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Grimm, Wolf-Dieter; Snethlage, Rolf; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Denkmalpflege-Laborgespräch <1, 1983, München> [Contr.]
Adneter Rotmarmor: Vorkommen u. Konservierung; Bericht über d. 1. Denkmalpflege-Laborgespräch — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 25: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1984

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.75238#0009
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Wolf-Dieter Grimm

Zur Geologie der roten Jurakalksteine
(„Rotmarmore") vom Typ der Knollen-
kalksteine (Adneter Knollenkalke bzw.
Ammonitico-Rosso-Kalksteine) und der
Hierlatzkalksteine im alpinen und
mediterranen Raum

Zusammenfassung
Die im Jura der Alpen und des mediterranen Raumes weit
verbreiteten „Rotmarmore" vom Typ der Knollenkalke und
der häufig mit ihnen vergesellschafteten Hierlatzkalke zäh-
len seit Jahrhunderten zu den wichtigsten Naturwerkstei-
nen. Ihre petrographische Ausbildung und ihre Erschei-
nungsformen werden erläutert am Beispiel des Adneter Re-
viers, wo Rotmarmore des unteren Juras (Lias) als Knollen-
kalke (Lienbacher und Wimberger Typ, Scheck, Schnöll)
und als Hierlatzkalke (Motzen oder Motzau) gebrochen wer-
den. In ähnlichen Ausbildungen kommen jurassische Rot-
marmore weit verbreitet in den bayerischen und österreichi-
schen Kalkalpen, im südalpinen Raum und im ganzen medi-
terranen Umkreis vor. Wichtige Werksteinreviere liegen vor
allem in Italien, weiterhin in Rumänien, Ungarn und Grie-
chenland.
Die paläogeographische Abstammung, die biologisch-phy-
sikalisch-chemischen Entstehungsbedingungen und das
Bildungsmilieu der jurassischen Roten Knollenkalke und
Hierlatzkalke sind schwierig rekonstruierbar. Die Ablage-
rung erfolgte am südlichen Schelf des Tethysmeeres, d.h.
am afrikanischen Rand des damaligen großen Mittelmee-
res. Durch Absenkung des Meeresbeckens verschob sich
der Bildungsraum im Laufe des Juras („Fazieswanderung").
Später sind die Gesteine im Gefolge von Gebirgsbildungen
und Deckenschüben auseinandergerissen und weiterhin
verstreut in den alpinen und mediterranen Raum verlagert
worden.
Zur Rekonstruktion der Entstehungsbedingungen sind der
Fossilinhalt, das Gefüge, die chemischen Lösungs- und
Ausfällungsvorgänge sowie die Drucklösungen, die Umla-
gerungserscheinungen, die auffällige Rotfärbung durch Ei-
senpigmente sowie die Mangananreicherungen wichtig.
Aus allem ergibt sich eindeutig, daß die Ablagerung im
Meer erfolgte. Doch im einzelnen sind die Bildungsräume
und die Gesteinsgenese bis heute umstritten, da die ge-
nannten Eigenschaften zum Teil widersprüchlich gedeutet
werden können. Zur Entstehung des typischen Knollenge-
füges dürften Koagulations- und Schrumpfungseffekte im
Meeresschlamm während der Ablagerung (synsedimentär),
weiterhin untermeerische chemische Lösungsprozesse
(Subsolution) kurz nach der Ablagerung (frühdiagenetisch)
sowie gesteinsinterne chemische Lösung lange nach der
Ablagerung unter dem Auflastdruck einer mächtigen Sedi-
mentdecke (spätdiagenetisch) zusammengewirkt haben.
Die Erscheinungsformen der Knollenkalke und Crinoiden-
schuttkalke sind nicht auf den Jura des Tethysraumes be-
schränkt; ähnliche Sedimente finden sich auch in anderen

Gebieten und zu anderen Zeiten, z.B. in den viel älteren Ab-
lagerungen des mittel- und westeuropäischen Devons.
Aus den geologischen und petrographischen Vorausset-
zungen resultieren wichtige Folgerungen für die Nutzung
der Roten Knollenkalke und der Hierlatzkalke als Werkstei-
ne, und zwar bezüglich ihrer Herkunftsbestimmung, ihres
Verwitterungsverhaltens und der Konservierungsmaßnah-
men.

1. Einleitung
Die Roten Knollenkalke vom Typ des „Adneter (früher: Ad-
nether) Marmors" oder der Ammonitico-rosso- (oder Rosso-
Ammonitico-) Kalksteine" sowie die mit ihnen vergesell-
schafteten „Hierlatzkalke" haben nicht nur als Naturwerk-
steine Bedeutung; sie sind auch geologisch wichtig wegen
ihrer weiten Verbreitung in den Jura-Ablagerungen der Al-
pen und des südeuropäischen sowie nordafrikanischen
Raumes (Bereich des ehemaligen westlichen Tethysmee-
res); genetisch sind sie zudem interessant wegen ihrer
noch nicht zuverlässig geklärten Bildungsbedingungen. In
den bayerischen und österreichischen Alpen finden sich
Rotmarmore vorwiegend im unteren Jura (Lias); in den Süd-
alpen und im mediterranen Umkreis kommen sie häufiger
auch im mittleren und oberen Jura (Dogger und Malm) vor.

Folgende Tabelle zeigt die Jura-Periode innerhalb der Erd-
geschichte:

Neozoikum
(Erdneuzeit)
heute
65 Mio Jahre
Kreide
Malm (Weißer Jura)
Mesozoikum
_ 140 Mio Jahre
_ 160 Mio Jahre
(Erdmittelalter) Jura Dogger (Brauner Jura)
Lias (Schwarzer Jura)
_ 170 Mio Jahre
_ 195 Mio Jahre
Trias Rhät
Präkambrium
(Erdfrühzeit)
_ 225 Mio Jahre
4.500 Mio Jahre

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