Besprechungen
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Donaukultur zu reihen ist- Endlich bei den S. 34 genannten Fällen der Mischung von
Scherben mit Spiral- und Gtichverzierung handelt es sich vor allem um. Fälle, wie die an
sich einheitliche Rottweiler Mischkeramik.
Die bedauerliche Spärlichkeit der bis jetzt einzigen Erkenntnisquelle der Schnur-
keramik, der Gräber, kann wirklich, nicht erklärt werden mit ungenügender, nicht bis zur
alten Oberfläche vorgedrungener Ausgrabung (S. 42f.); ebenso klingt nachher die S. 86
ausgesprochene Mahnung, die Brand- und Schuttschichten der provinzialrömischen Sied-
lungen auf Reste elbgermanisch-frühalamannischer Schalenreste planmäßig zu durch-
suchen, etwas theoretisch.
Der Versuch, die Folge der Bronze-, Hallskatt- und Latenezeit vorwiegend unter
ethnischem Gesichtspunkt vorzuführen, bedeutet zwar eine gewisse Vertiefung, scheitert
aber vorläufig noch an der völkischen Ülneinheitlichkeit besonders der Hallstattkultur, die
sich auch durch die Annahme einer keltischen Ausprägung im Westen und einer illyrischen
im Osten nicht ganz fassen läßt. Ich vermisse vor allem eine Aufklärung über den Begriff
der „Kelten" als Träger der Bronze- und Hallstattkultur („ülrkelten", von W. „Proto-
kelten" genannt) und der Kelten im engeren Sinn als Repräsentanten des Latenestils.
In seiner Darstellung fällt z. B. die an sich und in ihrem grundlegenden Unterschied
gegenüber der Fürstenzeit (Späthallstattzeit) so deutlich erfaßbare Blütezeit der bäuer-
lichen Hallstattperiode (Reinecke C; besser vielleicht älteres Hallstatt genannt) fast ganz
unter den Tisch, jedenfalls in ihrer wirklich eindeutigen Sonderart. Dagegen verdient die
Darstellung der als ortsfremde Herrenfchicht, die ja auch im Burgenbau sich ausfpricht,
und die als volkliche Überfremdung sich, äußert — nach meiner Meinung hängt sie mit
alten bandkeramischen Elementen des mitteleuropäischen Ostens zusammen, wie ich lieber
statt illyrifch sagen möchte — auftretenöen Arnenfelder-Bewegung durchaus Zustimmung.
Ihr schreibe ich die erste Besetzung des Jpf und damit die Bildung eines Gaufürstentums
zu. Die folgende Hallstattzeit drängt sie wieder zurück, bis sie dann in der Endstufe wie-
der in die Höhe kommt, um dann freilich bald, durch Entwurzelung geschwächt, dem An-
sturm der Kelten, anfangs bloß ihrer Kultur, dann auch ihrem Volkstum zu erliegen.
Die zwei folgenden Kapitel „Ariovist und die Römerzeit" und „Die Ale-
mannen" stellen alles Wesentliche dieser historisch so belebten, aber auch verwickelten
Zeit gut dar. Die Probleme der Kontinuität werden vorsichtig und gerecht nach allen
Seiten erörtert. Aufgefallen ist mir, daß 2. 70 die Abwanderung der Boier aus Böhmen
mit der Einwanderung der Markomannen zeitlich so verbunden wird, daß jene „der
Kraftentladung der Elbgermanen" ausgewichen wären. Die Boier haben Böhmen um
60 v.Chr. verlassen, indes diese erst um die Zeitenwende hereingekommen sind. Welche
Germanen es find, gegen die Cornelius Clemens im Jahre 73/74 n.Chr. mit größtem Auf-
gebot zwischen Oberrhein und Oberöonau zu Felde gezogen ist, würde man gerne wissen;
ehe darüber auf archäologischem Wege — der der einzig mögliche zu sein scheint — positive
Aufklärung kommt, muh „bellum Oermsnwum " als Krieg in der — allerdings erst etwas
später so genannten — Provinz Germanien erklärt werden; das mußte ich auch Hertlein
immer entgegenhalten bei allem Bedürfnis, hier das Rachleben swebisch-markomannischer
Reste festzustellen. In der Frage des Nachlebens der römischen Städte (S. 81) ist die Be-
merkung über Sumelocenna-Sülchen (Rottenburg) nicht ganz richtig, sofern starke Reste
der gallorömifchen Bevölkerung am Ort bleiben, und sofern, wie die Äbernahme von römi-
schen Bauten zeigt, bald in der frühdeutschen Zeit innerhalb der Mauern wieder gesiedelt
worden ist. Die Einschätzung der Bedeutung des Römischen für die ganze Kulturentwick-
lung ist eine durchaus gerechte. W. gibt sich dann auch Mühe, eine der auffallendsten Er-
scheinungen der alamannifchen Zeit, das Fehlen von Gräbern der Zeit zwischen 260—450,
aufzuklären. Hier liegt in der Tat vor allem ein, wenn auch bei der Schwierigkeit unver-
schuldetes, Versagen der Forschung vor. Den S. 83 aus der reichen Ausstattung des bis
jetzt einzigen Grabes dieser Zeit, des Salemer Grabes, gezogenen Schluß, daß weitere
Gräber dieser Zeit wegen des Fehlens des Ausweises durch die Beigaben nicht als solche
erkannt werden, verstehe ich in feiner Logik-nicht ganz.
