Der König wandte sich betroffen um und sagte:
Wir vom Regiment verfahren also nicht. — Doch, es ist unheimlich hier. Der Himmel ist
blau, aber Blitz um Blitz zuckt mir in die Augen.
Der König wandte sich nach dem Freien zu und schaute ins Land hinaus. Der Arzt kehrte
sich um und blickte in den Hof. Ihr kennt nun das neue Rätsel, das meine Seele treibt,
sagte der König. Suchet das Geheimnis des heilenden Lichtes zu ergründen, und lasset mich
jetzt allein. Ich sehe eine Gespielin meiner seligen Frau. Eilfertig kommt sie den Berg
herauf. Sie bringt mir eine Botschaft, vielleicht eine gute.
Der König winkte dem Gelehrten zum Abschied und eilte vom Walle hinunter in den Hof.
Der Arzt aber eilte auf einsamen, abgelegenen Pfaden durch Winkel und Hinterhöfe in sein
Gemach. Es war gut, daß ihm niemand begegnete, denn er war auf dem ganzen Wege von
zuckendem Blitzleuchten umgeben.
In seiner Kammer angelangt, holte er aus einem Wandkasten ein kleines Fläschchen; darauf
stand geschrieben: Flüssiges Feuer. Das steckte er in die Tasche. Dann stellte er sich
an das Fenster hinter den Laden und spähte nach dem Dirnlein aus. Dabei wetterleuchtete
seine Stirne unablässig.
Der König aber war hinunter gegangen in den Hof, und unter der großen Linde am Burg-
graben erwartete er den Gast, den er den Schloßberg hatte heraufeilen sehen. Es war die edle
Frau vom Sonnengarten.
Des Königs verstorbene Gattin nämlich hatte unter ihren Frauen zweie, die ihr besonders
teuer waren. Die eine war blond und voll mit lachenden blauen Augen. Kein Mensch konnte
sich rühmen, ihre rechte Hand ohne Handschuh gesehen zu haben. Die andere war schlank
und blaß mit braunen Locken, die ihr schmales Gesicht umrahmten, und mit sanften dunkeln
Augen. Zu der ersten pflegte die Königin zu sagen: „meine Sonne“, und zu der andern: „mein
Mond“; die eine wollte sie immer zu ihrer Rechten, die andere zu ihrer Linken haben, und es
war ihr ein rechter Schmerz, daß sich die beiden Frauen so gar nicht mochten, sondern in
Eifersucht und Streit einander begegneten.
Nun besaß die Frau Königin einen wunderschönen Park. Den hatte ihr der König am
Hochzeitsmorgen geschenkt, und die beiden Gatten verlebten darinnen ihre seligsten Stunden.
Die Schwermut des Königs war damals auch schon leise da, aber durch das Glück der Liebe
wurde sie gedämpft, und gerade in jenem Garten hauchte sie sich aus in eine stille, selige
Wehmut.
In der Mitte des Gartens hatte der König die Bäume fällen und den Boden roden lassen.
Nur eine hohe Eiche ließ er stehen, gerade im Mittelpunkt. Auf den Boden ließ er Gras
säen, und bald breitete sich um die Eiche ein kreisrunder grüner Rasenteppich. Hier weilte
der König mit seiner Gemahlin am liebsten, und wenn sie nicht allein sein wollten, waren
die beiden Freundinnen der Königin dabei, und die Gatten belustigten sich an dem Wider-
streit der klugen und wohlberedten Frauen.
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Wir vom Regiment verfahren also nicht. — Doch, es ist unheimlich hier. Der Himmel ist
blau, aber Blitz um Blitz zuckt mir in die Augen.
Der König wandte sich nach dem Freien zu und schaute ins Land hinaus. Der Arzt kehrte
sich um und blickte in den Hof. Ihr kennt nun das neue Rätsel, das meine Seele treibt,
sagte der König. Suchet das Geheimnis des heilenden Lichtes zu ergründen, und lasset mich
jetzt allein. Ich sehe eine Gespielin meiner seligen Frau. Eilfertig kommt sie den Berg
herauf. Sie bringt mir eine Botschaft, vielleicht eine gute.
Der König winkte dem Gelehrten zum Abschied und eilte vom Walle hinunter in den Hof.
Der Arzt aber eilte auf einsamen, abgelegenen Pfaden durch Winkel und Hinterhöfe in sein
Gemach. Es war gut, daß ihm niemand begegnete, denn er war auf dem ganzen Wege von
zuckendem Blitzleuchten umgeben.
In seiner Kammer angelangt, holte er aus einem Wandkasten ein kleines Fläschchen; darauf
stand geschrieben: Flüssiges Feuer. Das steckte er in die Tasche. Dann stellte er sich
an das Fenster hinter den Laden und spähte nach dem Dirnlein aus. Dabei wetterleuchtete
seine Stirne unablässig.
Der König aber war hinunter gegangen in den Hof, und unter der großen Linde am Burg-
graben erwartete er den Gast, den er den Schloßberg hatte heraufeilen sehen. Es war die edle
Frau vom Sonnengarten.
Des Königs verstorbene Gattin nämlich hatte unter ihren Frauen zweie, die ihr besonders
teuer waren. Die eine war blond und voll mit lachenden blauen Augen. Kein Mensch konnte
sich rühmen, ihre rechte Hand ohne Handschuh gesehen zu haben. Die andere war schlank
und blaß mit braunen Locken, die ihr schmales Gesicht umrahmten, und mit sanften dunkeln
Augen. Zu der ersten pflegte die Königin zu sagen: „meine Sonne“, und zu der andern: „mein
Mond“; die eine wollte sie immer zu ihrer Rechten, die andere zu ihrer Linken haben, und es
war ihr ein rechter Schmerz, daß sich die beiden Frauen so gar nicht mochten, sondern in
Eifersucht und Streit einander begegneten.
Nun besaß die Frau Königin einen wunderschönen Park. Den hatte ihr der König am
Hochzeitsmorgen geschenkt, und die beiden Gatten verlebten darinnen ihre seligsten Stunden.
Die Schwermut des Königs war damals auch schon leise da, aber durch das Glück der Liebe
wurde sie gedämpft, und gerade in jenem Garten hauchte sie sich aus in eine stille, selige
Wehmut.
In der Mitte des Gartens hatte der König die Bäume fällen und den Boden roden lassen.
Nur eine hohe Eiche ließ er stehen, gerade im Mittelpunkt. Auf den Boden ließ er Gras
säen, und bald breitete sich um die Eiche ein kreisrunder grüner Rasenteppich. Hier weilte
der König mit seiner Gemahlin am liebsten, und wenn sie nicht allein sein wollten, waren
die beiden Freundinnen der Königin dabei, und die Gatten belustigten sich an dem Wider-
streit der klugen und wohlberedten Frauen.
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