ten — und somit auch von Faziesraum zu Faziesraum —
bestehen Verbindungen und Übergänge. Da sich der Bil-
dungsraum allmählich absenkte, verschob sich im Laufe
des Juras der Rotfaziesgürtel (Fazieswanderung, s. oben
Abschnitt 4.1.), so daß gleichartige Knollenkalke in ver-
schiedenen Regionen und zu verschiedenen Jurazeiten zur
Ablagerung kamen. Im einzelnen waren die Entstehungsbe-
dingungen der Rotmarmore gewiß viel komplizierter, als
durch dieses Schema wiedergegeben wird. Allein die Tatsa-
che, daß die Bildung Roter Knollenkalke und Hierlatzkalke
in den nörlichen Kalkalpen auf engem Raum vom Lias bis
in den Malm andauern kann, beweist, daß die einfache Vor-
stellung eines schmalen, aber weithin durchziehenden Bil-
dungsraumes, der sich im Laufe der Zeit gleichmäßig auf
breiter Front verschiebt, nicht genügt zur Erklärung der
komplexen paläogeographischen Situation.
5. Nichtjurassische Knollenkalke
Knollenkalke mit oder ohne Rotfärbung durch eisenoxidi-
sche Pigmente sind in der Erdgeschichte nicht auf den Jura
des Tethysraumes beschränkt. Sie treten — wenn auch sel-
ten — ebenfalls in anderen Zeiten und Regionen auf und
sind dort wohl unter ähnlichen Ablagerungsbedingungen
entstanden. Hier seien nur die vorwiegend devonischen
Knollenkalke genannt, die innerhalb eines zusammenhän-
genden Gürtels in Mittel- und Westdeutschland, Frankreich
(Zentralmassiv), Südsardinien, auf den Balearen und in
Nordafrika (Rif und Kabylei) verbreitet sind; sie wurden von
BOURROUILH (in FARINACCI & ELMI 1981, S. 39 ff.) nach
bezeichnenden Fossilien als „Goniatitico rosso" und „Or-
thoceratitico rosso" bezeichnet in Anlehnung an den Be-
griff „Ammonitico rosso".
In Deutschland spielen innerhalb dieser Gruppe die oberde-
vonischen Clymenien- und Goniatitenkalke eine Rolle; sie
sind im unterfränkisch-thüringischen Raum und im nördli-
chen Rheinischen Schiefergebirge verbreitet und werden
aufgrund ihrer knolligen Nierenstrukturen als „Kramenzel-
kalke" bezeichnet. Diese oberdevonischen Knollenkalke
wurden seit alters her und bis heute in bekannten Stein-
bruchrevieren abgebaut zur Verwendung als Werksteine
und Dekorations„marmor", z.B.
— im nordostbayerischen Frankenwald die roten und rot-
grünen Varietäten des „Marxgrüner Marmors", in dem die
Knollenstruktur meist kaum noch erkennbar ist, weiterhin
die oft deutlich knolligen grauen, z.T. rotgefleckten „There-
siensteiner Marmore" sowie die schwärzlichen und
bräunlich-grauen knolligen „Wallenfelser Marmore";
— im benachbarten Thüringen die grauen, grüngrauen oder
rot-grau gefleckten „Fischersdorfer Marmore" oder die
„Saalburger Marmore" von Tegau nordöstlich von
Schleiz/DDR mit ihren karminroten Farben und typischen
Kramenzelstrukturen;
— im Rheinischen Schiefergebirge einige „Marmore" im
Nassauischen oder der „Kattenfels-Marmor" von Katten-,
siepen bei Suttrop-Warstein mit typischen Kalkknollen und
netzartigen damit verwachsenen Tonhäuten.
Ein Teil dieser Marmore wurden von MÜLLER (7, o.J.) abge-
bildet.
In den heutigen Meeren wurde Kalkknollenbildung, die mit
den jurassischen oder devonischen Typen vergleichbar wä-
re, kaum beobachtet; subrezente Bildungen sind von den
Hängen der Bahamabank bekannt.
6. Folgerungen für die Verwendung der juras-
sischen Rotmarmore als Werksteine
Aus den geologischen und petrographischen Vorausset-
zungen resultieren wichtige Folgerungen für die Nutzung
der Roten Knollenkalke und der Hierlatzkalke als Werkstei-
ne, und zwar bezüglich ihrer Herkunftsbestimmung (wichtig
für die Denkmalpflege und den Steinersatz), ihres Verwitte-
rungsverhaltens (wichtig für den Verwendungszweck) und
ihrer Konservierung (wichtig für vorbeugenden Schutz und
nachträgliche Restaurierung).
