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Heft 16. _
dm annahm und allen Ansprüchen entsagte, dte er aus
das Elsaß geltend gemacht hatte.
Nach dein Tode Philipps IV. von Spanien, un
Jahre 1665, forderte Ludwig XIV. im Namen seiner
Gemahlin das Herzogthnm Brabant. Alsbald fiel auch
Turenne mit 40,000 Mann in Flandern em und nahm
eine Festung nach der anderen: Eharleroi, wournai,
Courtrai, Douai, endlich Lille, das in neun Tagen
sich ergab. Der Friedensvertrag von Aachen, am 2. Mai
1668 unterzeichnet, zwang zwar Frankreich, die Franche
Combi an Spanien zurückzustellen, dagegen aber behielt
es seine sämmtlichen Eroberungen in den Niederlanden:
Dornik, Ludenarde, Nyssel, Conrtrai, Eharleroi, Ath,
Binch, Furnes, Bergues, Searpe, Armentwres und
Douai nebst allen dazu gehörigen Aemtern und einigen
anderen Provinzen.
' Nicht lange blieben indeß die Schwerter in den
Scheiden.' Durch allerhand Versprechungen und Jutri-
gueu wußte Ludwig XIV. England auf feine Seite
herüberzuziehen, um seine Eroberungspläne aus die Ver-
einigten Niederlande richten zu können. Die Holländer
aber setzten ihr Land unter Wasser und waren ent-
schlossen, sich lieber über das Meer hinüber nach Ost-
indien zu retten, als sich dem frechen Räuber zu er-
geben; überdies erklärte Prinz Wilhelm von Oranien,
sich bis aus den letzten Mann vertheidigcn zu wollen.
Dann kamen die noch heute im Munde des Volkes
lebenden und durch eine Menge von Trümmern im
Andenken der Menschen erhaltenen himmelschreienden Bar-
bareien Turenne's und seiner französischen Mordbrenner-
banden in der Pfalz und manches harte Treffen zur See
.zwischen den Holländern und den verbündeten Franzosen
und Britten, bis sich Ludwigs Kraft allmühlig erschöpfte
und das englische Volk in seinen König Karl II. drang,
sich mit den Niederländern zu vereinigen und Lud-
wigs XIV. Eroberungsgelüsten ein Ziel zu scheu. So
wurden 1676 endlich zu Nymwegen in Holland zwi-
schen den Kriegführenden Unterhandlungen eröffnet, aus
denen sich der am 17. September 1678 unterzeichnete
Friedensschluß ergab. Derselbe sicherte Frankreich nicht
allein den Besitz der Franche Comte zu, sondern auch
der Städte Cambrm, St. Omer, Valenciennes, Tour-
nai, Charlemont rc. Die Generalstaaten erhielten da-
gegen Maestricht und die Spanier Oudenarde, Gent
und Limburg zurück. Am 5. Februar des nächsten
..Jahres machte auch der deutsche Kaiser Leopold I. seinen
Frieden mit Ludwig XIV., der dem Ersteren Philipps-
burg zurückerstattete, dafür aber Freiburg im Breisgau
.in Empfang nahm. Von Kaiser und Reich im Stiche
.gelassen, mußte schließlich auch Friedrich Wilhelm der
Große von Brandenburg, der einzige wahre Patriot
unter den deutschen Fürsten seiner Zeit, am 29. Juni 1679
zu Saint Germain unweit Paris mit Frankreich Frieden
schließen und alle seine mit unvergleichlicher Helden-
haftigkeit und schweren Geldopfern errungenen Erfolge
Preisgeben. Am tiefsten schmerzte es den edlen Fürsten,
baß seine Bemühungen, Ludwig XIV. das Deutschland
fo schmählich geraubte Elsaß wieder zu entreißen, nun
fruchtlos gewesen waren, und als er dem Friedens-
vertrag seine Unterschrift beisetzte, da sprach er in bit-
terem Weh die bekannten Worte des römischen Dichters
Virgil: „Oxorinre aliqum noMrw ox osmbim ultorR
.(Aus unseren Gebeinen wird der Rächer erstehen.) Und
diesen Rächer an französischer Habgier und Raubsucht,
dem heutigen Geschlechte war es Vorbehalten, ihn er-
stehen zu sehen in des großen Kurfürsten glorreichem
Nachkommen, Kaiser Wilhelm I. von Deutschland.
