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fällige Kurve um ein als solches nicht dokumentiertes
Objekt, das im Bereich dieses Hofes an seiner Ostseite
lag. Der Hof besaß drittens das vom Markgrafen aus-
geübte hohe und niedere Gericht, und zwar auch
noch ein Jahrhundert, nachdem er in die Stadt einbe-
zogen worden war, und die Besitzrechte längst nicht
mehr in den Händen des Markgrafen waren. Viertens
wird diese Rechtssituation erst im mittleren 14. Jahr-
hundert zugunsten der Stadt geändert, und zwar
durch mehrfache Rechtsakte, die die Wichtigkeit des
Vorganges unterstreichen. Dennoch bleibt fünftens
der Hof bis ins 18. Jahrhundert eine geschlossene und
baulich hervorstechende Einheit. Er erscheint sechstens
1320 in enger Verbindung mit der markgräflichen
Mühle, 1349 in nicht beweisbarer, aber angedeuteter
Beziehung zum Zoll. Dies alles zusammengenommen
scheint mir Argument genug, in diesem Hof auf dem
Behnitz tatsächlich den ältesten Sitz der landesherrli-
chen Macht im Stadtbereich zu sehen, älter als die
Burg anstelle der heutigen Zitadelle, auf die wir unten
noch kommen werden. Aus der Gesamtsituation her-
aus wird man hier eine Befestigungsanlage vermuten
müssen, die schon sehr früh, d. h. sicherlich schon
vor der Stadtgründung direkt am Flußübergang der
Fernstraße auf einer weitgehend von Wasser umgebe-
nen Halbinsel angelegt wurde, um diesen Übergang
zu sichern, bzw. die Einziehung von Abgaben (Zöl-
len) zu ermöglichen. Dies setzt die Anlage, die durch
umfangreichere Grabungen eindeutiger als bisher zu
fassen sein müßte, in Beziehung zu einem gleichfalls
nur erschlossenen ,,Hof" an einem Spreearm in
Berlin92', wie auch zum „Burgwall", wo zur selben
Zeit, d. h. vor 1200, nach Annahme des Ausgräbers
ebenfalls eine deutsche Befestigung in Form einer
„Motte" entsteht, die hier aber sicherlich der Sper-
rung eines Überganges zu dienen hatte, um den Ver-
kehr auf die neue Straße umzuleiten931. Betrachtet man
ferner die Hartnäckigkeit, mit der die Urkunden des
14. Jahrhunderts immer wieder von einem ,,Berg"

auf dem Behnitz sprechen, obwohl der völlig unauffäl-
lige Geländeunterschied an Ort und Stelle dies gewiß
nicht rechtfertigt94', so drängt sich die Vermutung auf,
daß auch diese Befestigung einen künstlichen Berg
enthielt951. Betrachtet man die Stelle, um die die alte
Fernstraße jene auffällige Kurve macht, so vermeint
man hier ein rundliches Gebilde von etwa 35-40 m
Durchmesser erschließen zu können; die Motte hätte
hier, wo sie Straße und Flußübergang aus nächster
Nähe (etwa 40 m zum Ufer des Havelarmes) überse-
hen konnte, an einer sehr gut gewählten Stelle gele-
gen. Die Platzbildung des Kolk, im Westen der vermu-
teten Motte, könnte man in diesem Zusammenhang
entweder als Rest einer Vorburg mit beidseitig gereih-
ten Häusern oder als eine entsprechende, unbefestig-
te Dienstmannensiedlung verstehen. Das gegenüber
der Einbeziehung in die Stadt höhere Alter der Grund-
stücksstruktur des Kolk wird jedenfalls durch den
zweifach verspringenden, unklaren Anschluß an den
Hohen Steinweg im Westen verdeutlicht96'.

In einem Aufsatz von 197397' über den ,,Allodialbesitz
des Spandauer Vogtes Albrecht" kam nun J. Schultze
nicht nur zu Rückschlüssen über eine frühe Burg bzw.
Motte im Bereich des Behnitz, die den hier vorgetrage-
nen Deutungen fast vollständig entsprechen, sondern
sprach darüber hinaus eine Reihe weitergehender Fra-
gestellungen an. Er konstatierte nämlich, daß nicht
nur diese Burg auf dem Behnitz bis 1240 zweifelsfrei
Allod (Eigentum, lehenfreier Besitz) der Familie dieses
Vogtes war, sondern stellte darüber hinaus fest, daß
gleiches nach Urkunden von 1217 und 1241 für eine
Burg bzw. einen Hof ,,Albrechtswerder" bei Zachow
östlich von Brandenburg gegolten hat. Dies ist inso-
fern bemerkenswert, als seit 1157 die Askanier An-
spruch auf den Besitz allen Grund und Bodens im Ha-
velland erhoben und andere Adelige nur als ihre Le-
hensträger duldeten. Besitzrechte ritterlichen Adels
aus der Zeit vor 1157 bestanden zwar, wurden aber

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