Der Herzog ließ sich - wie er das allerdings auch sonst hielt
- über alle Einzelheiten unterrichten und verfügte für die
Schulbuchhandlung nicht nur eine weitgehende „Postfrey-
heit“20, sondern bewilligte dem „Rath Campe“ auf „solange,
bis er zum wirklichen Genuß einer Canonicats-Präbende
. . . gelangen wird, eine jährliche Pension von 400Thalern“,
und zwar rückwirkend von Ostern 178621.
„Serenissimi Verordnung, die Einrichtung eines Schul-Direc-
torii über sämtliche Schulen in hiesigen Landen betreffend“22
vom 12. Juni 1786, folgte am 24. Juni desselben Jahres die
offizielle Eröffnung der Schulbuchhandlung.
Es ist ein bemerkenswertes Zusammentreffen, daß Campes
Verlegertätigkeit fast genau zur gleichen Zeit einsetzt, wie die
3 Friedrich Viewegs. Nach entsprechender Ausbildung war
der Fünfundzwanzigjährige, als ihm das Erbteil von seinem
Vater zufiel, am 1. April 1786 in der Lage, im „Sassischen
Hause“ in der Brüderstraße zu Berlin, eine eigene Buchhand-
lung mit Verlagsgeschäft zu gründen23.
Der Widerstand gegen das Schuldirektorium, der von den
geistlichen Behörden und vor allem von den Landständen
ausging24, führte dazu, daß Campe und seine Mitstreiter
Johann Stuve und Ernst Christian Trapp „ihre Aktivitäten
schon ab Mitte 1787 immer stärker auf die Ebene genereller
pädagogisch-aufklärerischer Publizistik verlegt“ haben25.
Beim Herzog stand Campe jedoch nach wie vor in hoher
Gunst. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß er am 31. Au-
gust 1787 die Erlaubnis erhielt, eine Druckerei anzulegen26.
Mit Hilfe des in Goslar tätigen Buchdruckers Ernst Wilhelm
Gottlieb Kircher, auf den ihn sein Freund Bindseil in Wolfen-
büttel aufmerksam gemacht hatte, eröffnete Campe im No-
vember 1787 „in der ehemaligen Burgkaserne“ - gemeint ist
wohl der damals sogenannte Mosthof, der über der einstigen
Burg Dankwarderode entstanden war - eine Buchdrucke-
rei27.
Aber damit sah er keineswegs alle seine Pläne und Absichten
verwirklicht. Als die Buchhandlung des Waisenhauses zu
Braunschweig, zu deren Autoren immerhin Lessing gehört
hatte, der Waisenhauskasse 11991 Thaler schuldete,
drängte der damalige Justizrat Leopold Friedrich von Fre-
dersdorff als Mitglied des Direktoriums auf deren Verkauf.
Herzog Karl Wilhelm Ferdinand sprach sich jedoch zunächst
gegen eine Veräußerung aus, weil das einem „Verzicht auf
bedeutsame geistige Perspektiven“ gleichkomme28. Einem
Erwerb durch seinen Schützling Campe stimmte er aber
dann doch zu, so daß dieser zum Preise von 14 572 Talern in
den Besitz der angesehenen Verlagsbuchhandlung kam und
am 3. Oktober 1787 folgende Nachricht in die Braunschwei-
gischen Anzeigen einrücken lassen konnte: „ Es wird dem
Publiko hiemit bekannt gemacht, daß der Eigenthümer der
bisherigen Wolfenbüttelschen Schulbuchhandlung nunmehr
auch die ehemalige Fürstl. Waisenhausbuchhandlung . . .
käuflich an sich gebracht hat. . ,”29. Im gleichen Text wird
dann auch erstmals der neue Name des Instituts „Braun-
schweigische Schulbuchhandlung“ genannt.
Tatsächlich schien es mit dem Verleger Campe - im gegen-
satz zum Schulreformer - unaufhaltsam aufwärts zu gehen.
