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In der zweiten Hälfte des XVIII. und den ersten Jahren des XIX.
Jahrhunderts wurden die öffentlichen Ziehbrunnen in der Stadt, sobald
sie sich als baufällig erwiesen, nach und nach in Pumpbrunnen mit
Pumpensäulen umgebaut. Vielfach waren die grossen Ziehbrunnen Hinder-
nisse für den Strassenverkehr, während die Pumpensäulen weniger Platz
Wegnahmen. Für den Feuerlöschdienst lieferten die Pumpen rascher und
in grösserer Menge das nöthige Wasser. Bei den Ziehbrunnen veranlasste
die häutige Verunreinigung durch hineingeworfene Thierleichen und andere
Dinge kostspielige Ausfegungen; beim Wasserentnehmen ereigneten sich
öfter Unglücksfälle, indem schöpfende Kinder in den Brunnen fielen.
Aus diesen Gründen drängte die städtische Verwaltung auf Ersetzung
der Ziehbrunnen durch Pumpen und -machte ihren zu leistenden Zuschuss
an die Brunnenverwaltungen davon abhängig.
Die bauliche Unterhaltung der ein-


zelnen Brunnen wies die Stadt den-
jenigen Hausbesitzern zu, deren Häuser
sich dieser Brunnen bedienten; sie waren
in der „Brunnenrolle" eingetragen und
zahlten einen jährlichen Beitrag, das
„Brunnengeld." Die Brunnennachbar-
schaft wählte zur Versorgung des Brun-
nens alle Jahre oder zwei Jahre einen
älteren und einen jüngeren Brunnen-
meister; viele Brunnennachbarschaften
hatten ausser diesen auch noch einen
auf Lebenszeit gewählten Brunnenschul-
theissen, gewöhnlich einen um den Brun-
nen verdienten Nachbar, dessen Amt mehr

Fig. 361. Ziehbrunnen um 1500.

eine Ehrenstellung war. Die Brunnenverwaltung stand unter der Auf-
sicht des Rechnei-Amtes in finanzieller und des Bau-Amtes in baulicher
Hinsicht; sie war durch die von der Stadt erlassenen Brunnenordnungen
einheitlich geregelt. Alljährlich trat die Nachbarschaft zur Rechnungs-
abnahme zusammen; bei dieser Gelegenheit wurde auch der Brunnen
gefegt und dieses Ereigniss in fröhlichem Zusammensein gefeiert, das
man Brunnenfahrt nannte, wobei es manchmal, zum Theil auf Kosten
der Brunnenkasse, hoch herging. Nach Anlegung der neuen Wasser-
leitung am Ende der 20er Jahre wurde diese Verwaltung der Brunnen
durch die Nachbarschaften auf der rechten Mainseite durch Verordnung
vom 29. Dezember 1831 mit dem 1. Januar 1832 aufgehoben und die
Versorgung der Brunnen dem Bau-Amte unterstellt, welches auch das
Brunnengeld von den Hausbesitzern zu erheben hatte. Die Entrichtung
des Brunnengeldes hörte mit dem 1. Januar 1862 auf.
Die Springbrunnen auf den freien Plätzen hatten keine Nachbar-
schaft und wurden von der Stadt direkt verwaltet und unterhalten; sie
 
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