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306

MELEAGER

Augustae, vita Commodi u), so kann es nicht Wunder
nehmen auch Atalante hier im Amazonen-Costüm anzu-
treffen, ja es erscheint der Gedanke nicht ausgeschlossen,
dass der Verfertiger direct ein Bild der Marcia, die ja
auch auf einem Medaillon des Commodus im Helm erscheint
(s. Cohen a. a. O. p. 378^. nr. iss.), als Vorlage benutzt
habe. Dass Atalante nicht auch in der zweiten Scene in
demselben Costüm dargestellt ist, erklärt sich 'aus der
veränderten Situation. Es ist ein ähnlicher Fall wie
wenn auf 165 Hippolytus in der zweiten Scene Porträt-
züge hat, in der ersten hingegen nicht (vgl. S. 206) oder
wenn auf 188 Mars auf der Schmalseite ein total anderes
Costüm trägt wie auf der Vorderseite. Endlich wird jeder
Zweifel daran, ob wirklich Atalante gemeint sei, durch den
links neben ihr angebrachten, die Wildspur suchenden Jagd-
hund endgültig gehoben. Ueber diesem sitzt in der linken
oberen Ecke auf einem Felsen ein kleiner Localgott, der,
nach der Mitte hin blickend, sich mit der Rechten auf
seinen Sitz stützt und mit der Linken einen kleinen Baum-
stamm umfasst. Er trägt eine gegürtete Exomis und einen
Sonnenhut, ähnlich dem der Aitolia auf den aitolischen
Bundesmünzen [Coins of the British Museum, Aetolia
pl. XXX 3—5), und es wäre wohl denkbar, dass der Ver-
fertiger eine solche Münze gekannt hätte, zumal da ein
ähnlicher Hut auch bei den Jägern über der Höhle wieder-
kehrt. Auf Atalante folgt Oeneus, wie auf 235 ohne jedes
Attribut. Er wendet den Kopf nach seinem Sohne hin
und begleitet seine offenbar sehr lebhafte Rede mit einer
Bewegung der rechten Hand, zeigt aber keineswegs auf
Atalante. Meleager ist ihm zugekehrt, sonst aber fast
genau wie auf 230 dargestellt. Auch die ganze Grup-
pirung stimmt mit diesem Exemplar überein, nur haben
Atalante und Meleager ihre Plätze getauscht. In den Inter-
vallen zwischen diesen Hauptfiguren werden im Hinter-
grund drei nach rechts schreitende Männer sichtbar, frap-
pant an die Netzträger von 235 erinnernd, aber ohne das
Jagdnetz; sie sind mit Chiton, Mantel und Stiefeln be-
kleidet; der mittlere ist unbärtig, die anderen bärtig. Der
letzte trägt in der Rechten einen kurzen Stab, der an die
Netzgabel erinnert, vgl. 236 a. Alle drei blicken nach der
Mitte.

Am linken Ende der Jagdscene erscheint als neue
Figur Diana, die für die zweite, einscenige Classe der
römischen Meleager-Sarkophage 242 fr. an dieser Stelle
typisch und vielleicht von ihnen entnommen ist. Es scheint,
dass man sie dort bei der Umwandlung der zweiscenigen
Composition zu einer einscenigen an Stelle der Atalante
eingesetzt hat. Die Göttin trägt geschürzten Chiton, um
den als Gürtel eine kurze Chlamys gelegt ist, und Jagd-
stiefel. Ihr Haar ist über der Stirn zu einer Schleife zu-
sammengebunden. Sie ist nach links bewegt wie Ata-
lante auf 233. 234, hält aber nicht den für diese charak-

teristischen Speer, sondern trägt in der Linken den Bogen
und fasst mit der Rechten in den Köcher, so dass sie etwas
an die Artemis von Versailles erinnert. Jeclesfalls ist sie
nach einem statuarischen Vorbild copirt, und dieser Umstand
muss davor warnen, ihrer Action ein zu grosses Gewicht
beizulegen. Unmöglich kann sie sich an der Jagd auf den
von ihr selbst gesandten Eber betheiligen wollen, vielmehr
ist sie nur als, allerdings sehr interessirte, Zuschauerin zu-
gegen. Vor ihr her schreitet Orcus, der hier entschieden
zu der zweiten Scene gehört. Abgesehen von seiner mehr
gebückten Haltung entspricht er ziemlich dem Orcus auf
231 und 233, nur ist die rechte, den Zipfel des Panther-
fells anfassende Hand weiter vorgenommen; auch fehlt das
Köcherband. Das Antlitz hat einen mürrisch finsteren
Ausdruck. Zwischen seinen Beinen ist zur Raumausfülluno-
das untere Ende eines Baumstamms angebracht. Im Relief-
grund rechts sein frei vor ihm herlaufender Hund, vgl. 234.
Dann die beiden Dioscuren, sehr ähnlich denen auf 230
und 231. Der erste, der den Meleager an seinem rechten
Unterarm anfasst, ist in Rückenansicht dargestellt wie auf
230. Der zweite, mit aufgeregt erhobener linker Hand wie
auf 230 und 231, trägt eine den ganzen Körper bedeckende
Chlamys, deren Saum er mit der Linken fasst. Beide
Dioscuren sind ohne Waffen. Die Hauptgruppe: Meleager,
Atalante und der Eber mit den beiden ihn anfallenden
Hunden stimmt völlig mit 230—235 überein. Atalante trägt
wie auf 235 die sogenannte Melonenfrisur. Ueber der nur
schwach angedeuteten Höhle die beiden typischen Jäger,
hier im aetolischen Hut und in der Chlamys, die bei dem
einen nur auf der linken Schulter aufliegt, bei dem andern
den ganzen Oberkörper bedeckt. Beide sind, wie auf 230.
233, einander zugewandt und anscheinend im Gespräch mit
einander begriffen. Der zur Linken erhebt mit der linken
Hand einen Stein zum Wurf; der zur Rechten legt die
rechte Hand an den oberen Saum seiner Chlamys und
blickt seinen Gefährten aufmerksam an. Der Speerwerfer
hinter dem Eber wie auf 230. 231. 233. Ancaeus ist,
wie auf 228 und 235, jugendlich gebildet, jedoch stimmt
er in Stellung und Kopfwendung mehr zu 231. Wie auf
225 und 226 fehlt ihm nicht nur der Schwertgurt, sondern
überhaupt jegliche Waffe. Der stehende Verwundete wie
auf 225. 226. 228. 230 — 235. Ueber ihm in der rech-
ten oberen Ecke ein überhangender Felsen; rechts neben
ihm ein aus einer Höhle, herauskommendes Kaninchen, das
an einer Frucht, wahrscheinlich eine Traube, nascht. Von
der Figur des Orcus bis zu der des stehenden Verwundeten
ist unten Felsterrain angegeben; Schilf dagegen ist nirgends
angedeutet.

Auf der linken Schmalseite Fig. 236a zwei Netz-
träger in Exomis und Jagdstiefeln, in der Rechten die
zum Aufstellen des Netzes bestimmte Gabel, der erste
 
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