Wenden wir uns jetzt nach dem Osten, in die Nähe
des nämlichen Schauplatzes, auf dem unlängst erst die
Kriegsfackel in ihrer ganzen Furchtbarkeit loderte, so
begegnen wir einem der größten Feldherren seiner und
aller Zeiten nicht nur, sondern einein der erleuchtetsten
Staatsmänner, welche Oesterreich jemals besessen, den:
Prinzen Eugen von Savoyen-Carignan, dem berühmten
Türkenbezwinger. Am 11. September 1697 war es, da
dieser bei Zenta an der Theiß in Ungarn gegen das
von Sultan Mustapha II. in Person angeführte Os-
manenheer einen glänzenden Sieg erfocht, der nicht
weniger als 25,000 Türken das Leben kostete, die Massen
ber mohammedanischen Krieger nicht gerechnet, welche
in den Fluthen der Theiß ihren Tod sanden. Der
Großwessier und viele andere Paschas blieben aus der
Wahlstatt und das gesammte Geschütz und Gepäck der
Osmanen, auf 9000'Wagen und 60,000 Kameele ge-
laden, fiel den Siegern in die Hände. Diese schwere
Miedeblage nöthigte die Pforte, bei Leopold um Frieden
uachzusuchen, der denn auch am 26. Januar I69n zu
Earlowitz, in der jetzigen ferbisch-banatischen Militär-
grenze, zu Stande kam zwischen den verbündeten Mächten
Testerreich, Rußland, Polen und Venedig einerseits und
der Pforte andererseits. Oesterreich erhielt, was die
Türken im Laufe zweier Jahrhunderte erobert hatten,
vor allem die Städte Ofen, Pesch und Stuhlweißenburg
nebst 15 Komitateu Ungarns, überdies die Provinzen
Slawonien und Sirmien. Rußland behielt das Gebiet
von Asow, Polen das Land Podolien und was es vor
Sultan Mahomed IV. in der Ukraine besessen hatte,
Venedig die Halbinsel Morea bis zum Isthmus. Tie

Das Buch für Alle.
Schlacht von Zenta und der ihr folgende Frieden von
Earlowitz brachen das Uebergewicht der Osmanen im
Osten für immer; von da an haben sie ihre Waffen
niemals wieder fo weit westwärts getragen.
Der große Sieg von Zenta ließ Leopold I. freie
Hand für den bald hierauf hereiubrecheuden laugen
spanischen Erbfolgekrieg, der, vom Prinzen Eugen im
Jahre 1701 durch seinen am 9. Juli bei Carpi im
Veronefischen über den französischen Marschall Catinat
erfochtenen Sieg eröffnet, bis 1714 währte, erst da seinen
letzten Abschluß findend, nachdem er, ein Jahr früher,
zu dem berühmten Utrechter Frieden geführt hatte.
Dieser Vertrag, einer der berühmtesten und wichtigsten
der letzten drei Jahrhunderte, war in vielen Stücken
eine Demüthigung für den greifen König Ludwig XIV.
Derselbe mußte seine Rechte auf die spanische Erbschaft
aufgebcn; Frankreich und Spanien hatten für immer
getrennte Länder zu bleiben, die protestantische Thron-
folge in England mußte anerkannt werden und Ludwig
sortan den vertriebenen Stuarts den ihnen seither ge-
währten Schutz entziehen und zugleich die Festungs-
werke um Dünkirchen schleifen lassen. Ferner mußte
Frankreich an England die Hudsonsbai, Neuschottland
und Neufundland, an Portugal aber seine Ansprüche
auf die südamerikauische Küste zwischen dem Amazonen-
strom und dem Flusse Oyapoc abtreten. Preußen trug
der Frieden zunächst die Anerkennung seiner neuen
Königswürde ein, sodann die Souverünetät über die
Fürstenthümer Neuchatel und Nalengin in der Schweiz
und den Besitz von Geldern mit verschiedenen angren-
den Aemtern. Savoyen endlich, dem die Insel Stritten
zufiel, ward die Anwartschaft auf die Krone Spaniens
zugesvrochen, für den Fall, daß Philipps V. Nachkom-
menschaft aussterben sollte. Der Kaiser Karl V>.,
Maria Theresia's Vater, wollte sich an dem Utrechter
Frieden nicht betheiligen, vielmehr in Verbindung mit
dem deutschen Reiche nunmehr den Krieg gegen Lud-
wig XI V. allein fortführen, vermochte indeß der Ueber-
macht Frankreichs gegenüber keinerlei Lorbeeren zu
pflücken, fo daß er sich am 6. Mürz 1714 ebenfalls zu
einem Frieden mit Frankreich bequemen mußte, dessen
Urkunde zu Rastatt in Baden vollzogen wurde. Na-
türlich waren es keine guten Bedingungen, welche
Karl VI. erlangte, viel ungünstigere, als ihm in Utrecht
Zu Theil geworden sein würden; doch erhielt er die
spanischen Niederlande, Neapel, Mailand, Sardinien,
Mantua und die Seehäfen der toskanischen Küste, wo-
gegen er aber die Kurfürsten von Bayern und Köln,
die als Verbündete Frankreichs in die Acht und ihrer
Länder verlustig erklärt worden waren, in ihre B§sitz-
thümer und Würden wieder einsetzen mußte. Mit dem
deutschen Reiche endlich richtete Frankreich zu Baden
in der Schweiz am 7. September desselben Jahres
einen eigenen Friedensvertrag auf, der jedoch, niit einigen
unerheblichen Modifikationen, nur eine Bestätigung der
Rastatter Friedensstipulationen war.
