Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
16

SOTADES

nur in der Gesamtheit ihre volle Wirkung. Besonders nahe stehen
diesem Meister die frühen Werke des Sotades. Die Londoner
Schale E 66, die Furtwängler (Text zu F.-R. I 238 ff.) dem Brygos
zuweist, die Kotyle Musee Napoleon sind voll von Zügen des Brygos,
Sotades bildet erst seinen Stil. Noch häufen und überschneiden sich
die Figuren, nur einige Gestalten gelingt es zu isolieren, noch ver-
wendet er archaische Faltenbildung und verdünnten Firnis für die
Muskelzeichnung, die Relieflinie für die Konturen. Den gereiften
Meister zeigen die niedrigen Schalen, der Kantharos Czartoryski, die
Londoner Sphinxvase, die Gefässe in Form von Tierköpfen, das
'Rhyton’ Botkin und der Astragal (vgl. Hauser a. a. O. 94). Hier haben
wir schon den minutiösen Stil, das Bestreben, jede Figur in ihrer
charakteristischen Wendung vollständig zu zeigen. Der verdünnte
Firnis verschwindet, die Zeichnung wird vereinfacht und doch ver-
feinert. Neigung zu scharfer Charakteristik und heftigen Bewe-
gungen ist allen diesen Vasen eigen. Die Figuren spritzen so zu
sagen auseinander.
Den Übergang von der ersten zur zweiten Gruppe geben die
beiden Fragmente der Ermitage. In technischer Beziehung bedeutsam
ist der Silen, an dem über den Linien aus verdünntem Firnis dünne
Relieflinien gezogen sind.
Die weissgrundigen Schalen in London sind etwas später. Die
starke äusserliche Beweglichkeit ist einem komplizierteren inneren
Rhythmus gewichen. Schon auf dem Astragal bewegen sich einige
Figuren um ihre eigene Achse; diese geschlossene innere Bewegung
ist für die späten Vasen charakteristisch. Eine Gestalt, wie die des
Polyeidos, zeigt diesen Zug besonders deutlich. Der Speer bildet die
Achse, um die sich die Gestalt schlingt. Die Krokodil- und Pygmäen-
vasen sowie die Amazone aus Meroe sind noch später entstanden.
Diese jüngsten Werke des Meisters zeigen das Bestreben nach
schlankeren Formen. In der Zeichnung ist Sotades hier langweilig,
da er ruhig stehende und sitzende Figuren dargestellt hat.
Es ist zunächst schwer, die symptomatische Bedeutung des
Sotades zu erfassen. Er ist zweifellos eine charakteristische Figur,
jedoch wissen wir nicht, wie weit sein Einfluss reicht. Es muss jedoch
betont werden, dass wir unser Augenmerk weniger dem Zeichner
als solchem als dem Vertreter einer sehr bestimmten Kunstrichtung
zuzuwenden haben, deren grosse Bedeutung wir erst später
erkennen werden.
Ermitage Anna Peredolski
 
Annotationen