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frühere Aufzeichnung von Kriegk bekannt. Sie beziehen sich auf vier
allegorische weibliche Figuren über Lebensgrösse, welche in hellem Marmor-
ton ausgeführt, in stark Michelangelesken Bewegungen auf stattlichen
Thronen mit barock ausgeschweiften, bis zum oberen Bildrande reichenden
Marmorlehnen sitzen. Diese Throne treten mit ihren Sitzen über die
gemalte Marmorbalustrade hervor, mit welcher die Trommel der Kuppel ein-
gefasst erscheint, und ihre Sockel stehen am Fusse der Balustrade auf. In
diesen Sockeln befinden sich die Inschriften. Ihr Inhalt zeigt uns, dass es die
Absicht des Künstlers war, in dieser Kuppel sinnbildlich die Grundlagen
für das Wirken einer weisen Staatslenkung darzustellen.
Dem entsprechend sehen wir (vor der Eingangsthüre zu dem Amts-
zimmer des Oberbürgermeisters) die Stärke als weibliche Figur mit einer
Keule in der Linken gebildet und darunter die Worte: „Meavirtusnescia
vinci," d. ln meine Kraft ist unbesiegbar; im folgenden Kreisviertel nach
Osten die Rechtsprechung, den Richterstab in der Linken, die Rechte rheto-
risch vorgestreckt mit dem Wahlspruche: „Regimen mihi juris et aequi,"
d. li. mein Walten ist das des Rechtes und der Billigkeit; hierauf folgt
die Zuversicht, einen Anker auf ihrem Schoose haltend, mit der Beischrift:
„Mea constans ancora numen", d. h. meine stete Zuversicht (mein Anker)
ist die Gottheit, und als vierte die Voraussicht, gerüstet zu Abwehr und
Angriff mit einem Löwenfell über Haupt und Schultern und mit dem
Schwert in der Linken, dabei die Worte: „Oculus mihi providus aevi,"
d. h. mein Auge schaut der Zeit voraus.
Zwischen diesen Figuren, und hinter der Balustrade gedacht, sind in
natürlichen Farben diejenigen Künste und Wissenschaften dargestellt,
welche ein einsichtiges Regiment pflegen soll.
Beginnend zur Linken der Stärke erblicken wir, erhöht sitzend, in
ganzer Figur die Architektur, die Rechte auf eine Tafel gestützt, die
einen Bauriss zeigt. Zu ihren Füssen, angelehnt an eine weibliche stehende
Figur, die ihr einen Maassstab zu reichen scheint, steht eine zweite Tafel,
die vielleicht ein Vorbild enthält, denn die Architektur sieht nach ihr herab.
In einer Gruppe von Putten zu ihrer Rechten, die sich auf der Balustrade
tummeln, trägt einerderseiben einWinkelmaass, ein anderer scheint einen
Senkel empor zu halten. Eine grosse dunkelgrüne Draperie fällt vor dieser
ganzen Gruppe der Architektur über die Balustrade hinab, dadurch die
Eintönigkeit derselben vortheilhaft unterbrechend.
In der folgenden Zwischengruppe sehen wir die Malerei als halbe
Figur sitzend hinter der Balustrade hervorragen, einen Stift in der Rechten,
die Zeichentafel in der Linken haltend und hinter ihr einen schwebenden
Putto, welcher ihr Palette und Pinsel darreicht; ein anderer blättert auf
der Balustrade in einem Skizzenbuch. Hinter dieser Gruppe erhebt sich
ein hoher Obelisk, an dessen Ornamenten die Bildhauerei mit Meisel und
Hammer thätig ist. Hier ist die grosse, über die Balustrade hinabfallende
Draperie von rothem Stoffe.
 
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