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Unzweifelhaft war der Beschluss der Stadtverordneten darauf zurück-
zuführen, dass die bereits früher vorhanden gewesene Abneigung der Alt-
Frankfurter Bürgerschaft gegen eine wesentliche Umgestaltung des Römers
mit der Zeit mehr und mehr Platz gegriffen hatte: jetzt ging sie siegreich
aus dem Kampfe hervor.
Bei den weiteren Verhandlungen kam man fast allgemein zu der
Ueberzeugung, dass die Ablehnung der neuen prächtigen Facade historisch
durchaus zu rechtfertigen sei und dass es sich im Hinblick auf die geschicht-
liche Bedeutung des Römers, einer völlig abgeschlossenen Vergangenheit
angehörig, darum handele, die Aufstellung eines vereinfachten Projektes
nicht allein durch Reduzierung des früheren Meckelschen Projekts zu er-
zielen, sondern den historischen Charakter des Römers, welcher immer eine
grosse Einfachheit gezeigt hatte, zu bewahren. Die künstlerische Aufgabe
wurde daher so aufgefasst, dass dem Gebäude in pietätvoller Weise wieder
ein würdiges Ansehen gegeben werden müsse. Die auf dieser Grundlage
von der Magistrats-Kommission für Herstellung derRömerfacade gephogenen
weiteren Erörterungen zogen sich bis zum Januar 1894 hin; von den fünf
neu gefertigten Meckelschen Skizzen fand eine die einstimmige Billigung
der Architekten und Künstler der Römerbau-Kommission und der Stadt-
verordneten-Versammlung. Die Verhandlungen waren bis auf die Einzel-
heiten ausgedehnt worden: Uhr und Wasserspeier, welche früher bestanden
hatten, wurden wieder hergestellt, das für viele Gebäude hiesiger Gegend
charakteristische Thürmchen war beibehalten, die Vorhalle, welche den
Charakter des Bauwerks zu sehr beeinflusse, durch die auch praktisch
wünschenswerthe Anlage eines zum Heraustreten eingerichteten Balkons,
welcher ohne wesentlichen Einfluss auf den Gesammteindruck des Ge-
bäudes sei, ersetzt, von der Wiederherstellung der dem alten Kaufhause
vorgelegten Vordächer, schon wegen der dadurch bedingten Verdunkelung
der Halle abgesehen, die Erneuerung der zeitweise vorhanden gewesenen
Malerei abgelehnt, weil sie wahrscheinlich mehr den Charakter einer Fest-
dekoration gehabt habe, ausserdem die klimatischen Verhältnisse für die
Erhaltung von Malereien sich als ungünstig erwiesen haben.
So hatte jahrelange Arbeit der Behörden und Künstler endlich da-
hin geführt, eine Klärung in der überaus schwierigen Frage der Gestal-
tung der drei Giebel herbeizuführen. Das Ergebniss beruhte auf dem
Gedanken, dass die Stadt Frankfurt als Eigenthümerin und Hüterin des
für eine abgeschlossene Geschichtsperiode bedeutsamen Römergebäudes
verpflichtet ist, dasselbe der Nachwelt in allem Wesentlichen in der Ge-
stalt zu erhalten und zu überliefern, welche es im Laufe der letzten Jahr-
hunderte, in welchen es für die Kaiserwahlen die Räume gewährte, nach-
weislich gehabt hat, und dass es besonders unzulässig ist, an Stelle der
früheren, zu allen Zeiten einfach gehaltenen Facade ein modernes, präch-
tiges Bauwerk zu setzen, oder die Facade mit neuen, ihren einfachen
Charakter wesentlich beeinflussenden Zuthaten zu versehen.