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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 26.1910

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10. Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.27775#0091
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1910

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 10

Die Alexanderkirche zu Wildeshausen
in Oldenburg.
(Hierzu die Bilder auf Seite 81—84 und Tafel 80.)

§^ie Wiederherstellung der Alexanderkirche zu Wildes-
hausen hat im Oldenburger wie im Bremer Gebiet
viel Staub aufgewirbelt. Handelte es sich doch um
Tod und Leben eines Bauwerkes, das an inniger
malerischer Schönheit seinesgleichen suchte; um ein Gottes-
haus, das in spätromanischer Zeit begonnen, nachdem von


den wechselnden Geschlechtern umgestaltet und ausgebaut
worden war, bis schließlich ein Innenraum sich gebildet hatte,
der im Schmuck seiner eingebauten Betstühle, Priölken, Ga-
lerieen und Treppen eine unerschöpfliche Fülle überraschender

Architekturbilder bot. Dazu die köstlichen Farben: ein lichtes

Rotgelb über dem ganzen Gemäuer und silbergrau gestrichenes
Holzwerk da-

vor, und eigen-
artige Beleuch-
tungseffekte,
denn alle Fen-
ster der Nord-
seite waren zu
irgend einer Zeit
zugemauert
worden, als man
das Dach des
Mittelschiffs
über das nörd-
liche Seiten-
schiff herabge-
schleppt hatte.
Das gab eine
ganz köstliche
Außenansicht
von Norden her.
Gotische Maß-
werkfensterwa-
ren eingesetzt
worden, wo
man sie gerade brauchte, wie überhaupt im Äußern viel ge-
flickt und geändert war, und zwar gar nicht

Altes Bildwerk im Chor. Meister unbekannt.




Wiederherstellung der Alexanderkirche in Wildeshausen.
Südseite.

geziemt. Diese wohlgemeinten Ideen wurden als säuberlich
gezeichnete Wiederherstellungsentwürfe zu Papier gebracht und
zunächst auch höheren Orts für gut befunden. Das Unglück,
das jede deutsche Landkirche doch früher oder später einmal
zu erreichen pflegt, konnte also seinen Lauf nehmen. Aber

stilecht spätromanisch, sondern höchst un-
gelahrterweise immer frisch-fröhlich in dem
jeweiligen Zeitstile. Das Bauwerk war so ein
richtiges gewachsenes Stück Baugeschichte
von köstlicher Ursprünglichkeit geworden,
über das durch irgend einen glücklichen
Zufall noch niemals auch nur der schüch-
ternste Restaurator gekommen war. Solches
verdroß die Herren von der unbefleckten
Stilreinheit gar sehr. Als man daher nach-
weisen konnte, daß der bauliche Zustand
der Kirche vielfach zu Bedenken Anlaß gebe
und daß sie auch in ihrer inneren Einrich-
tung nicht mehr den modernen, an eine
Kirche mit Recht zu stellenden Anforderun-
gen genüge, beschloß man sie »stilgerecht«
wiederherzustellen: die gotischen Maßwerk-
fenster sollten durch romanische ersetzt
und die Dächer wieder in ihre vermutliche
erste romanische Form gebracht werden,
desgleichen das Turmdach, das einen
— entsetzlich! — aus nachgotischer Zeit
herrührenden Dachreiter trug. Die ganz
einzigartigen Werke spätgotischer Steinmetz-
kunst im Chor, das Sakramentshäuschen
und der sogenannte Levitenstuhl (Abb. S. 82),
sollten beseitigt werden und die schlichten
Giebel sollten Anfänger und Spitzen erhalten,
wie sich’s für einen frühgotischen Giebel

Wiederherstellung der Alexanderkirche in Wildeshausen. Nordseite.


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