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Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 46.1921

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Dörpfeld, Wilhelm: Das Dionysion in den Limnai und das Lenaion
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https://doi.org/10.11588/diglit.29496#0088
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Wilhelm Dörpfeld

so in Übereinstimmung gebrachten Angaben der beiden glaubwürdigen
Schriftsteller hatten mich auch die örtlichen Verhältnisse jener Gegend
längst davon überzeugt, daß nur dort an der tiefsten Stelle zwischen
Akropolis, Areopag und Pnyx nicht nur die älteste Stadtquelle Kallirrhoe
gelegen haben müsse, die Peisistratos durch Wasserleitungen, deren
Spuren längst bekannt waren, zu einem neunmündigen Laufbrunnen
gemacht hatte, sondern auch die Sümpfe, nach denen das älteste Dionysos-
Heiligtum seinen Beinamen iv Ai^vais erhalten hatte.

Diese volle Übereinstimmung zwischen der literarischen Überlieferung
und den örtlichen Bodenverhältnissen hatten mir schon vor 30 Jahren
den Mut gegeben, durch Ausgrabungen in dieser Gegend die Probe auf
die Richtigkeit meiner Ansicht über das älteste Athen und besonders
auch meiner Erklärung der Worte des Thukydides und des Pausanias
zu machen. Wenn meine Ansichten richtig waren, mußten sich in jener
Senkung noch Reste des uralten Dionysions und in ihrer Nähe noch
Spuren der zur Enneakrunos umgebauten Kallirrhoe finden lassen.

Man wird meine Freude verstehen, als dann durch die vom Deutschen
Institut in den Jahren 1891—95 unternommenen Ausgrabungen am
Fuße des Pnyxfelsens tatsächlich eine alte Naturquelle mit verschiedenen
Wasseranlagen und eine grosse Leitung und Steine eines Brunnenhauses
aus der Zeit des Peisistratos zu Tage traten, und als weiter an der tiefsten
Stelle jener Gegend auch ansehnliche Reste eines sehr alten Heiligtums
zum Vorschein kamen, das wegen seiner Gestalt und seines Inhaltes als
das gesuchte Dionysion in den Sümpfen gedeutet werden durfte. Es
bestand aus einem größeren Bezirk, dessen Umfassungsmauer zuin Teil
noch dem 2. Jahrtausend angehören konnte, und aus einem besonderen
Vorhofe mit den Resten eines kleinen altertümlichen Tempels. Und im
Innern des Bezirks fand sich außer einer Anlage von unbekannter Be-
stimmung eine Weinkelter und der Unterbau eines tischförmigen Altars.
Die Kelter hatte viele Jahrhunderte bestanden und war mehrmals wegen
Aufhöhung des Bodens des Bezirks in einer höheren Lage erneuert worden.
Sie paßte besonders gut für das Heiligtum des Keltergottes Dionysos
Lenaios, das ich gesucht hatte, weil Weinkeltern bisher in keinem der
vielen anderen ausgegrabenen Götterbezirke zum Vorschein gekommen
sind. Und die spätere Höherlegung der Kelter und des ganzen Heiligtums
stand im besten Einklang mit der von F. Bölte beigebrachten Nachricht
 
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