Verein für Badische Ortsbeschreibung [Hrsg.]: Badenia oder das badische Land und Volk: eine Zeitschr. zur Verbreitung d. histor., topograph. u. statist. Kenntniß d. Großherzogthums ; eine Zeitschrift des Vereines für Badische Ortsbeschreibung (3.1844)

296

herabzunehmen und ihm zu bringen. Diese „zauberischen Sachen"
wollte Schindler zum Schießen gebrauchen, wurde aber verrathen
und mit seinen Helfern gefänglich Ungezogen s und „solch' erschrecklicher
Superstition und gottlosen verruchten Werkes wegen" um zweihundert
Gulden gestraft.
Etwas Aehnliches enthält auch das folgende Stück, die „gütliche
Bekanutnuß und Aussag des Georg Weiß von Kroschweier" aus dem
Jahr sechzehuhundert und dreizehn. Dieser Weiß bekennt, daß sein
Meister, Hanns Veltin von Wagshurst, einst nächtlicher Weile mit
ihm nach Steinbach zum Hochgerichte gegangen, dasselbe erstiegen und
die Kette, woran noch ein Stück vom Strange und ein Kopf gehangen,
herausgerissen und zu sich gesteckt habe. Nachdem nun beide heim-
gekehrt, wurde die Kette zerschlagen und die einzelnen Geleiche als
Zaubermittel aufbewahrt; der Strang aber aufgelöst, gehechelt und
in der nächsten Christnacht, dieweil man die Schreck leutete, von
Weißens kleiner Schwester „unberufen gesponnen". Der gute Jörg
bekannte mit naiver Treuherzigkeit, er habe von diesem Zauberfaden
auch ein Stück erhalten, doch dasselbe „zu keinem andern Ding, denn
allein zum Spielen brauchen wollen, aber nichts damit gewonnen,
und es deswegen hinweggeworfen".
Mit dem Bekenntnisse des Weiß endigten sich die kleinern Stücke,
und es folgten jetzt als Rest des ganzen Aktenschatzes sechs Bünde,
jedweder zn fünfzig bis sechzig Piecen — lauter Herenprozesse aus
der Landvogtei Ortenau. Sie beginnen in der zweiten Hälfte des
sechzehnten und schließen mit der ersten des folgenden Jahrhunderts;
also während eines Zeitraums von kaum drei Menschenaltern und
innerhalb des kleinen Bereiches der ortenauischcn Gerichte Achern,
Ortenberg, Griesheim und Appenweier fielen nicht weniger als
über dreihundert Opfer jenes Wahnsinns der Heren Verfolgung!
Der Leser erläßt es mir, ihm Einzelnes aus diesen Prozessen zn be-
zeichnen; ich hatte drei Tage lang daran durchzugehen, und jedesmal
war meine Seele so erschöpft, niedergedrückt und verdüstert, daß es der
muntersten Abendgesellschaft nicht gelingen konnte, mich wieder in
etwas aufzuheitern!
Man hat die Barbarei der Hercnverfolgung dadurch zu erklären
und zn mildern gesucht, daß man annahm, es habe theils wirklich
viele verworfene Wesen gegeben, welche in dem vermessenen Dünkel
der Zauberei durch heimliche Umtriebe und Mittel großes Unheil unter
ihren Mitmenschen gestiftet; - theils sepen viele andere Frauen und