Der ihm nicht sonderlich wohlgesonnene Johann Joachim
Eschenburg, Professor der schönen Literatur und Philoso-
phie sowie Leiter der Bibliothek am Collegium Carolinum,
konnte deshalb an seinen Verleger Friedrich Nicolai in Berlin,
der sich noch immer mit der Absicht trug, Campes Buch-
handlung bei dessen eventuellem Weggang aus Braun-
schweig zu übernehmen, über ihn berichten: „Herr C sitzt
hier zu sanft. . . Sein ihm geschenktes Haus ist sehr gut aus-
gebaut worden; er bewohnt es schon seit Ostern, läßt zur
Druckerei ein neues Nebengebäude ausführen, und verlegt
auch nächstens den Buchladen in dies Haus.“30
Eschenburg zeigt sich hier aufs beste informiert: Bei dem
„geschenkten Haus“ handelt es sich um kein geringeres als
das ehemalige Lottohaus am Aegidienmarkt 11, das 1752
von dem Hofbaumeister Georg Christoph Sturm, zusammen
mit dem Nachbargebäude, Nr. 12, an Stelle des abgebro-
chenen Rathauses der Altenwiek errichtet worden war und
von 1771 bis zur Aufhebung der Zahlenlotterie im Jahre 1787
als deren Domizil gedient hatte31. Eschenburgs Angaben
werden von Ribbentrop bestätigt und ergänzt: „Linkerseits
auf dem Egidienmarkt ist das Haus des Herrn Campe, der
darin die mit der Waisenhausbuchhandlung verbundene
Schulbuchhandlung, und eine Buchdruckerey angelegt hat“,
schreibt Ribbentrop, um dann noch zu erwähnen, daß der
Schulrat das Haus erst 1787 erhalten und es nach Plänen
des Kammer- und Klosterrats Wilhelm von Gebhardi verän-
dern lassen habe32. Es scheint demnach allgemein bekannt
gewesen zu sein, daß der Herzog dem ehemals dessaui-
schen Educations- und nunmehrigen braunschweigischen
Schulrat - er ist der erste, der diesen Titel überhaupt führen
durfte - das stattliche Haus am Aegidienmarkt zum Ge-
schenk gemacht hat. Darüber hinaus bewilligte er ihm am
9. Juli 1787 noch Bauholz im Wert von 205 Talern und 15
Gutegroschen33.
Campe selbst hat in den Braunschweigischen Anzeigen vom
8. März 1788 erstmals bekannt gegeben, daß er am 7. April
in „dem am Aegidien-Markte belegenen Campischen
Hause“ die Leihbibliothek der Schulbuchhandlung zu ver-
steigern gedenke. Die Buchhandlung befand sich noch „auf
dem Bohlwege im Kavalierhause“34. Während „die neu er-
richtete Buchdruckerei“ dann bereits am 26. April „mit neuen
Schriften jeder Art“ am Aegidienmarkt ihre Dienste anbot35,
wurde erst am 1. Oktober 1788 unter „Veränderte Wohnun-
gen“ einem „geehrten Publikum“ bekannt gemacht, „daß die
ehemalige Fürstl. Waisenhaus-, jetzige Schulbuchhandlung,
von dem Bohlwege im Kavaliershause, nach dem Aegidien-
markte in das Campische Haus verlegt worden ist“36.
Daß Campes Situation in Wahrheit nicht so gut gewesen sein
kann, wie es auf den ersten Blick scheinen mochte, geht aus
einem Antwortschreiben an seinen Bruder vom 29. August
1788 hervor: „Es thut mir sehr weh, daß ich selbst für Deine
Kinder jetzt so ganz und gar nichts thun kann. Gott ist mein
Zeuge, daß ich bei den für meine Vermögensumstände un-
geheuren Unternehmungen, worin ich wider meinen
Wunsch nun einmal verwickelt bin, in den nächsten 5-6 Jah-
ren alle meine Kräfte aufbieten, und jeden Thaler zu Rathe
halten muß, so sehr ich kann, wenn ich ein ehrlicher Mann
bleiben und meine Unternehmung ausführen will. Läßt Gott
mich diese schweren Jahre erleben und glücklich zurück-
arbeiten: dann werde ich wahrscheinlicher weise im Stande
seyn, auch für andere sorgen zu können.“37
Man wird an der Aufrichtigkeit dieser Worte nicht zweifeln
dürfen, ja, wird sogar Gründe genug finden, ihre Richtigkeit
zu erhärten. Die Tatsache, daß Campe innerhalb von zwei
Jahren einen Buchverlag gründete, eine Sortimentsbuch-
handlung eröffnete, eine Druckerei ins Leben rief, die Rechte
an seinen sämtlichen Schriften zurückerwarb und eine leb-
hafte Verlagstätigkeit entfaltete, setzt an sich schon einen
nicht unerheblichen Kapitaleinsatz voraus. Dabei ist noch
nicht berücksichtigt, daß er für den Erwerb der Waisenhaus-
buchhandlung, für die Einrichtung des neuen Hauses sowie
der Geschäfts- und Druckerei-Räume weitere Mittel benö-
tigte.
