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V. STAIS

vier oder fünf ihrer Genossen, die ebenfalls aufwärts steigen,
schon höher auf dem hügeligen Terrain stehen und mit
den Verteidigern der Stadt kämpfen, die von der andern
Seite kommen. Zwei von den Ersteren scheinen sich vor-
zubeugen, wie wenn sie von Geschossen der Gegner ge-
troffen wären. Reichel, der nicht zu wissen scheint, dass
diese Kämpfergruppe zu den Angreifern gehörte, nimmt an,
dass die zwei Männer sich bücken, um für ihre Schleudern
nach Steinen zu suchen ; aber ihre Körperhaltung zeigt klär-
lich, dass sie verwundet niedersinken. Der über diesen ganz
oben stehende Mann, welcher durch ein neues Fragment ver-
vollständigt ist, scheint zu schleudern, ebenso wie seine bei-
den auf dem Netzmuster unten abgebildeten Genossen.
Die Angreifer sind bis auf den Steuermann alle nackt,
was für sämtliche Verteidiger nicht zutrifft. Zwei von ihnen
tragen sicher einen Chiton* 1 und halten Lanzen. Die Übri-
gen sind nackt (um die Eile ihres Auszuges zur Verteidi-
gung anzugeben), ausser zweien der Schleuderer, die gewiss
den üblichen Lendenschurz der kretisch-minoischen Männer
tragen. Aus dieser Einzelheit, wie aus dem ganzen Stil des
Werkes, der anderen kretisch-mykenischen Kunstwerken ent-
spricht, dürfen wir sicher schliessen, dass nicht nur die
Technik des Gefässes, sondern auch das dargestellte Ereig-
nis offenbar minoische Herkunft verrät.
Die Form des Rhytons, die durchaus steinernen und
thönernen Exemplaren aus Kreta gleicht2, weisen es in den
Anfang der spätminoischen Periode oder genauer in die
Übergangszeit zwischen der dritten mittelminoischen und
und der ersten spätminoischen.
Was die Herkunft des Gefässes, sowohl nach seiner
Technik wie nach dem Inhalt der Darstellung betrifft, habe
ich schon eben meine Meinung angedeutet. Dass unser Rhy-
grössten Teile erhalten. Sie steigen in die Höhe und waren schleudernd
dargestellt.
1 Reichel und andere haben irrig dieses Gewand als Schild und den
gekrümmten oberen Rand des Chitons als Schildriemen gedeutet.
2 Man vergleiche z. B. Boyd-Hawes, Gourniä Tat. 7, auch melische
Nachahmungen wie Excav. at Phylakopi Taf. 27.
 
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