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Grimm, Wolf-Dieter; Snethlage, Rolf; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Denkmalpflege-Laborgespräch <1, 1983, München> [Contr.]
Adneter Rotmarmor: Vorkommen u. Konservierung; Bericht über d. 1. Denkmalpflege-Laborgespräch — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 25: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1984

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https://doi.org/10.11588/diglit.75238#0020
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Knollenkalk und wird zur Zeit in großen Mengen abgebaut.
Bei Theben wird orangerotes Material ähnlich dem Verona-
Rot gewonnen (Handelsnamen: „Thebes" oder „Theben-
Rot"). Im Umkreis von Delphi wird rotes Gestein gebrochen,
bei dem wiederum oft die schwarzen Mangan-Konturen um
die Knollen auffallen (Handelsnamen: „Delphi-Rot"). Eine
weitere Sorte griechischer Provenienz ist „Brown of Ara-
chova."
Ein Teil dieser Kalksteine findet sich auf Tafeln abgebildet
bei MÜLLER (ISNK, 7, o.J.). Einige italienische Rotmarmore
sind im Photoband „Marmi Italiani" wiedergegeben (I.C.E.
1982).
4. Entstehung der jurassischen Rotmarmore
4.1. Paläogeographische Abstammung und Alter
Die paläogeographische Abstammung, die biologisch-
physikalisch-chemischen Entstehungsbedingungen und
das Bildungsmilieu (Fazies) der roten Juraknollenkalke und
Hierlatzkalke sind schwierig rekonstruierbar. Die paläogeo-
graphische Abstammung ist seit der Ablagerung der Rot-
marmore in der Jurazeit (195 bis 135 Mio. Jahre vor heute)
verwischt worden durch die Umgestaltung der Kontinente
und Meere und durch das Aufwachsen der Alpen-,
Apenninnen- und Balkangebirge im Bereich des früheren
Tethysmeeres. Wir müssen annehmen, daß die ursprüngli-
chen Bildungsräume der Jura-Rotmarmore großenteils am
südlichen Schelf der westlichen Tethys, des damaligen gro-
ßen Mittelmeeres, also am meerbedeckten Saum des afri-
kanischen Kontinentes lagen. Sie sind später durch die ge-
birgsbildenden Prozesse im Gefolge der Kollision der da-
maligen afrikanischen Platte mit der europäischen Platte
aus ihrem Ablagerungsgebiet im Tethysmeer aufgeschürft,
zerissen und in riesigen Gesteinsdecken verschoben wor-
den. Im einzelnen dürfte es auch künftig schwierig sein, die
in verschiedene Regionen verstreuten und lückenhaften
Fragmente wie in einem Puzzle wieder in die ursprüngliche
Lage zurückzuversetzen, um den Herkunftsraum zu rekon-
struieren.
Das geologische Alter der roten Jurakalke ist von Region zu
Region verschieden. Für die meisten Vorkommen, die heute
in den österreichischen und bayerischen Alpen liegen, wa-
ren im Lias die Voraussetzungen für die Bildung Roter Knol-
lenkalke gegeben, ebenso für die Ammonitico-rosso-
Gesteine von Portugal und Algerien; für den Jura der
Schweiz und Griechenland lag die Bildungszeit Roter Knol-
lenkalk mehr im Lias + Dogger, für die norditalienischen,
sizilianischen und tunesischen Vorkommen mehr im Dog-
ger + Malm. Doch sind auch in den nördlichen Kalkalpen
Rotmarmore aus dem Malm verbreitet.
Diese Altersunterschiede werden in einem interessanten
Sedimentationsmodell interpretiert, das BOSELLINI & WIN-
TERER (1975) für die jurassischen Sedimente des alpinen
und westmediterranen Raumes präsentieren: Danach er-
fuhren diese Sedimente im ursprünglichen Bildungsraum
des Tethysmeeres seit dem Ende der Trias (Rhät) bis zum
Beginn der Kreidezeit eine allmähliche Absenkung. Hierbei
gelangten nacheinander verschiedene Meeresräume in Tie-
fen, die damals für die Bildung von Roten Knollenkalken
prädestiniert waren (Fazieswanderung).

