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Rol>eri Hn'nnlittq. Nach ciner Phvtvizcaphic gezeichnet vvil C. Kolb. (s. 7.)

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Kart Kartmaurr-Hllön.
(Nachdruck verboten.)
einer Garten-Restauration, die vor dem
Marienthor lag, und in welcher meistens nur
Studenten, junge Gelehrte und Künstler sich
zusammeusanden, traten um die neunte
Abendstunde zwei junge Leute uud giugeu
langsamen Schrittes ans dem Wege dahin,
der zur Residenz führte. Beide befanden
sich mitten im juristischen Examen und sollten am folgen-
den Tage die letzte mündliche Prüfung bestehen, nach
welcher sie dann ihre Ernennungen Zu erwarten hatten.
Es war ein warmer Augustabcnd, die
Sonne war längst untergegangen, und da
graue Wolkenmassen, mit denen der ganze
Himmel bedeckt war, den Mond um-
schleierten, so herrschte fast Voltige Finster-
uiß unter den Baumkronen der Allee, in
der die beiden Juristen dahinsehritten.
„Hast Du schon mit Deinem Bater we-
gen Deiner Zukunstspläne gesprochen, Voll-
heim?" fragte der kleinere der beiden jungen
Männer, indem er seinen rechten Arm in
den linken seines Begleiters schob. „Bei dem
Lärm der Kommilitonen war cs ganz unmög-
lich, ein vernünftiges Gespräch zu führen."
„Mein Papa war in diesen Tagen so
nut Geschäften überhäuft," erwiederte der
Gefragte, „daß ich bis jetzt noch keinen
paffenden Augenblick dazu finden konnte.
Ich habe auch jetzt die Absicht, damit noch
einige Wochen zu warten."
„Du kamst eine Stunde später, als wir
verabredet hatten; hast Du noch ein wenig
Staats- und Völkerrecht studirt, Knnni?"
„Um in allen Fächern, die zur diplo-
matischen Carriere gehören, möglichst zu
brilliren? Das fehlte noch! Nein, Willi-
- bald, was mein Kopf bis dahin nicht
in fiel) anfgenommen, das läßt er sich
in der letzten Stunde nicht mehr eintrich-
tern. Uebrigens, wir können uns beruhigen
- ich weiß es ans sicherer Quelle -
wir stehen Beide gut, sogar sehr gut, der
Schluß des Mündlichen ändert daran nichts
mehr. Doch das sage ich Dir, Willi,
mein Entschluß steht unabänderlich fest,
mag es bis zum Aenßersten kommen, meinet-
wegen bis zum Bruch mit meinem Vater,
ich gehorche seinem Befehl nicht! Ich
habe nun einmal keine Lust zur Diplo-
matie, ebenso wenig zur ganzen trockenen
Juristerei. Das Reich der Töne war bis
dahin meine Welt und soll es, so Gott
will, bleiben. Was mir mit Gewalt anfge-
drnngen — morgen werfe ich es von mir!"

vollendet hast, hat bereits die Anerkennung kompetenter
Benrtheiler gefunden und es wird durchdringen!"
„Ja," sagte Bollheim, „der Moment scheint aller-
dings günstig. — Die neueste Neuigkeit ist — mein
Vater hat es heute Morgen vom Qberhosmarschall selbst
erfahren — daß der König der romantischen Liebe sei-
nes Sohnes, des Prinzen Ferdinand, kein Hinderniß
mehr in den Weg legen will und seine Einwilligung zu
der Verlobung mit der Reichsgrüfin Felseck gegeben hat."
„Felseck?" ries Willibald in eigenthümlichem Tone.
„Du fragst so sonderbar, — keimst Du die Gräfin?"
„Nein, Konrad, es ist mm der Name, der mich über-
rascht. Der Name Felseck spielt jedenfalls eine Nolle
in dem Geheimniß meiner Blutter, in das sie bis jetzt,
trotz meiner Bitten, mir keinen Einblick hat gewähren
wollen. Durch einen Zufall hörte ich während eines
Gespräches mit ihrem alten Freunde den Namen Felseck
in sehr erregter Weise von den Lippen
meiner Mutter ertönen, und die ängstliche
Frage an mich, als sie mich erblickte, ob
ich den Namen gehört, den sie soeben aus-
gesprochen, bestätigte meine Vermuthuug,
daß derselbe mit denn früheren Leben meiner
Mutter in einer vielleicht verhängniß-
volleu Verbindung steht. Um sie zu be-
ruhigen, sagte ich: Nein."
„Die Ankunft der Reichsgräfin Felseck
wird in den nächsten Tagen erwartet; sie
wird bei ihrer Stiefmutter, der ehemals so
berüchtigten ,wilden Prinzeß' wohnen, die
schon vor einiger Zeit mit ihrem rechten
Sohne nach der Residenz übergesiedelt ist.
Die Braut des Prinzen soll nicht mehr
in der ersten Jugend, zwei- oder dreiund-
zwanzig Jahre alt, aber von einer voll-
endeten Schönheit sein. Die Bekanntschaft
der ,wilden Prinzeß' habe ich bereits ge-
macht, sie kam vor einigen Tagen zu uns,
um meinen Papa, der ihr Bankier ist, zu
sprechen, und ich hatte das Vergnügen, mich
so lange mit ihr zu unterhalten, bis der
Vater kam. Sie ist trotz ihres Alters uoch
eiu imposantes Weib. Du bist so nach-
deuklich geworden, Willi!"
„Der Name geht mir durch den Kopf."
„Der junge Reichsgras Felseck macht
indeß schon viel von sich reden. Er hält
sich hier Stndirens halber auf, besucht aber-
kenn Eolleg. Er soll ein verzogener wilder
Bnrsche sein, dem die Mutter ans Schritt
und Tritt wie einem kleinen Knaben nach-
folgt. Trotzdem entwischt er ihr nur zu oft
und macht dann die tollsten Streiche. Die
Ursache dieser ängstlichen Beaufsichtigung
soll in den! Unistande beruhen, daß der
Sohn ein Bluter ist."
„Ein Bluter? Was ist das?"
„Es gibt Menschen, deren Blut die
hinreichende Fähigkeit fehlt, zu gerinnen.
Werden solche verwundet, oft nur ganz
leicht, so kann in den meisten Füllen die

„Du Glücklicher, der Du es kannst!" sagte mit lei-
sem Seufzer der kleinere der Beiden. „Wo warst Du
heute Nachmittag?" fuhr er uach eiuer kurzem Pause fort.
„Beim Musikdirektor Waidmüller."
„Uud bei seiner schönen Schülerin?"
„Natürlich. Sie hat die Hauptparthie. Von ihr
hängt ein Theil des Erfolges ab. Heute war die letzte
Klavierprobe, morgen beginnen die Qrchesterproben und
in der nächsten Woche ist wahrscheinlich die erste Auf-
führung."
„So bald schon?"
„Ich hoffe es, entschieden ist es noch nicht."
„lind dann geht der Name Konrad Bollheim, Opern-
komponist, durch ganz Deutschland, durch gauz Europa,
ja durch die gau'ze Welt! Das muß schön sein!"
„Mögest Du wahr gesprochen haben, Freund!"
„Ich beneide Dich, Konrad; dm
 
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