Es wäre sogar vorstellbar, daß noch am 19. Januar 1792
seine wirtschaftliche Lage dem Verleger Campe in der Aus-
einandersetzung mit den Behörden über die Zensur den Ent-
schluß erleichterte, Herzog Karl Wilhelm Ferdinand anzubie-
ten, „seine Buchhandlung zu verkaufen und selber nach
8
- über alle Einzelheiten unterrichten und verfügte für die
Schulbuchhandlung nicht nur eine weitgehende „Postfrey-
heit“20, sondern bewilligte dem „Rath Campe“ auf „solange,
bis er zum wirklichen Genuß einer Canonicats-Präbende
. . . gelangen wird, eine jährliche Pension von 400Thalern“,
und zwar rückwirkend von Ostern 178621.
„Serenissimi Verordnung, die Einrichtung eines Schul-Direc-
torii über sämtliche Schulen in hiesigen Landen betreffend“22
vom 12. Juni 1786, folgte am 24. Juni desselben Jahres die
offizielle Eröffnung der Schulbuchhandlung.
Es ist ein bemerkenswertes Zusammentreffen, daß Campes
Verlegertätigkeit fast genau zur gleichen Zeit einsetzt, wie die
3 Friedrich Viewegs. Nach entsprechender Ausbildung war
der Fünfundzwanzigjährige, als ihm das Erbteil von seinem
Vater zufiel, am 1. April 1786 in der Lage, im „Sassischen
Hause“ in der Brüderstraße zu Berlin, eine eigene Buchhand-
lung mit Verlagsgeschäft zu gründen23.
Der Widerstand gegen das Schuldirektorium, der von den
geistlichen Behörden und vor allem von den Landständen
ausging24, führte dazu, daß Campe und seine Mitstreiter
Johann Stuve und Ernst Christian Trapp „ihre Aktivitäten
schon ab Mitte 1787 immer stärker auf die Ebene genereller
pädagogisch-aufklärerischer Publizistik verlegt“ haben25.
Beim Herzog stand Campe jedoch nach wie vor in hoher
Gunst. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß er am 31. Au-
gust 1787 die Erlaubnis erhielt, eine Druckerei anzulegen26.
Mit Hilfe des in Goslar tätigen Buchdruckers Ernst Wilhelm
Gottlieb Kircher, auf den ihn sein Freund Bindseil in Wolfen-
büttel aufmerksam gemacht hatte, eröffnete Campe im No-
vember 1787 „in der ehemaligen Burgkaserne“ - gemeint ist
wohl der damals sogenannte Mosthof, der über der einstigen
Burg Dankwarderode entstanden war - eine Buchdrucke-
rei27.
Aber damit sah er keineswegs alle seine Pläne und Absichten
verwirklicht. Als die Buchhandlung des Waisenhauses zu
Braunschweig, zu deren Autoren immerhin Lessing gehört
hatte, der Waisenhauskasse 11991 Thaler schuldete,
drängte der damalige Justizrat Leopold Friedrich von Fre-
dersdorff als Mitglied des Direktoriums auf deren Verkauf.
Herzog Karl Wilhelm Ferdinand sprach sich jedoch zunächst
gegen eine Veräußerung aus, weil das einem „Verzicht auf
bedeutsame geistige Perspektiven“ gleichkomme28. Einem
Erwerb durch seinen Schützling Campe stimmte er aber
dann doch zu, so daß dieser zum Preise von 14 572 Talern in
den Besitz der angesehenen Verlagsbuchhandlung kam und
am 3. Oktober 1787 folgende Nachricht in die Braunschwei-
gischen Anzeigen einrücken lassen konnte: „ Es wird dem
Publiko hiemit bekannt gemacht, daß der Eigenthümer der
bisherigen Wolfenbüttelschen Schulbuchhandlung nunmehr
auch die ehemalige Fürstl. Waisenhausbuchhandlung . . .
käuflich an sich gebracht hat. . ,”29. Im gleichen Text wird
dann auch erstmals der neue Name des Instituts „Braun-
schweigische Schulbuchhandlung“ genannt.
Tatsächlich schien es mit dem Verleger Campe - im gegen-
satz zum Schulreformer - unaufhaltsam aufwärts zu gehen.
