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Verein für Badische Ortsbeschreibung [Editor]
Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung — 3.1844

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Die kirchliche Glaubensänderung zu Ladenburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.22585#0217
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aus natürlicher Anlage, theils aus Kränkung über verlorenen Einfluß,
oder über erlittene Unbilden, oder aus Haß gegen die herrschende An-
sicht — sich dem Arianismus in die Arme geworfen, und aufNeuser's
Betrieb entschlossen hatten, nach Siebenbürgen zu eutfliehen, um da-
selbst ihre Lehre in's Leben einzuführen.
Welch' ein abenteuerlicher Plan! Er war aber auch eben so gefährlich,
was sich in Bälde traurig bewahrheiten sollte. Denn durch ihren Brief-
wechsel verrathen, wurden Silvan, der Diakonus Vehe von Lautern
und der Prediger Suter von Feidenheim auf Befehl des Kurfürsten
gefänglich eingezogen, während Neuser noch Gelegenheit fand, durch
schnelle Flucht seiner Mitverhaftung zu entgehen. Die streng eingeleitete
Untersuchung erwies leider das Verbrecherische in den Lehren und
Absichten der Verschworenen; die beiden Schicksalsgenossen Silvan's
wurden des Landes verwiesen, er selbst aber, als der am meisten
Belastete, in längerer Verwahrung gehalten, wobei man jedoch so
menschlich war, ihm seinen zehnjährigen Sohn als Gesellschafter zu
lassen.
Das Unglück hatte es gewollt, daß man unter den Papieren
Silvan's einen (manischen Traktat vorfand G*); und wollte jetzt
ferner, daß ihn der Kurfürst aus der weltlichen Gerichtsbarkeit den
Theologen überlieferte. Der Arme, jetzt war er schon gerichtet!
Olevian und die übrigen Kirchenräthe, welche allesammt doch auch
den angeborenen Glauben verlassen hatten, um ihrer Ueberzeugung
zu folgen, welche allesammt für diese Ueberzeugung doch auch einst
im Gefängnisse geschmachtet, oder Schmach und Verfolgung erfahren
— sie fühlten nichts im Herzen, was für den reuigen, um Gnade
flehenden Verirrten sich geregt hätte; einstimmig wurde er von ihnen
als ein Gotteslästerer zum Tode verdammt!
Ueber dieses barbarische Verdammungsnrtheil äusserten sich die
Rechtsgelehrten in offener Mißbilligung, und der Kurfürst wagte es
lange nicht, dasselbe zu bestätigen. Erft nachdem auf eingeholten Rath
auch von Sachsen aus, den heidelbergischen Theologen beigestimmt
worden, that er es; aber selbst jetzt noch widerstrebenden Herzens und
blos aus der frommen Furcht, durch Schonung des Verirrten die
göttlichen Rechte zu verletzen! So wurde denn der unglückliche

(21) Freilich, schon dessen Aufschrift: „Wider den dreipersönlichen Abgott und
zweinaturten Götzen" mußte empören.
 
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