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Der Thorbogen ist spitzbogig, aussen mit einer Hohlkehle prohliert
und sitzt vor einer tiefen, Aachbogig überwölbten Nische. In seinem Ober-
geschoss, welches aus Ziegelmauer werk besteht und nach der Wasserseite
um ein Geringes ausgekragt ist, befindet sich eine Stube, welche ebenfalls
zur Yertheidigung des darunter hegenden Thores bestimmt war. Sie ist
durch eine Thüre mit dem ersten Thurmstockwerk verbunden und hat
nach der Wasserseite zwei, nach der Stadtseite ein Fenster, welche den
Thurmfenstern gleich gestaltet sind. Auf der Ostseite liegt ein viertes
Fenster, dessen Holzladen sich nach der Seite öffnete.
Als auch dieser Thurm im Jahre 1884 abgebrochen werden sollte,
waren es eine von den Vorständen des Architekten- und Ingenieur-Vereins,
des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde, des Mitteldeutschen Kunst-
gewerbe-Vereins und der Künstlergesehschaft und von 95 Bürgern unter-
schriebene Eingabe an den Magistrat und ein Gutachten des Konservators
der Kunstdenkmäler von Dehn-Rotfelser welche das einfache, in guten
Verhältnissen gezeichnete, charakteristisch gestaltete Bauwerk gegen den
wiederholten Beschluss der Stadtverordneten vor dem Untergang retteten.
Der Thurm war bis zum Jahre 1888 bewohnt, wurde dann geräumt,
sein baufälliger Schornstein abgebrochen und das Dach ausgebessert. Im
Jahre 1891 wurde ein Fusssteig von der Paradies-Gasse nach dem Deutsch-
herrnkai hergestellt und zu diesem Zwecke die seitliche Pforte des Kuh-
hirten-Thurmes, welche vermauert war, wieder geöffnet; die Gewände,
ein Theil des Mauerwerks und der Verputz wurden erneuert, die Risse
des Thorgewölbes verkeilt und mit Oement ausgegossen.

Mauer-Thür me in Sachsen hausen.
Von den Mauer-Thürmen ist nicht mehr viel zusehen; die nördliche
Mainmauer hatte oberhalb des Kuhhirten-Thurmes nach dem Belagerungs-
plane fünf, nach Merian vier, da der fünfte inzwischen schon abgebrochen
war. Die Entfernungen der Thürme von einander betrugen etwa 50 m,
die des Kuhhirten-Thurms vom ersten Mauer-Thurm etwa 58 m von
Mitte zu Mitte. Die beiden ersten stehen heute als Ruine mit einem Stück
Stadtmauer auf jeder Seite, die beiden letzten sind verschwunden.
Der erste Thurm, das „weisse Ross", verlor 1863 sein Dach und
wurde als Wohnhaus eingerichtet, wie es heute noch benutzt wird; über
dem ersten Obergeschoss erhebt sich ein Pfannendach. Unten ist auf der
gegen die Stadtmauer vorspringenden Ostseite aussen eine als einfacher
Schlitz ausgebildete Scharte sichtbar; das erste Stockwerk enthält nach
der Wasserseite zwei Fenster, gleich denen des Kuhhirten-Thurmes, mit
welchem auch die Bauart im Allgemeinen übereinstimmt. Der Thurm ge-
hört jetzt zum Grundstück Grosse Rittergasse 102.
Der als „Pulverthurm" bezeichnete zweite Thurm, welcher in Fig. 61
im Grundriss und in Fig. 62 in der äusseren Erscheinung wiedergegeben
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