Zum Schluß fei noch die schlichte, aber eindrucksvolle Bebilderung erwähnt, so-
wie die Karten der drei wichtigsten Siedlungsperioden, der neolithischen, der hallstatt-
zeitlichen und der alamannischen. Die für die Karten gewählte Unterlage wäre deutlicher,
wenn statt der zwar stark im Bilde zurücktretenden, aber für das Ganze unnötigen Ver-
ästelung der Gewässer der Höhenaufbau der Landschaft angedeuket wäre. Voll erreicht
ist durch die drei Karten der Nachweis, daß — mit Ausnahmen natürlich — das Sied-
lungsland sich feit der Zeit der neolithischen Bauern nicht wesentlich verändert oder er-
weitert hat, und daß namentlich das Siedlungsgebiet der Alamannenzeit sich mit dem in
der 1. Hälfte des 1. Jahrtausends v.Chr. gewonnene^. Bestand an besiedeltem und land-
wirtschaftlich ausgenutztem Land deckt — ein überaus wichtiger Gedanke, der im Text
immer wieder herausgearbeitet wird.
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Donaukultur zu reihen ist- Endlich bei den S. 34 genannten Fällen der Mischung von
Scherben mit Spiral- und Gtichverzierung handelt es sich vor allem um. Fälle, wie die an
sich einheitliche Rottweiler Mischkeramik.
Die bedauerliche Spärlichkeit der bis jetzt einzigen Erkenntnisquelle der Schnur-
keramik, der Gräber, kann wirklich, nicht erklärt werden mit ungenügender, nicht bis zur
alten Oberfläche vorgedrungener Ausgrabung (S. 42f.); ebenso klingt nachher die S. 86
ausgesprochene Mahnung, die Brand- und Schuttschichten der provinzialrömischen Sied-
lungen auf Reste elbgermanisch-frühalamannischer Schalenreste planmäßig zu durch-
suchen, etwas theoretisch.
Der Versuch, die Folge der Bronze-, Hallskatt- und Latenezeit vorwiegend unter
ethnischem Gesichtspunkt vorzuführen, bedeutet zwar eine gewisse Vertiefung, scheitert
aber vorläufig noch an der völkischen Ülneinheitlichkeit besonders der Hallstattkultur, die
sich auch durch die Annahme einer keltischen Ausprägung im Westen und einer illyrischen
im Osten nicht ganz fassen läßt. Ich vermisse vor allem eine Aufklärung über den Begriff
der „Kelten" als Träger der Bronze- und Hallstattkultur („ülrkelten", von W. „Proto-
kelten" genannt) und der Kelten im engeren Sinn als Repräsentanten des Latenestils.
In seiner Darstellung fällt z. B. die an sich und in ihrem grundlegenden Unterschied
gegenüber der Fürstenzeit (Späthallstattzeit) so deutlich erfaßbare Blütezeit der bäuer-
lichen Hallstattperiode (Reinecke C; besser vielleicht älteres Hallstatt genannt) fast ganz
unter den Tisch, jedenfalls in ihrer wirklich eindeutigen Sonderart. Dagegen verdient die
Darstellung der als ortsfremde Herrenfchicht, die ja auch im Burgenbau sich ausfpricht,
und die als volkliche Überfremdung sich, äußert — nach meiner Meinung hängt sie mit
alten bandkeramischen Elementen des mitteleuropäischen Ostens zusammen, wie ich lieber
statt illyrifch sagen möchte — auftretenöen Arnenfelder-Bewegung durchaus Zustimmung.
