Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Editor]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 46.1921

DOI article:
Müller, Valentin Kurt: Gewandschemata der archaischen Kunst
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.29496#0074
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
68

Valentin Müller

metrische Form, die z. B. Olympia IV Taf. VI No. 75 zeigt, naturalistisch
umgestaltet.

Mit dem Fortschreiten der archaischen Zeit beginnt die Zersetzung
der Schemata,wie man es bei den Göttinnen des Siphnierfrieses Fouilles IV
Taf. XI—XV sehen kann, bei denen man die Falten kaum noch in die Sche-
mata einordnen kann, im Gegensatzzur Athena Taf. VII f., die es bewahrt.
Die gleiche Erscheinung bietet die rotfigurige Vasenmalerei z. B. F.-R. 64,
Sappho. Daß der Grund dafiir nicht die Darstellung der Bewegung ist,
beweist eine Übersicht über die Nikefiguren im Knielaufschema, die durch-
aus die Schemata zeigen, trotzdem sie meist der späteren Zeit angehören:
die Nike von Delos (Arch. Zeit. XL 1882, 324; die Linien auf dem linken
Oberschenkel miissen bis zum Giirtel verlängert werden, wie man am
Gips sehen kann) hat das Schema der Mittelborte mit anschließenden
ringsum gestellten Senkrechten § 4, 6. Variante; eine leichte Modifikation
tritt nur dadurch ein, daß auf denr rechten Oberschenkel die beiden
äußeren Lalten mit dem Rande parallel laufen und daher im spitzen
Winkel an die übrigen stoßen. Die Bronze des Britischen Museums,
Ed. Schmidt, Münch. Stud. f. Furtwängler 333 Abb. 41 hat ein Mittel-
faltenbündel und eine zweite Faltenlinie, die oberhalb des Knies ansetzt;
eine schräge Einsenkung geht vom Mittelbündel nach hinten, also § 6.
Das Mittelbiindel mit mehreren Schrägfalten hat die Nike Fouill. de
Delphes IV Taf. XXXIV (§ 4), das Schema § 3 de Ridder, a. a. O. No. 808,
§ 5 eb. No. 814. Ebenso setzen bei der Eos im Spreizlauf der Cäretaner
Hydria Louvre E 702 und der wagenbesteigenden Frau Gerhard, A. V. 136
die Linien in der Mitte des Giirtels an und gehen fächerförmig auseinander,
während bei gleicher Beinhaltung auf der ‘pontischen’ Vase, Ed. Schmidt,
a. a. 0. 296 und bei der Polyxena J. H. S. XXXII 1912 Taf. II parallele
senkrechte Linien vom Oberschenkel herabfallen. Es werden eben in der
archaischen Kunst die Glieder der ruhig stehenden und der bewegten
Figur in die gleiche feste F o r m gebunden und der Unterschied besteht
nur im M o t i v, indem die Glieder der bewegten Figur unter Richtungs-
änderung zusammengesetzt werden.

Der Entwicklungsgang der griechischen Kunst führt in stetigem
Übergang von den festen geometrischen Fortnen, die man im Anfang
fast mit einfachen mathematischen Formeln ausdrücken zu können glaubt,
zu den irrationellen, modulierten des lebendigen Organismus, von ein-
 
Annotationen