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Berger, Hermann
Zwei Probleme der mittelindischen Lautlehre — München, 1955

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https://doi.org/10.11588/diglit.20586#0030
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Die Beurteilung der Prakrits wird außerdem dadurch erschwert, daß ihnen
schon eine Reihe von ^-Wörtern fehlt, die im Pali noch vorhanden sind.
Trotzdem lehrt schon ein kurzer Blick auf die §§ 48 — 57 der Pischelschen
Grammatik, daß sich auch die Prakrits im großen und ganzen wie das Pali
verhalten haben. Ich habe aber die Prakritwörter nur angeführt, wenn sie
für die Erklärung des entsprechenden Paliwortes von Wichtigkeit waren
oder ausnahmsweise einen altertümlicheren Lautstand erhalten haben.
Sekundäres s im Sanskrit
Bevor wir die soeben erarbeiteten phonetischen Regeln auf das Wort-
material des Pali anwenden können, muß noch ein Punkt besprochen werden,
der bei allen lautgeschichtlichen Untersuchungen im Bereich des Mi. eine große
Rolle spielt und bisher immer noch viel zu wenig beachtet wurde: ein mi. Wort
braucht nicht in jedem Falle der unmittelbare Nachfolger des entsprechenden
Sanskritwortes zu sein, sondern dieses kann entweder erst durch künstliche Sans-
kritisierung eines Prakritwortes entstanden sein oder auf eine andere Vorform
als der mi. Verwandte zurückgehen. Beide Möglichkeiten müssen bei der
Geschichte des j besonders berücksichtigt werden, denn s war einerseits als
ein der Volkssprache völlig fremder Laut besonders gut geeignet, um Desi-
Wörtern einen „feinen" Anstrich zu geben, andererseits bestand bei einer
Entlehnung des Ai. bei der notorisch flüchtigen Aussprache der kurzen Vokale
im Indischen gerade bei r-haltigen Silben mehr als anderswo die Möglichkeit
zu verschiedenartiger lautlicher Substitution. Da bei fast allen mi. Wörtern
arischer Herkunft die lautliche Ähnlichkeit mit dem dazugehörigen Sanskrit-
wort noch so groß war, daß falsche Rekonstruktionen nur in einigen Einzel-
fällen möglich waren, kommen hierfür in erster Linie Wörter in Betracht,
die sowohl vom Skt. als auch von den den mi. Sprachen zugrundeliegenden
ai. Dialekten aus den nichtarischen Sprachen Indiens entlehnt worden sind.
Nun ist zwar auf dem Gebiet der indischen Lehnwortforschung in den letzten
Jahrzehnten sehr viel gearbeitet worden, aber es kann keinem Zweifel unter-
liegen, daß wir hier immer noch ganz am Anfang stehen und der Sanskritist
den bisherigen Ergebnissen mit größter Skepsis begegnen muß. In seinen
„Proto-Munda Words in Sanskrit"24 hat Kuiper eine große Anzahl von Sans-
kritwörtern (der Index umfaßt etwa 500) aus den Munda-Sprachen herzuleiten
versucht, aber ich glaube, daß sich nur ein Teil davon halten lassen
wird. Viele der angeführten Wörter gehören Bedeutungsklassen an, die
als „expressiv" einer strengen Etymologisierung von vorneherein unzugäng-
lich sind, so vor allem Wörter für „krumm, buckelig, verschroben", „Batzen,
Klumpen, Menge, Haufen", „Schlamm, Schmutz, Staub, Dampf" und
Außenseiter des Wortschatzes wie „Wasserblase, Knospe, Zweig, Stecken"
usw. Auch die angewandte lautliche Methode kann keineswegs befriedigen.
Wenn man d, t, Ah, th, r, j, c, s, d, t, dh, th, r, z, s, y, l als Varianten eines
Phonems auffaßt und für den Lautbestand des Pm. „a free Variation on a
large scale" annimmt (p. 6), zweifelt man für eine nur erschlossene Sprach-
stufe ein Axiom der Sprachwissenschaft an, das auch schon vor der Begrün-
24 Verhandeling der Koninkliche Nederlandsche Akademie van Wetenschappen, afd.
letterkunde, nieuwe reeks deel LI, Nr. 3.

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