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K u h h i r t e n - T h u r m.
Mittheilungen des Vereins für Geschichte etc. VII, 92.
Der Belagerungsplan und Merian zeigen oberhalb der Main-Brücke
auf der Sachsenhäuser Seite 5, bezw. 6 Thürme, welche aus der als ein-
fache Mauer dargestellten Stadtmauer hervortreten. Der erste derselben,
zugleich der grösste, ist der noch bestehende Kuhhirten-ThurnD), früher
Elephant genannt (Fig. 57—60). Er schützt das auf seiner rechten Seite
behndliche Thor, eine seltene Anlage, da der Thurm auf der anderen Seite
fehlt. Der etwa 1490 erbaute Thurm, der einzige, welcher von den fünfen
vollständig erhalten ist, wurde aus Kalksteinen erbaut und geputzt;
die Eckquader, das Fenster- und Thürgewände des Erdgeschosses be-
stehen aus Basalt, die Gewände der oberen Fenster aus rothem Sandstein,
die Gesimse aus Holz. Das Dach ist mit Schiefer eingedeckt und das
aus Eichenholz konstruierte Fachwerk des dritten Obergeschosses in späterer
Zeit mit Schiefer bekleidet worden. Unter dem Schiefer ist das früher
sichtbar gewesene, auf den alten Stadtplänen angedeutete Fachwerk noch
vorhanden; die Fache sind theils mit Ziegeln ausgemauert, theils mit
Strohlehm ausgefüllt. Das hochgelegene Erdgeschoss enthält die früher
durch eine Treppe zugänglich gewesene Eingangsthüre mit geradem Sturz
und äusserem Falz und ein vergittertes rechteckiges Fenster, dessen Ge-
wände mit einer Hohlkehle auf einfachem Wasserschlag profiliert ist. Die
Fensternische ist mit der Wand im Inneren bündig durch eine schwere
Eichenholzumrahmung mit kleiner vergitterter Oeffnung abgeschlossen.
Der hierdurch erleuchtete Raum (vgl. den Grundriss) diente alsGefängniss;
die Trennungswand ist heute nicht mehr vorhanden. Einfache Holztreppen
mit zum Theil noch erhaltenen Blockstufen führen durch das erste, zweite
und dritte Obergeschoss bis auf den Dachboden; Balkenlagen mit Holz-
fussböden trennen die einzelnen Geschosse.
Das erste Obergeschoss enthält drei, das zweite Obergeschoss vier
Fenster mit äusserem Falz im Gewände und einer tiefen, Rachbogig über-
wölbten Nische im Inneren. Im Sturz sind die eisernen Kloben für die
Aufnahme der hölzernen, zum Aufstellen eingerichteten Fallladen meist
noch erhalten. Im zweiten Obergeschoss befand sich in der nördlichen Ecke
der Westseite ein Abtritt, dessen rechteckige Nische, aussen vermauert, von
innen durch eine Thüre zugänglich, noch besteht. Der zugehörige Schacht
sass unten auf Steinkonsolen und ist zerstört, in die Zeichnung jedoch
eingetragen. Das Fachwerkgeschoss diente dem Wächter zum Aufenthalt
und war heizbar. Es enthält einen Vorraum und Treppe und drei durch
Fachwerkswände getheilte Räume.

9 Der Name Kuhhirten-Thurm kommt daher, weil in späterer Zeit der Kuhhirt
in demselben seine Wohnung hatte.

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