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Möller, Hans-Herbert [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Das Vieweg-Haus in Braunschweig — Hannover: Niedersächs. Landesverwaltungsamt, Heft 5.1985

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Masuch, Horst: Zum Baubestand des Vieweg-Hauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.50503#0036
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Zum Baubestand desVieweg-Hauses
Horst Masuch

Aus der Entstehungsgeschichte des Viewegschen Hauses
am Burgplatz in Braunschweig ergeben sich einige Fragen.
Die wichtigsten sind wohl: Hatte Friedrich Vieweg sein Haus
von vornherein so geplant, wie es 1804 fertiggestellt wurde?
Was war das für ein Gebäude, das zu diesem Zeitpunkt fer-
tiggestellt wurde? Mußten mit Rücksicht auf die Finanzierung
Abstriche von der ursprünglichen Planungskonzeption ge-
macht, Änderungen vorgenommen werden und sind gar we-
sentliche Teile des Gebäudes bis zur Flucht des Gönners,
Herzog Karl Wilhelm Ferdinands, nicht ausgeführt worden?
Wieweit hat sich Architektur und Struktur des Hauses bis
heute erhalten?
I
Aus den Verhandlungen zwischen Friedrich Vieweg, dem Le-
gationsrat Henneberg und dem Herzog Karl Wilhelm Ferdi-
nand ist kein Bild über das Haus zu gewinnen. Offenbar
nahm der Herzog keinen Einfluß auf die Gestaltung und Glie-
derung des Gebäudes. Seine Wünsche waren allein mit der
Gestaltung und Errichtung der Hausfassaden zum Burgplatz
und der Straße Vor der Burg erfüllt, und dabei akzeptierte er
ohne Einwand oder zusätzliche Anregungen, wie dieses
„durch einen der ersten Berliner Architekten“ geschah. Diese
vordergründigen Absichten des Herzogs können allerdings
Einfluß auf die Planung gehabt haben. Es kann nicht ohne
weiteres davon ausgegangen werden, daß Vieweg oder sein
Architekt von vornherein eine Konzeption für das ganze spä-
ter zur Verfügung stehende Grundstück entwickeln konnte.
Das vom Legationsrat dem Buchhändler Vieweg angebo-
tene Grundstück auf dem Burgplatz schloß östlich an das
8 Pantomimenhaus an. Es scheint nach Süden etwas breiter
als dieses gedacht gewesen zu sein, so daß ein anschließen-
der Gebäudeflügel anstelle der kleinen Fachwerkhäuser an
der Straße Vor der Burg geplant werden konnte. Dieses
Grundstück vor dem Pantomimenhaus war nicht besonders
tief, wenn seine Flucht zum Burgplatz hin die Flucht des neu-
21 Der Burgplatz um 1930.


erbauten Predigerhauses auf der gegenüberliegenden Stra-
ßenecke nicht überschreiten sollte. Auch seine Breite zum
Burgplatz hin war nicht bedeutend, und das erklärt Viewegs
Wunsch nach dem nördlichen Nachbargrundstück, dem
Aderstedtschen Hof, um die Fassade seines neuen Gebäu-
des ansehnlicher gestalten zu können. Alle Beteiligten gin-
gen anfangs davon aus, daß die Fassade des von Vieweg ge-
planten Hauses zum Burgplatz orientiert war, der Gebäude-
flügel an der Straße Vor der Burg nur eine anständige Haus- 74
front aufweisen sollte. Im Sprachgebrauch des Herzogs und
seiner Beamten blieb diese Regelung auch weiterhin erhal-
ten. Am 25. März 1800 nennt Rothermundt die Fassade nach
dem Burgplatze, die lange Front (an der Straße Vor der Burg),
die Seite nach dem Papenstiege und den rechten (nörd-
lichen) Flügel im Hofe.
Um eine ausreichende Haustiefe zu gewinnen und den Neu-
bau nicht als Anbau an das Pantomimenhaus zu planen,
mußte die östliche Front des Pantomimemhauses zurückge-
nommen werden. Das steht im Einklang mit der Erwähnung,
daß für den Neubau auch Tannenholz und Ziegelsteine vom
Pantomimenhaus zur Verfügung stehen. Da von einem Ab-
bruch des Pantomimenhauses aber nicht geredet wird, ist
davon auszugehen, daß es durch Teilabbruch zum Burgplatz
hin verkürzt, der übrige Teil am Papenstieg aber als Drucke-
reigebäude noch genutzt werden sollte. Der Berghauptmann
von Veltheim hatte sich bei der Abtretung seines Aderstedt-
schen Hofes gegen eine Grenzbebauung ausgesprochen.
So ist anzunehmen, daß Viewegs Architekt in Berlin anhand
des Culemannschen Stadtplans zuerst nur eine Zweiflügel-
anlage unter Einbeziehung eines Restteiles vom Pantomi-
menhaus zu planen hatte.
In beiden Gebäudeflügeln war eine Durchfahrt eingeplant.
Beim Teilabbruch des Pantomimenhauses wird somit noch
eine Hoffläche im inneren Winkel der beiden Gebäudeflügel
ausgespart worden sein. DieTordurchfahrt im Gebäudeflügel
am Burgplatz wurde während der Umbauarbeiten zum Lan-
desmuseum entdeckt, nachdem die bislang als Haupttreppe 165"
angesehene Treppe herausgenommen wurde. Diese Trep- 167
penanlage war nachträglich in die ehemalige Durchfahrt ein-
gebaut worden. Entsprechend dem halbkreisförmigen Tor-
bogen in deFAußenwand zum Burgplatz gab es einen gleich-
artigen Torbogen in der Außenwand zum Innenhof. Vier in die
Durchfahrt eingestellte Säulen gaben der Durchfahrt Reprä-
sentanz und hoben sie gegenüber der Durchfahrt im Seiten-
flügel an der Straße Vor der Burg hervor. Das geplante Trep-
penhaus dieser Zweiflügelanlage wird man sich in dem Win-
kel an der Innenecke des Gebäudes vorstellen müssen.
Der Gebäudeflügel am Burgplatz war zuerst vollendet, kann
aber gleichzeitig mit dem Flügel an der Straße Vor der Burg
begonnen worden sein. Dort mußten schwierige Gründungs-
arbeiten ausgeführt werden, die die Fertigstellung verzöger-
ten. Ein Teil des Papenstiegflügels und der nördliche Hofflügel
wurde jedoch erst mit fast zweijähriger Verzögerung im Jahr
1801 begonnen, auch wenn die Planung dafür im Frühjahr
1800 schon bekannt war. Es wird davon auszugehen sein,

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