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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 3.1844

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Erholungsreife durch einen Theil des Großherzogthums
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https://doi.org/10.11588/diglit.22585#0015
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Frieden gab es in der deutschen Reichsverfassung keinen Haltpunkt
mehr; die Grundsäulcn waren erschüttert, das Haupt wankte, und
alle Glieder wichen aus ihren Fugen. Dazu kam der seichte öffent-
liche Geist, welcher die Nation lähmte rind irrführte, das Ueberhand-
nehmen despotischer Negierungsgrnndsätze an den Fürstenhöfen und der
unbegränzte Misbrauch des Juristenwesens. Bei solchen allgemeinen
Nebeln — wie konnten die kleinen Neichörepubliken in alter Blüthe
fortbestehen? Nnd namentlich diejenigen, welche das Schicksal hatten,
an ein Fürstenhaus verpfändet zu seyn, wie konnten sie nur halb-
erträglich gedeihen unter all' den Hemmnissen, Eingriffen und Ehikanen
der fürstlichen Regierungen und Amtleute? Gleichwohl aber hielten
sie sich oftmals tapfer genug. Die Geschichte von Offenburg liefert
ein rührendes Beispiel, wie sie sich Jahrhunderte hindurch abmühten,
den Rest ihrer Freiheit zu bewahren (H. Diese Anerkennung muß
ihrem Namen ungeschmälert gezollt werden, viele größere Staaten
haben nicht gethan, was sie.
Während meines Verweilens in Offenburg klärte sich der Him-
mel wieder auf, und ich konnte den Ortenbcrg besuchen, wo die
uralte Hauptveste des ortcnanischen Reichslandes noch in stolzen Trüm-
mern liegt G). Ich betrat die Höhe nicht ohne ein Gefühl von Ehr-
furcht, bewunderte die Stärke und das theilweis hohe Alterthnm der
Mauern, und ergötzte mein Herz an der wundervollen Aussicht, welche
man hier über den Eingang des herrlichen Kinzigthales genießt. Voll-
kommen befriedigt durch diesen kleinen Ausflug kehrte ich nach Offen-
burg zurück, um meine Fnßreise bei so günstiger Witterung nun
weiter fortzusetzen.
Mein nächstes Ziel war Lahr, welches ich bisher nur immer im
Vorbeigehen gesehen hatte. Die Bergstraßgegend wurde von Offenburg
an immer schöner und mannigfaltiger, und mit wachsendem Vergnügen
wanderte ich neben den in üppiger Frucht stehenden Wein- und Obst-
gärten hin. Welch' ein gesegnetes Land ist diese Ortenau! Und
hätten sie früher nicht so ungünstige Schicksale getroffen — cs wäre
Offenburg ein großes Gemeinwesen geworden, cs wären die kleinern
Städte schon früher emporgekommen und die Landgemeinden zu einem
noch blühcndern Wohlstände gediehen. Aber da trennte sich der schöne
(5) Vergleiche B a d e n i a 11, 11.
(6) Damals war die Wieoerhcrstellnng des Schlosses durch Herrn von Berk-
holz noch nicht begonnen, die inzwischen bis auf die innere Einrichtung
vollendet wurde. Vergleiche Bad en la I, 262.
 
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