Der ihm nicht sonderlich wohlgesonnene Johann Joachim
Eschenburg, Professor der schönen Literatur und Philoso-
phie sowie Leiter der Bibliothek am Collegium Carolinum,
konnte deshalb an seinen Verleger Friedrich Nicolai in Berlin,
der sich noch immer mit der Absicht trug, Campes Buch-
handlung bei dessen eventuellem Weggang aus Braun-
schweig zu übernehmen, über ihn berichten: „Herr C sitzt
hier zu sanft. . . Sein ihm geschenktes Haus ist sehr gut aus-
gebaut worden; er bewohnt es schon seit Ostern, läßt zur
Druckerei ein neues Nebengebäude ausführen, und verlegt
auch nächstens den Buchladen in dies Haus.“30
Eschenburg zeigt sich hier aufs beste informiert: Bei dem
„geschenkten Haus“ handelt es sich um kein geringeres als
das ehemalige Lottohaus am Aegidienmarkt 11, das 1752
von dem Hofbaumeister Georg Christoph Sturm, zusammen
mit dem Nachbargebäude, Nr. 12, an Stelle des abgebro-
chenen Rathauses der Altenwiek errichtet worden war und
von 1771 bis zur Aufhebung der Zahlenlotterie im Jahre 1787
als deren Domizil gedient hatte31. Eschenburgs Angaben
werden von Ribbentrop bestätigt und ergänzt: „Linkerseits
auf dem Egidienmarkt ist das Haus des Herrn Campe, der
darin die mit der Waisenhausbuchhandlung verbundene
Schulbuchhandlung, und eine Buchdruckerey angelegt hat“,
schreibt Ribbentrop, um dann noch zu erwähnen, daß der
Schulrat das Haus erst 1787 erhalten und es nach Plänen
des Kammer- und Klosterrats Wilhelm von Gebhardi verän-
dern lassen habe32. Es scheint demnach allgemein bekannt
gewesen zu sein, daß der Herzog dem ehemals dessaui-
schen Educations- und nunmehrigen braunschweigischen
Schulrat - er ist der erste, der diesen Titel überhaupt führen
durfte - das stattliche Haus am Aegidienmarkt zum Ge-
schenk gemacht hat. Darüber hinaus bewilligte er ihm am
9. Juli 1787 noch Bauholz im Wert von 205 Talern und 15
Gutegroschen33.
Campe selbst hat in den Braunschweigischen Anzeigen vom
8. März 1788 erstmals bekannt gegeben, daß er am 7. April
in „dem am Aegidien-Markte belegenen Campischen
Hause“ die Leihbibliothek der Schulbuchhandlung zu ver-
steigern gedenke. Die Buchhandlung befand sich noch „auf
dem Bohlwege im Kavalierhause“34. Während „die neu er-
richtete Buchdruckerei“ dann bereits am 26. April „mit neuen
Schriften jeder Art“ am Aegidienmarkt ihre Dienste anbot35,
wurde erst am 1. Oktober 1788 unter „Veränderte Wohnun-
gen“ einem „geehrten Publikum“ bekannt gemacht, „daß die
ehemalige Fürstl. Waisenhaus-, jetzige Schulbuchhandlung,
von dem Bohlwege im Kavaliershause, nach dem Aegidien-
markte in das Campische Haus verlegt worden ist“36.
Daß Campes Situation in Wahrheit nicht so gut gewesen sein
kann, wie es auf den ersten Blick scheinen mochte, geht aus
einem Antwortschreiben an seinen Bruder vom 29. August
1788 hervor: „Es thut mir sehr weh, daß ich selbst für Deine
Kinder jetzt so ganz und gar nichts thun kann. Gott ist mein
Zeuge, daß ich bei den für meine Vermögensumstände un-
geheuren Unternehmungen, worin ich wider meinen
Wunsch nun einmal verwickelt bin, in den nächsten 5-6 Jah-
ren alle meine Kräfte aufbieten, und jeden Thaler zu Rathe
halten muß, so sehr ich kann, wenn ich ein ehrlicher Mann
bleiben und meine Unternehmung ausführen will. Läßt Gott
mich diese schweren Jahre erleben und glücklich zurück-
arbeiten: dann werde ich wahrscheinlicher weise im Stande
seyn, auch für andere sorgen zu können.“37
Man wird an der Aufrichtigkeit dieser Worte nicht zweifeln
dürfen, ja, wird sogar Gründe genug finden, ihre Richtigkeit
zu erhärten. Die Tatsache, daß Campe innerhalb von zwei
Jahren einen Buchverlag gründete, eine Sortimentsbuch-
handlung eröffnete, eine Druckerei ins Leben rief, die Rechte
an seinen sämtlichen Schriften zurückerwarb und eine leb-
hafte Verlagstätigkeit entfaltete, setzt an sich schon einen
nicht unerheblichen Kapitaleinsatz voraus. Dabei ist noch
nicht berücksichtigt, daß er für den Erwerb der Waisenhaus-
buchhandlung, für die Einrichtung des neuen Hauses sowie
der Geschäfts- und Druckerei-Räume weitere Mittel benö-
tigte.
Es wäre sogar vorstellbar, daß noch am 19. Januar 1792
seine wirtschaftliche Lage dem Verleger Campe in der Aus-
einandersetzung mit den Behörden über die Zensur den Ent-
schluß erleichterte, Herzog Karl Wilhelm Ferdinand anzubie-
ten, „seine Buchhandlung zu verkaufen und selber nach
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