Ihr schreibe ich die erste Besetzung des Jpf und damit die Bildung eines Gaufürstentums
zu. Die folgende Hallstattzeit drängt sie wieder zurück, bis sie dann in der Endstufe wie-
der in die Höhe kommt, um dann freilich bald, durch Entwurzelung geschwächt, dem An-
sturm der Kelten, anfangs bloß ihrer Kultur, dann auch ihrem Volkstum zu erliegen.
Die zwei folgenden Kapitel „Ariovist und die Römerzeit" und „Die Ale-
mannen" stellen alles Wesentliche dieser historisch so belebten, aber auch verwickelten
Zeit gut dar. Die Probleme der Kontinuität werden vorsichtig und gerecht nach allen
Seiten erörtert. Aufgefallen ist mir, daß 2. 70 die Abwanderung der Boier aus Böhmen
mit der Einwanderung der Markomannen zeitlich so verbunden wird, daß jene „der
Kraftentladung der Elbgermanen" ausgewichen wären. Die Boier haben Böhmen um
60 v.Chr. verlassen, indes diese erst um die Zeitenwende hereingekommen sind. Welche
Germanen es find, gegen die Cornelius Clemens im Jahre 73/74 n.Chr. mit größtem Auf-
gebot zwischen Oberrhein und Oberöonau zu Felde gezogen ist, würde man gerne wissen;
ehe darüber auf archäologischem Wege — der der einzig mögliche zu sein scheint — positive
Aufklärung kommt, muh „bellum Oermsnwum " als Krieg in der — allerdings erst etwas
später so genannten — Provinz Germanien erklärt werden; das mußte ich auch Hertlein
immer entgegenhalten bei allem Bedürfnis, hier das Rachleben swebisch-markomannischer
Reste festzustellen. In der Frage des Nachlebens der römischen Städte (S. 81) ist die Be-
merkung über Sumelocenna-Sülchen (Rottenburg) nicht ganz richtig, sofern starke Reste
der gallorömifchen Bevölkerung am Ort bleiben, und sofern, wie die Äbernahme von römi-
schen Bauten zeigt, bald in der frühdeutschen Zeit innerhalb der Mauern wieder gesiedelt
worden ist. Die Einschätzung der Bedeutung des Römischen für die ganze Kulturentwick-
lung ist eine durchaus gerechte. W. gibt sich dann auch Mühe, eine der auffallendsten Er-
scheinungen der alamannifchen Zeit, das Fehlen von Gräbern der Zeit zwischen 260—450,
aufzuklären. Hier liegt in der Tat vor allem ein, wenn auch bei der Schwierigkeit unver-
schuldetes, Versagen der Forschung vor. Den S. 83 aus der reichen Ausstattung des bis
jetzt einzigen Grabes dieser Zeit, des Salemer Grabes, gezogenen Schluß, daß weitere
Gräber dieser Zeit wegen des Fehlens des Ausweises durch die Beigaben nicht als solche
erkannt werden, verstehe ich in feiner Logik-nicht ganz.
Zum Schluß fei noch die schlichte, aber eindrucksvolle Bebilderung erwähnt, so-
wie die Karten der drei wichtigsten Siedlungsperioden, der neolithischen, der hallstatt-
zeitlichen und der alamannischen. Die für die Karten gewählte Unterlage wäre deutlicher,
wenn statt der zwar stark im Bilde zurücktretenden, aber für das Ganze unnötigen Ver-
ästelung der Gewässer der Höhenaufbau der Landschaft angedeuket wäre. Voll erreicht
ist durch die drei Karten der Nachweis, daß — mit Ausnahmen natürlich — das Sied-
lungsland sich feit der Zeit der neolithischen Bauern nicht wesentlich verändert oder er-
weitert hat, und daß namentlich das Siedlungsgebiet der Alamannenzeit sich mit dem in
der 1. Hälfte des 1. Jahrtausends v.Chr. gewonnene^. Bestand an besiedeltem und land-
wirtschaftlich ausgenutztem Land deckt — ein überaus wichtiger Gedanke, der im Text
immer wieder herausgearbeitet wird.
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