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Hagen, Rüdiger; Neß, Wolfgang; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Mühlen in Niedersachsen: Region und Stadt Hannover — Petersberg: Michael Imhof Verlag, Heft 44.2015

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51272#0372
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368

Mühlen in Niedersachsen
Region und Stadt Hannover

Sonderbauten Wasserkraftanlagen
Neben den zuvor beschriebenen Mühlen, die der Ver-
arbeitung von unterschiedlichen Materialien dienten,
gab es im Stadtgebiet den Wassermühlen nahe ste-
hende Anlagen, die mittels Antrieb von Wasserkraft
Pumpen für die Wasserversorgung betrieben oder
über Turbinen und Generatoren Elektrizität erzeugten.
Die Wasserversorgung der Bürger erfolgte im Mit-
telalter zunächst nur durch Hausbrunnen. Seit 1352
wurde Leinewasser mittels Transport in Fässern zu
den Verbrauchern gebracht. Das Wasser wurde durch
ein Schöpfrad im Fluss gehoben und in die Fässer ge-
füllt, die dann auf Wagen verladen in die Stadt trans-
portiert wurden. Das System wurde 1468 nochmals
durch ein effektiveres Schöpfrad, der „Wassertucht",
verbessert, die das Wasser am Leintor in einen Hoch-
behälter goss und von dort über eine Rohrleitung zum
Marktplatz führte, von wo es mittels Nebenleitungen
in der Stadt weiter verteilt wurde. Ein Brunnenmeis-

ter war für die gesamten Anlagen verantwortlich; die
Bürger zahlten für die Versorgung einen „Bornzins".
Mit dem Bau einer so genannten Wasserkunst bei der
Klickmühle begann ab 1535 die Zeit der Pumpenan-
lagen: Mit Hilfe des fließenden Wassers wurden über
Wasserräder Pumpen angetrieben, die das Wasser in
einen Hochbehälter förderten. Diese Wasserkünste
waren von ihrer Funktion her bereits die Vorläufer der
heutigen Wassertürme.
Zur Versorgung der Wasserspiele in Herrenhausen
wurden ebenfalls Wasserkünste errichtet, die nach
den gleichen Prinzipien arbeiteten.
Auch zum Antrieb von Maschinen in Fabriken wurde
die Wasserkraft Ende des 19. Jahrhunderts eingesetzt,
bevor im 20. Jahrhundert über Wasserturbinen Gene-
ratoren zur Stromerzeugung dienten.
Im Folgenden werden die im Stadtgebiet betriebenen
Wasserkraftanlagen dieser Art beschrieben.

Hannover-Calenberger Neustadt
(Leibnizufer)
Wasserkunst Brückmühle
Aufgrund der Steigerung des Wasserbedarfs in der
Alt- und Neustadt ab der Mitte des 19. Jahrhunderts
war die Wasserkunst an der Klickmühle nicht mehr
allein in der Lage die Versorgung sicher zu stellen.
1862/64 wurde deshalb bei der Brückmühle eine
zweite Wasserkunst erbaut, die vom Baurat Hagen
projektiert wurde, der zeitgleich die Wasserkunst in
Herrenhausen plante (siehe dort). Die Anlage hatte
etwa die gleiche Leistung wie die Klickmühlen-Was-
serkunst, wurde durch Wasserräder angetrieben und
betrieb eine Pumpenanlage, die auch von Egestorff
stammte. Vermutlich wurde die Anlage beim Neubau
der Industriemühle von Runge 1888 (seit 1894 Maltz-
feld) abgebrochen oder in diese integriert. Seit 1898
hat dann die gegenüber liegende neue Flusswasser-
kunst die Brauchwasserversorgung der Stadt allein
übernommen (siehe Flusswasserkunst).

Hannover-Calenberger Neustadt
(Andertensche Wiese)
Wasserkunst vor dem Clevertor
1706 baute der Ingenieur-Kapitän Maillet de Fourton
auf eigene Kosten vor dem Clevertor eine Wasser-
kunst, um die Adelsgärten in der Steintormasch und
insbesondere die Herrenhäuser Gärten mit Wasser zu
beliefern. Er schloss einen Pachtvertrag über 25 Jah-
re mit der Hofkammer, in dem er sich verpflichtete,
neben den kurfürstlichen Gärten auch den Parnaß-
brunnen in der Calenberger Neustadt mit Wasser zu
versorgen. Die Anlage arbeitete jedoch nie zur Zufrie-
denheit der Abnehmer, so dass sie nach Ablauf der
Pachtzeit im Eigentum der Landesherrschaft verfiel,
1732 einstürzte und im Folgejahr endgültig abgebro-
chen wurde.
Der genaue Standort der Wasserkunst ist unklar. Ob er
mit der Lage der ehemaligen Stapelmühle (siehe dort),
die bereits um 1440 einging, übereinstimmt, ist nicht
bekannt.
 
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