6.1. Herkunftsbestimmung
Bei der Vielzahl an Provenienzen von Roten Knollenkalken
und Hierlatzkalken in den Nord- und Südalpen sowie im me-
diterranen Raum, wo schon seit Jahrhunderten Steingewin-
nung betrieben wurde und seit Jahrzehnten ständig neue
Varietäten - teils mit irreführenden Handelsnamen und oh-
ne Herkunftshinweise — den Markt überfluten, ist eine
exakte Herkunftsbestimmung vom bloßen Augenschein her
oft unmöglich. Nur wenn Gesteinsproben verfügbar sind,
gelingt es gelegentlich durch exakte petrographische Ana-
lysen — vor allem durch mikroskopische Dünnschliff-
Untersuchungen und durch Bestimmungen des
(Mikro-)Fossilbestandes —, verschiedene Provenienzen
aufgrund spezieller Merkmalskombinationen zu unterschei-
den oder unterjurassische (Lias-) von höherjurassischen
(Dogger- und Malm-)Gesteinen abzutrennen.
Als Beispiel für die Komplikationen bei der Feststellung der
Provenienz seien die Büsten im Antiquarium der Münche-
ner Residenz genannt (Abb. 14): Der Verfasser wies nach,
daß die Gesteine, aus denen — vorwiegend im 16. Jhrh. —
die Gewandteile und Sockel zu den antiken oder renaissan-
cezeitlichen Marmorköpfen gefertigt wurden, fast aus-
schließlich aus dem bayerischen Raum oder aus benach-
barten nordalpinen Regionen stammen. Neben triassi-
schen Graukalken überwiegen Hierlatzkalke; seltener sind
Rote Knollenkalke, z.T. mit Übergang in Scheckfazies. Eine
Herkunft aus dem (nord-)alpinen Jura ist für diese Werkstei-
ne gesichert; die exakte lokale Zuordnung war dagegen —
angesichts der weiten Verbreitung dieser Gesteinstypen in
den Alpen — nicht möglich.
Die Schwierigkeiten einer Zuordnung vergrößern sich noch,
wenn die Gesteine in verwittertem Zustand — korrodiert
oder gebleicht — vorliegen oder wenn die historischen
Steinbrüche aufgelassen und vergessen sind.
Zudem wurden die Rotmarmore auch schon vor Jahrhun-
derten keineswegs nur im engen Umkreis der Steinbrüche
verwendet, sondern oft überraschend weit verfrachtet; so
z.B. sind norditalienische Jura-Rotmarmore mit Sicherheit
schon seit dem Mittelalter nach Bayern und in die Schweiz
importiert worden, obwohl einige frachtgünstigere Brüche
näher lagen (Reis 1935; DE QUERVAIN 1979); KIESLINGER
(1974) beschreibt den Transport riesiger Adneter
20
bestehen Verbindungen und Übergänge. Da sich der Bil-
dungsraum allmählich absenkte, verschob sich im Laufe
des Juras der Rotfaziesgürtel (Fazieswanderung, s. oben
Abschnitt 4.1.), so daß gleichartige Knollenkalke in ver-
schiedenen Regionen und zu verschiedenen Jurazeiten zur
Ablagerung kamen. Im einzelnen waren die Entstehungsbe-
dingungen der Rotmarmore gewiß viel komplizierter, als
durch dieses Schema wiedergegeben wird. Allein die Tatsa-
che, daß die Bildung Roter Knollenkalke und Hierlatzkalke
in den nörlichen Kalkalpen auf engem Raum vom Lias bis
in den Malm andauern kann, beweist, daß die einfache Vor-
stellung eines schmalen, aber weithin durchziehenden Bil-
dungsraumes, der sich im Laufe der Zeit gleichmäßig auf
breiter Front verschiebt, nicht genügt zur Erklärung der
komplexen paläogeographischen Situation.
5. Nichtjurassische Knollenkalke
Knollenkalke mit oder ohne Rotfärbung durch eisenoxidi-
sche Pigmente sind in der Erdgeschichte nicht auf den Jura
des Tethysraumes beschränkt. Sie treten — wenn auch sel-
ten — ebenfalls in anderen Zeiten und Regionen auf und
sind dort wohl unter ähnlichen Ablagerungsbedingungen
entstanden. Hier seien nur die vorwiegend devonischen
Knollenkalke genannt, die innerhalb eines zusammenhän-
genden Gürtels in Mittel- und Westdeutschland, Frankreich
(Zentralmassiv), Südsardinien, auf den Balearen und in
Nordafrika (Rif und Kabylei) verbreitet sind; sie wurden von
BOURROUILH (in FARINACCI & ELMI 1981, S. 39 ff.) nach
bezeichnenden Fossilien als „Goniatitico rosso" und „Or-
thoceratitico rosso" bezeichnet in Anlehnung an den Be-
griff „Ammonitico rosso".
In Deutschland spielen innerhalb dieser Gruppe die oberde-
vonischen Clymenien- und Goniatitenkalke eine Rolle; sie
sind im unterfränkisch-thüringischen Raum und im nördli-
chen Rheinischen Schiefergebirge verbreitet und werden
aufgrund ihrer knolligen Nierenstrukturen als „Kramenzel-
kalke" bezeichnet. Diese oberdevonischen Knollenkalke
wurden seit alters her und bis heute in bekannten Stein-
bruchrevieren abgebaut zur Verwendung als Werksteine
und Dekorations„marmor", z.B.
