbauen und mit einem solchen,
unter dem Namen „Deutsches Windrad" patentier-
ten Windantrieb versehen. Weitere Windmühlen ließ
Burgdorff in der Folgezeit damit ausstatten, so etwa
in Salzgitter-Lichtenberg, Baarsen (Ldkr. Hameln-Pyr-
mont), Gadenstedt (Ldkr. Peine), Wallensen (Ldkr. Hil-
desheim), 4 Mühlen in Sachsen-Anhalt, Kirchboitzen
(Ldkr. Heidekreis) und Bakede (Ldkr. Hameln-Pyrmont).
In den letzteren beiden Fällen sind die Windmühlen
als Hilfsantrieb auf bzw. neben vorhandenen Wasser-
mühlen errichtet worden, es handelte sich also um
kombinierte Wind-Wassermühlen. Auch die Wallen-
ser Windradmühle ist als Aushilfsmühle für die Was-
sermühle „Riedemühle" errichtet worden, war jedoch
eine eigenständig arbeitende Windmühle. Als letzte
Mühle dieser besonderen Bauart Burgdorffs sind noch
der Unterbau der erst 1901 erbauten Gadenstedter
Mühle Feuge (1926 zur Motormühle umgebaut) mit
kompletter Technik aus der Windmühlenzeit sowie
die in späterer Zeit wieder auf 4-Flügel-Antrieb rück-
gebaute Mühle Ziem in Schafstädt (Sachsen-Anhalt)
erhalten geblieben. Teile der Antriebstechnik der
Windradmühle finden sich zudem noch in der nahe-
zu vollständig eingerichteten ehemals kombinierten
Wind-Wassermühle Borcherding in Bakede (Ldkr. Ha-
meln-Pyrmont). Die Konstruktion war ein Versuch, mit
dem man erreichen wollte, dass Windmühlen bereits
bei leichtem Wind anlaufen. Höhere Windstärken
Mühlen in Niedersachsen
Region und Stadt Hannover
mühlen sowie den Umbau älterer Wasser- und Bock-
windmühlen ausgelegt. Die Gesellenzeit Burgdorffs
bei Luther & Peters und auch die spätere Verbun-
denheit zu dieser bekannten Wolfenbütteier Firma
beeinflussten den von Hoheneggelsen ausgehenden
Mühlenbau entscheidend. Burgdorff gehörte da-
mit auch zu den ersten Mühlenbauern, die in Nord-
deutschland Walzenstühle ausprobiertn. Es erscheint
zwar zunächst bemerkenswert, danach aber auch
logisch, dass die ersten Walzenstühle hierzulande in
Kleinmühlen, hauptsächlich Windmühlen ausprobiert
worden sind, und nicht, wie man vielleicht vermuten
könnte, in größeren Industriemühlen. Natürlich war
es günstiger, in einer Windmühle einen Mahlgang
durch einen Walzenstuhl zu ersetzen, als in einer In-
dustriemühle eine ganze Produktionsstrecke mit die-
ser noch in den Kinderschuhen steckenden Techno-
logie zu versehen. Bereits 1875 lief ein Walzenstuhl
in der von Burgdorff eingerichteten Holländermühle
Gramm in Groß-Lafferde. Zu diesem Ort nahe Hohen-
Inzwischen abgebrochenes Wohngebäude der Mühlenbau-
erfamilie Burgdorff an der Hauptstraße in Hoheneggelsen.
Foto von 1995.
M Deiitjrfjc
(Sijffem Söurgborff), anerfannt bte Dorteil^aftefte
©rfajfraft bei mittleren unb Heinen ®ambf= unb
Sßaffermüfjlen, liefert nunmehr nach 25jä!jrigen
praftifdjen Srfabrungen in voHfommenfter Sauart
unter meitgetjenbfter Garantie ber ßeijtunflsfttljtgtett,
©tumtfidjer^eit uni> SHilttnxrfeit bte sIJ?üijlenbau-
SInftalt bon Th. Burgdorff,
Hoheneggelsen, Hannover.
