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MITTEILUNGEN AUS DEM KERAMEIKOS 3
die Epochen der athenischen Stadtgeschichte. In ihm heben
sich als die stärksten Linien über dem an und für sich
wechselvollen Grunde des vierten vorchristlichen Jahrhun-
derts die Sullanische Zerstörung im Jahre 86 v. Chr., die Neu-
anlagen der Hadrianischen und Antoninen-Zeit und über
deren Verfall die Gräberschichten des vierten und wohl noch
fünften nachchristlichen Jahrhunderts heraus. Bis jetzt ist die
östliche Hälfte des für die Untersuchung freien Raumes zwi-
schen Piräusstrasse und Stadtmauer aufgeschlossen; die west-
liche, der rechte Uferstreif am Eridanos, ist noch so gut wie
unberührt. In unserm von der Piräusstrasse bis dicht ans
Dipylon 1 20 m sich dehnenden, 20 - 30 m breiten Graben ist
als wichtigste Fluchtlinie die Westseite des vom Dipylon aus-
gehenden, zur Akademie führenden Kerameikos für den Stadt-
plan gewonnen worden. Darüber ist bereits ein erster vorläu-
figer Bericht im Archäologischen Anzeiger 1914, 91 ff. erstat-
tet. Sobald die Fertigstellung der Pläne es ermöglicht, wird
über diese topographischen Ergebnisse weitere Rechenschaft
gegeben werden.
Zwischen den Baulichkeiten und in den Gräbern aber
sind die Kleinfunde aufzulesen. Es liegt an der Besonderheit
des Ortes, dass diese, zumal die keramischen, besonders zahl-
reich und mannigfaltig sind. Handelt sichs doch um den
Kerameikos, das Töpferviertel. Dass er das jederzeit geblieben
ist, dafür mehren sich die Beweise. Zu der einen Töpferwerk-
stätte, die links des eleusinisclien Tores früher entdeckt wor-
den ist, aus frühchristlicher Zeit (Ilpaxtixd 1873, 18), hat sich
eine zweite gesellt, dicht vor dem Dipylon, diese wohl aus
der Zeit um 300 v. Chr., und stellenweis stösst man auf
Schuttlager, die aus zerstörten Werkstätten herrühren und
neben den Schlacken der Öfen beieinander die Töpferformen
und Fehlbrände und die fertige Waare enthalten. Auch als
Sitz dieses und vielleicht auch andrer Gewerbe rechtfertigt
der Kerameikos ein eindringendes Studium. Nicht nur bietet
er für Athen' die einzige Möglichkeit, neben den an alter
Stelle erhaltenen Grabdenkmälern die Ausstattung der Grä-
ber selbst durch alle Epochen zu veranschaulichen, wofern nur
der Raum geschaffen wird, diese sonst vergänglichen Sitten-
 
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