Altbekannt, nach feinen Ursachen wie feinen Ergeb-
nissen, ist jener Frieden, von welchem Bürger in feiner
„Leonore" singt:
„Ter König und die Kaiserin,
Des langen Haders müde,
Erweichten ihren harten L-inn
Und machten endlich Friede"
die am 15. Februar 1763 auf dem kurfürstlichen
Jagdschlösse Huber tu sbnrg, unweit Wurzen im Leip-
ziger Kreise, zwischen Preußen, Oesterreich und Sachsen
getroffene Vereinbarung, durch welche einer nicht blos
Deutschland und die Kaiserstaaten, sondern a-nch viele
der übrigen Länder Europa's mit Verwüstung, mit
Noth und Elend heimsuchenden siebenjährigen Kriegs-
periode ihr lange ersehntes Ende bereitet wurde. Der
Hubertusburger Frieden war nicht nur der eigentliche
Geburtstag der preußischen Großmacht, er war auch der
Markstein einer neuen Zeit und eines neuen Geistes
in Deutschland, die Wurzel aller unserer jetzigen großen
Errungenschaften. Fünf Tage früher, am Io. Februar
1763, war zu Paris ein anderer Frieden abgeschlossen
worden, der die Feindseligkeiten zwischen England und
Frankreich beendete, die mit den Kämpfen zwischen
Preußen und Oesterreich im engsten Zusammenhänge
standen. Durch diesen Pariser Frieden verlor Frank-
reich fast seine gesammten amerikanischen Besitzungen.
Der letzte welthistorische Friedensschluß des acht-
zehnten Jahrhunderts ist bereits eine der kurzen Ruhe-
pausen in den Napoleonischen Kriegen, der Abschluß von
Bonaparte's ersten Kümpfen mit Oesterreich. Die
Franzosen hatten bei Arcole und Rivoli in Oberitalien
am 15.—17. November 1796 und am 14.—15. Januar
1797, gesiegt, die starke Festuug Mantua iu ihre Ge-
walt gebracht und den Kirchenstaat besetzt. Die Folge
davon war der am 17. Oktober 1797 zu Campo Formio,
einem Schloß in Friaul, zwischen der französischen
Republik und Oesterreich vereinbarte Friedensvertrag,
der u. a. den Freistaat Venedig aus der Reihe der
Lebenden strich. Bei den Vorverhandlungen dieses Ver-
trages war es, daß sich nachstehende öfters erzählte
charakteristische Scene zutrug. Bonaparte beanspruchte
nämlich für Frankreich auch Mantua und die Etschlinie,

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der österreichische Friedensgesandte Graf v. Cobenzl aber
erhob Schwierigkeiten gegen diese weitgehende Forderung.
Da hob der französische Obergeneral eine dem Grafen
von der russischen Kaiserin Katharina II. geschenkte kost-
bare Porcellanvase von einer Confole herab und warf
sie zu Boden, so daß sie zerschellte.
„So sind wir mit unseren Verhandlungen denn zu
Ende," donnerte Bonaparte zornig. „Noch ehe ein
Jahr vergangen ist, werde ich den Staat Ihres Sou-
veräns ebenso zertrümmern wie diese Vase da."
Cobenzl wagte jetzt keine Einwendungen mehr; der
Frieden ward unterzeichnet, durch welchen Oesterreich
sich Istrien, Dalmatien, die Stadt Venedig und das
linke Etschnfer einverleiben durfte, an Frankreich aber,
das außerdem vou den Besitzungen der Venetianer Al-
banien und die Ionischen Inseln für sich beanspruchte,
die Provinzen Mailand nnd Mantua abtrat und dem-
selben in einem geheimen Artikel auch das gesammte linke
Rheinufer bewilligte. Diesem unseligen Friedensschlüsse
folgte auf dem Fuße der Kongreß zu Rastatt nach mit
seinem noch immer unaufgeklärten Gesandtenmorde. —
Die mannigfaltigen Friedensschlüsse unseres eigenen
Jahrhunderts leben zum Theil uoch so frisch im Ge-
denken der Menschen, daß ihre Auszählung nicht in
unserer Absicht lag. Wie geschickt aber auch die Finger
und Federn der Diplomatie gewesen fein mögen, welche
all die verschiedenen Friedensvertrüge einleiteten und
vollzogen — dem Schwerte des Kriegers war es doch
Alles eitel Spinnengewebe, was fie geschaffen haben,
und leider wird noch lange der Tag nicht kommen, an
dem die Geschichte den letzten Friedensschluß in
ihre Tafeln grübt.