4.2. Bildungsbedingungen
So schwierig wie die paläogeographische Lokalisierung
des ursprünglichen Bildungsraumes ist auch die Rekon-
struktion der physikalisch-chemischen Bildungsbedingun-
gen der Jura-Rotmarmore.
4.2.1. Hierlatzkalke
Über die Bildungsbedingungen der Hierlatzkalke herrscht
bei den Karbonatsedimentologen weitgehend übereinstim-
mende Meinung: Zur Jurazeit müssen auf Untiefen im Meer
weitflächige Crinoiden-„wälder" bestanden haben. Durch
Meeresströmungen in der flachen See wurden die Seelilien
zerbrochen, verfrachtet und in Sandkörpern und Spülsäu-
men wieder abgelagert; sie reicherten sich auch an in den
Spalten weiter tektonischer Bruchsysteme und verfüllten
diese Hohlräume teilweise bis in große Tiefen (WENDT
1976). (An dieser Spaltenplombierung sind neben den Hier-
latzkalken auch Rote Knollenkalke beteiligt, wie besonders
schön in den Steinbrüchen oberhalb des Adneter Kirchen-
bruches zu beobachten ist (Abb.10)).
Durch Abnahme des Grinoidenschutt-Anteiles und durch
Zunahme der typischen knolligen Strukturen im Gestein
sind allmähliche Übergänge in die Knollenkalk- und Knol-
lenmergelfazies gegeben; die Faziestypen sind also be-
nachbart und überlappen sich räumlich, wie auch durch
Wechsellagerungen und Verzahnungen bewiesen ist.
4.2.2. Rote Knollenkalke
Besonders konträre Meinungen herrschen bei der Rekon-
struktion der Bildungsbedingungen der Roten Knollenkalke
und ihrer Scheck-Varietät. So auffällig auch ihre Erschei-
nungen — wie Knollengefüge, Fossilreichtum, untermeeri-
sche chemische Karbonatlösung und Drucklösung, Mas-
senanhäufungen durch Umlagerungen und Gleitvorgänge,
rote Pigmentierung sowie Mangankrusten sind, so vieldeu-
tig ist deren Zuordnung zu bestimmten Meeresmilieus.
Besonders umstritten ist die Bildung des Knollengefüges.
Manche Forscher nahmen Schlammkoagulationen aus su-
spendierter feinstkörniger Trübe an. Weiterhin könnte das
frisch abgelagerte Sediment durch Schrumpfung infolge
Wasserabgabe in Einzelkörper zerlegt worden sein. Andere
deuten die Knollen als echte Schlammgerölle, die von der
Strömung im Bereich submariner Gleitungen zu einer Art
Konglomerat angehäuft wurden. JENKYNS (1971, 1974) und
andere Sedimentologen führen das Knollengefüge auf un-
termeerische Lösungsvorgänge (Subsolution) zurück: Da-
nach bestanden Knollen und Zwischenmittel ursprünglich
aus dem gleichen Ausgangsmaterial, wurden dann aber
durch selektive chemische Lösung von Aragonit und mikro-
kristallinem Calcit im Zwischenmittel differenziert; die Lö-
sung erfolgte zu Zeiten verminderter oder fehlender Sedi-
mentation (Kondensation oder Omission). Durch episodi-
sche oder periodische Wiederholung des Lösungsvorgan-
ges — z.B. durch wechselnde Bodenströmungen mit Unter-
schieden in der Temperatur oder im CO2-Gehalt des Meer-
wassers — oder durch Wechsel in der Sedimentzufuhr
könnte die rhythmische Kalkknollenbildung (Normalsedi-
mentation), abgelöst von Zwischenmittelbildung (Subsolu-
tionsperioden), verursacht worden sein. Die während der
Ablagerung (synsedimentär) erfolgten chemischen Lö-
sungsvorgänge wurden viel später — lange nach der Abla-

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