ZUR ATHENISCHEN MARINEVERWALTUNG 38 I
Dieser belief sich danach im Jahre 377/6 auf wenig mehr denn
hundert Schiffe. Jetzt gilt es festzustellen, ob die litterarische
Überlieferung damit im Einklang steht, oder ob der von Keil
erhobene Eiwand anerkannt werden muss.
Aus Xenophons Schilderung der Ereignisse [Hell. V. 4. 60)
geht deutlich hervor, dass die Spartaner und ihre Bundesge-
nossen von der Inferiorität der athenischen Flotte in der ersten
Zeit des II. Seebundes fest überzeugt waren: συλλεγέντοον δέ
των συμμάχων εις Λακεδαίμονα λόγοι έγίγνοντο .... έξεΐναι γάρ
σφίσιν ναΰς πληρώσαντες πολύ πλείονας των λΑθηναίων έλεΐν
λιμω την πόλιν. Das Ergebnis ihrer Beratungen war die Aussen-
dung einer Flotte von sechzig Segeln unter Pollis, dem spar-
tanischen Nauarchen des Jahres 377/6. Sein Versuch die athe-
nischen Getreideschiffe abzufangen misslingt, da Chabrias im
Treffen Sieger bleibt, — leider wissen wir nicht, mit wie viel
Schiffen. Nach diesem ersten Erfolge zur See ergreift der athe-
nische Feldherr die Offensive. Ohne Zweifel war es seine Ab-
sicht, den Gegner zur Schlacht zu zwingen oder ihn durch eine
Digression in das Aegaeische Meer zur Aufgabe der Blokade
zu nötigen. Wie richtig er gerechnet, zeigte der Erfolg! Pollis
wich dem Kampfe aus; doch sobald Chabrias begonnen hatte,
Naxos zu belagern, eilte die Flotte der Peloponnesier zum Ent-
satz herbei. In der Schlacht, die im Herbst 376 zwischen Paros
und Naxos geschlagen wurde, bleibt Chabrias Sieger. Aber
hätte nicht Pollis die Gelegenheit besser zu einem Vorstoss
in den athenischen Gewässern benutzen können? War es
nicht von Seiten der Athener ein unverantwortlicher Leichtsinn
gewesen, fast die gesamte Flotte nach den Kykladen zu senden
und die heimische Küste des Schutzes zu berauben ? Nach
Chabrias’ Ausfahrt mit 83 Segeln (Diod. XV 34)—dass die Zahl
100 bei Polybius nach oben abgerundet sei, giebt Keil selbst
an — blieben in den Häfen noch einige zwanzig Schiffe. Das
war immerhin eine Macht, mit der Pollis rechnen musste, zumal
er soeben erst eine empfindliche Schlappe erlitten hatte. Über-
dies durfte er die Naxier nicht ohne weiteres preisgeben : nach-
dem es Chabrias gelungen war, ungehindert das offene Meer
zu gewinnen, war für Athen keine Gefahr zur See vorhanden,
so lange seine starke Flotte nicht besiegt war.
Dieser belief sich danach im Jahre 377/6 auf wenig mehr denn
hundert Schiffe. Jetzt gilt es festzustellen, ob die litterarische
Überlieferung damit im Einklang steht, oder ob der von Keil
erhobene Eiwand anerkannt werden muss.
Aus Xenophons Schilderung der Ereignisse [Hell. V. 4. 60)
geht deutlich hervor, dass die Spartaner und ihre Bundesge-
nossen von der Inferiorität der athenischen Flotte in der ersten
Zeit des II. Seebundes fest überzeugt waren: συλλεγέντοον δέ
των συμμάχων εις Λακεδαίμονα λόγοι έγίγνοντο .... έξεΐναι γάρ
σφίσιν ναΰς πληρώσαντες πολύ πλείονας των λΑθηναίων έλεΐν
λιμω την πόλιν. Das Ergebnis ihrer Beratungen war die Aussen-
dung einer Flotte von sechzig Segeln unter Pollis, dem spar-
tanischen Nauarchen des Jahres 377/6. Sein Versuch die athe-
nischen Getreideschiffe abzufangen misslingt, da Chabrias im
Treffen Sieger bleibt, — leider wissen wir nicht, mit wie viel
Schiffen. Nach diesem ersten Erfolge zur See ergreift der athe-
nische Feldherr die Offensive. Ohne Zweifel war es seine Ab-
sicht, den Gegner zur Schlacht zu zwingen oder ihn durch eine
Digression in das Aegaeische Meer zur Aufgabe der Blokade
zu nötigen. Wie richtig er gerechnet, zeigte der Erfolg! Pollis
wich dem Kampfe aus; doch sobald Chabrias begonnen hatte,
Naxos zu belagern, eilte die Flotte der Peloponnesier zum Ent-
satz herbei. In der Schlacht, die im Herbst 376 zwischen Paros
und Naxos geschlagen wurde, bleibt Chabrias Sieger. Aber
hätte nicht Pollis die Gelegenheit besser zu einem Vorstoss
in den athenischen Gewässern benutzen können? War es
nicht von Seiten der Athener ein unverantwortlicher Leichtsinn
gewesen, fast die gesamte Flotte nach den Kykladen zu senden
und die heimische Küste des Schutzes zu berauben ? Nach
Chabrias’ Ausfahrt mit 83 Segeln (Diod. XV 34)—dass die Zahl
100 bei Polybius nach oben abgerundet sei, giebt Keil selbst
an — blieben in den Häfen noch einige zwanzig Schiffe. Das
war immerhin eine Macht, mit der Pollis rechnen musste, zumal
er soeben erst eine empfindliche Schlappe erlitten hatte. Über-
dies durfte er die Naxier nicht ohne weiteres preisgeben : nach-
dem es Chabrias gelungen war, ungehindert das offene Meer
zu gewinnen, war für Athen keine Gefahr zur See vorhanden,
so lange seine starke Flotte nicht besiegt war.