(Nachdruck verboten.)
Sprechende Hunde. — Daß englische Hundc-
und Jagdliebhaber im vorigen Jahrhundert oft ihre
Meute so wählten und abrichteten, daß ihr Gebell in
gewisser Weise ein harmonisches zu nennen war, ist
ebenso interessant, als daß schon Plinius von einem
„redenden" Hunde spricht. Diese letztere Mittheilung
gehört Wohl nicht in's Reich der Fabel, denn erwiesener-
maßen können Hunde so abgerichtet werden, daß sie
Töne hervorbringen, die dem Klange nach einem mensch-
lichen Worte, wenn auch nur entfernt, ähneln. So hatte
Hofrath Beireis in Helmstädt, nach Perty, mehrere
Hunde, die aus diese Art abgerichtet waren. Zwei der-
selben sollen: „Marie, bring Kaffee!" und ähnliche Sätze
gerufen oder vielmehr gebellt haben, die man allerdings
nur verstehen konnte, wenn man die Bedeutung des arti-
kulirten Bellens kannte. Immerhin aber doch ein Be-
weis nicht nur für die Geduld ihres Pflegers, sondern
auch für die Klugheit unseres Hausfreundes, genau die
Tonhöhe des Wortes sich einzuprägen. R. Sch.
Cin weises Urtheil. — Als Ludwig XIV. einst
seinen berühmten Minister Colbert fragte, woher es
komme, daß er als der Monarch des großen und volk-
reichen Frankreichs das kleine Holland nicht zu besiegen
vermöge, antwortete der Minister: „Das kommt daher,
Sire, weil die Größe eines Landes nicht von der Aus-
dehnung seines Gebietes, sondern von dem Charakter
seines Volkes abhüngt. Weil die Holländer so fleißig,
nüchtern und energisch sind, wird es Eurer Majestät
so schwer, sie zu überwinden." Ed. Braunfels.
Andere Zeiten. — In seiner „Geschichte der
Musik" erzählt Doktor Burney, daß, als er 1774 nach
London kam, er in der ganzen Stadt weiter keine No-
ten auftreiben konnte, als Händells Hebungen und Or-
gel-Konzerte. — Vor zehn Jahren schon enthielt der
Katalog von Oliver Ditson u. Comp. in Boston etwas
über 33,000 Nummern von Musikstücken. — Findet
in Amerika ein Tanzstück Anklang, so ist es nichts
Außergewöhnliches, daß es eine Auslage von 100,000
Exemplaren erlebt. Der Katalog von Ditson enthält
manche an sich unbedeutende Walzer und Lieder, für
deren jedes der Komponist mehr erbalten hat, als Mo-
zart für den „Don Juan" und die „Zauberflöte" zu-
sammen genommen. R.
Zweifelhafte Beförderung. — Eines Tages
befand sich ein Landjunker bei dem durch seine mehr
als grotesken Spässe bekannten sächsischen General von
Kyau (1654—1733). Er hatte noch niemals eine Sänfte
gesehen und war sehr neugierig zu erfahren, wie man
sich darinnen transportiren lassen könne. Kyau ver-
sprach ihm, ihn noch diesen Abend nach Hause tragen
zu lassem Inzwischen ward brav getrunken, und als es
schon ziemlich spät war, befahl der General seinen Sänfte-
trägern, daß sie vorher den Boden und Sitz aus der Sänfte
herausschlagen und, wenn der Edelmann drinnen wäre,
recht geschwind mit ihm davon marschiren sollten. Die-
ser Befehl ward befolgt und der Edelmann auf diese
seltsame Weise bei schlechtem Wetter nach Hause gc-
hracht. Als ihn Kyau am anderen Morgen fragte,
wie er die neue Mode, sich in Sänften tragen zu lassen,
finde, antwortete er: „Eure Ercellenz! Wenn ich es
nicht gewiß wüßte, daß ich getragen worden bin —
meinen Kops wollt' ich verwetten, ich wäre gegangen!"
 
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