Siete Slnertennungen im Original auf
SSunfct) frei unb offne Poften,
Werbeanzeige der Mühlenbaufirma Burgdorff in Hoheneg-
gelsen für ein Windrad an der Stelle der herkömmlichen vier
Flügel aus dem „Deutschen Müller" von 1903.
eggelsen hatte Burgdorff eine besondere Beziehung:
Der Ursprung der Familie lag hier in einem Hof in der
so genannten „Dunklen Straße". Theodor Burgdorff
heiratete die Tochter eines bekannten Groß-Lafferder
Lehrers, Amalie Caroline Hoffmann, und ein Wind-
müller Gramm aus der oben genannten Windmühle
war Taufpate eines Sohnes Burgdorffs.
Wie weit der Mühlenbau allgemein in dieser Region
gediehen war, zeigt die bereits im Kapitel „Die tech-
nische Entwicklung unserer Bockwindmühlen" zitierte
Anzeige im „Deutschen Müller" vom März 1895 zum
30-jährigen Firmenjubiläum Burgdorffs, die hier aus-
zugsweise wiedergegeben ist:
„Zur Zeit ist die 50. Windmühle (nach Westfalen ge-
kommen) im Bau, die 2 Grieß-, 1 Schrot- und 1 Loh-
gang mit 1,5 m großen Steinen, 2 Walzenstühle, 2
Sichtmaschinen mit den nöthigen Hilfs- und Reini-
gungsmaschinen, Fahrstuhl, Elevatoren, als Betriebs-
motor Jalousieflügel von 25 m Durchmesser und 2,4
m Breite und eine 30 pferdige stationäre Dampfma-
schine als Aushilfe umfasst."
Theodor Burgdorff gehörte auch zu den erfindungs-
reichsten Mühlenbaumeistern seiner Zeit. Um 1880
erfand er die Konstruktion eines Windturbinenrades
anstelle der herkömmlichen vier Flügel, ähnlich den
wesentlich kleineren Windrädern amerikanischer
Wasserpumpstationen. 1885 ließ Burgdorff gleich-
zeitig die Holländermühlen Busse in Feldbergen (Ldkr.
Hildesheim) und Ziem in Schafstädt bei Merseburg
(Sachsen-Anhalt) erbauen und mit einem solchen,
unter dem Namen „Deutsches Windrad" patentier-
ten Windantrieb versehen. Weitere Windmühlen ließ
Burgdorff in der Folgezeit damit ausstatten, so etwa
in Salzgitter-Lichtenberg, Baarsen (Ldkr. Hameln-Pyr-
mont), Gadenstedt (Ldkr. Peine), Wallensen (Ldkr. Hil-
desheim), 4 Mühlen in Sachsen-Anhalt, Kirchboitzen
(Ldkr. Heidekreis) und Bakede (Ldkr. Hameln-Pyrmont).
In den letzteren beiden Fällen sind die Windmühlen
als Hilfsantrieb auf bzw. neben vorhandenen Wasser-
mühlen errichtet worden, es handelte sich also um
kombinierte Wind-Wassermühlen. Auch die Wallen-
ser Windradmühle ist als Aushilfsmühle für die Was-
sermühle „Riedemühle" errichtet worden, war jedoch
eine eigenständig arbeitende Windmühle. Als letzte
Mühle dieser besonderen Bauart Burgdorffs sind noch
der Unterbau der erst 1901 erbauten Gadenstedter
Mühle Feuge (1926 zur Motormühle umgebaut) mit
kompletter Technik aus der Windmühlenzeit sowie
die in späterer Zeit wieder auf 4-Flügel-Antrieb rück-
gebaute Mühle Ziem in Schafstädt (Sachsen-Anhalt)
erhalten geblieben. Teile der Antriebstechnik der
Windradmühle finden sich zudem noch in der nahe-
zu vollständig eingerichteten ehemals kombinierten
Wind-Wassermühle Borcherding in Bakede (Ldkr. Ha-
meln-Pyrmont). Die Konstruktion war ein Versuch, mit
dem man erreichen wollte, dass Windmühlen bereits
bei leichtem Wind anlaufen. Höhere Windstärken