— im nordostbayerischen Frankenwald die roten und rot-
grünen Varietäten des „Marxgrüner Marmors", in dem die
Knollenstruktur meist kaum noch erkennbar ist, weiterhin
die oft deutlich knolligen grauen, z.T. rotgefleckten „There-
siensteiner Marmore" sowie die schwärzlichen und
bräunlich-grauen knolligen „Wallenfelser Marmore";
— im benachbarten Thüringen die grauen, grüngrauen oder
rot-grau gefleckten „Fischersdorfer Marmore" oder die
„Saalburger Marmore" von Tegau nordöstlich von
Schleiz/DDR mit ihren karminroten Farben und typischen
Kramenzelstrukturen;
— im Rheinischen Schiefergebirge einige „Marmore" im
Nassauischen oder der „Kattenfels-Marmor" von Katten-,
siepen bei Suttrop-Warstein mit typischen Kalkknollen und
netzartigen damit verwachsenen Tonhäuten.
Ein Teil dieser Marmore wurden von MÜLLER (7, o.J.) abge-
bildet.
In den heutigen Meeren wurde Kalkknollenbildung, die mit
den jurassischen oder devonischen Typen vergleichbar wä-
re, kaum beobachtet; subrezente Bildungen sind von den
Hängen der Bahamabank bekannt.
6. Folgerungen für die Verwendung der juras-
sischen Rotmarmore als Werksteine
Aus den geologischen und petrographischen Vorausset-
zungen resultieren wichtige Folgerungen für die Nutzung
der Roten Knollenkalke und der Hierlatzkalke als Werkstei-
ne, und zwar bezüglich ihrer Herkunftsbestimmung (wichtig
für die Denkmalpflege und den Steinersatz), ihres Verwitte-
rungsverhaltens (wichtig für den Verwendungszweck) und
ihrer Konservierung (wichtig für vorbeugenden Schutz und
nachträgliche Restaurierung).
6.1. Herkunftsbestimmung
Bei der Vielzahl an Provenienzen von Roten Knollenkalken
und Hierlatzkalken in den Nord- und Südalpen sowie im me-
diterranen Raum, wo schon seit Jahrhunderten Steingewin-
nung betrieben wurde und seit Jahrzehnten ständig neue
Varietäten - teils mit irreführenden Handelsnamen und oh-
ne Herkunftshinweise — den Markt überfluten, ist eine
exakte Herkunftsbestimmung vom bloßen Augenschein her
oft unmöglich. Nur wenn Gesteinsproben verfügbar sind,
gelingt es gelegentlich durch exakte petrographische Ana-
lysen — vor allem durch mikroskopische Dünnschliff-
Untersuchungen und durch Bestimmungen des
(Mikro-)Fossilbestandes —, verschiedene Provenienzen
aufgrund spezieller Merkmalskombinationen zu unterschei-
den oder unterjurassische (Lias-) von höherjurassischen
(Dogger- und Malm-)Gesteinen abzutrennen.
Als Beispiel für die Komplikationen bei der Feststellung der
Provenienz seien die Büsten im Antiquarium der Münche-
ner Residenz genannt (Abb. 14): Der Verfasser wies nach,
daß die Gesteine, aus denen — vorwiegend im 16. Jhrh. —
die Gewandteile und Sockel zu den antiken oder renaissan-
cezeitlichen Marmorköpfen gefertigt wurden, fast aus-
schließlich aus dem bayerischen Raum oder aus benach-
barten nordalpinen Regionen stammen. Neben triassi-
schen Graukalken überwiegen Hierlatzkalke; seltener sind
Rote Knollenkalke, z.T. mit Übergang in Scheckfazies. Eine
Herkunft aus dem (nord-)alpinen Jura ist für diese Werkstei-
ne gesichert; die exakte lokale Zuordnung war dagegen —
angesichts der weiten Verbreitung dieser Gesteinstypen in
den Alpen — nicht möglich.
Die Schwierigkeiten einer Zuordnung vergrößern sich noch,
wenn die Gesteine in verwittertem Zustand — korrodiert
oder gebleicht — vorliegen oder wenn die historischen
Steinbrüche aufgelassen und vergessen sind.
Zudem wurden die Rotmarmore auch schon vor Jahrhun-
derten keineswegs nur im engen Umkreis der Steinbrüche
verwendet, sondern oft überraschend weit verfrachtet; so
z.B. sind norditalienische Jura-Rotmarmore mit Sicherheit
schon seit dem Mittelalter nach Bayern und in die Schweiz
importiert worden, obwohl einige frachtgünstigere Brüche
näher lagen (Reis 1935; DE QUERVAIN 1979); KIESLINGER
(1974) beschreibt den Transport riesiger Adneter
20