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anfangs beschriebene Aufspaltung der Havel in meh-
rere Arme bzw. die Folge von Talsandinseln zur Über-
schreitung des Flusses (Abb. 4). Gegenüber der sla-
wischen Siedlung auf der Halbinsel entsteht bei einem
der Flußübergänge dieser neuen Straße eine deutsche
Kaufmannssiedlung um eine Nikolaikirche, während
in der slawischen Siedlung selbst eine den Übergang
sichernde Burg des erobernden deutschen Adels an-
gelegt wird. Eine zweite Befestigung („Motte") ent-
steht in der slawischen Adelsburg und Siedlung am al-
ten Flußübergang, wohl um diesen zu sperren. Der
Gesamtvorgang ist wohl als Zusammenwirken beider
Kräfte zu verstehen: die deutschen Kaufleute suchen
den Gewinn im Handel mit der ansässigen Bevölke-
rung und nehmen dafür den Schutz des Adels in An-
spruch, dieser profitiert zumindest über Zölle von den
Gewinnen der Händler. Die Verlegung der Straße ist
wohl auf die Konkurrenz zweier Adelsgeschlechter zu-
rückzuführen, d. h. die letztlich zu Landesherren wer-
denden Askanier bzw. von ihnen abhängige Adelige
beherrschen anfangs wohl nur das Gebiet nördlich
der Spree und ziehen Straße und Kaufleute hierher,
um die Gewinne den von Süden vorstoßenden Mark-
grafen von Meißen zu nehmen.

Schon im 1. Viertel des 13. Jahrhunderts ist die Bevöl-
kerung und der Reichtum der deutschen Siedlung so
angewachsen, daß sie aufgegeben und südlich neben
dem alten Standort erheblich größer und in „moder-
ner Form" wieder aufgebaut wird (Abb. 5). Es ent-
steht eine „Gründungsstadt" mit rechteckiger Block-
struktur, zentralem Markt und Befestigung.

Auch diese erste Stadt reicht nicht lange aus, denn
schon um 1230/40 werden Aktivitäten erkennbar, sie
gegen Norden etwa auf die doppelte Fläche zu erwei-
tern (Abb. 6). Man erwirbt die den Vögten gehörende
Halbinsel mit der Burg und der anschließenden Sied-
lung und zieht quer über den Havelarm, der sie von

der Gründungsstadt trennt, einen Damm, der nicht
nur einen Havelstau bewirkt und damit die Möglich-
keit zur Anlage von Mühlen und zur Verstärkung der
Befestigung, sondern auch die Voraussetzung zur Zu-
füllung des abgesperrten Havelarmes ist. Die Erweite-
rung wird der ersten Stadtanlage so geschickt ange-
fügt, daß die Nahtstelle kaum erkennbar ist, mit Aus-
nahme des Behnitz und des verfüllten Havelarmes, die
deutliche Spuren in der Grundstücksstruktur hinterlas-
sen. Die so entstandene, an der Havelseite nochmals
geringfügig erweiterte Stadt wird in der ersten Hälfte
des 14. Jahrhunderts durch eine steinerne Stadtmauer
nochmals klar zusammengefaßt und begrenzt (Abb.
7).

Noch in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts ent-
steht im Nordosten der Altstadt, nahe der Fernstraße,
eine neue landesherrliche Burg, möglicherweise zu-
nächst als primär wehrhafter und weiterhin auf Stra-
ße und Fluß bezogener (Zölle), aber zu Wohn- und
Repräsentationszwecken nur bedingt tauglicher Vor-
posten nahe dem Übergang über einen Havelarm. Ein
Zusammenhang mit der Einbeziehung der älteren,
durch die Zufüllung des Havelarmes uneffektiv gewor-
denen Burg in die Stadt ist sehr naheliegend. Jedoch
gibt der Markgraf seine Rechte an dieser älteren Burg
erst im mittleren 14. Jahrhundert endgültig auf, zur
gleichen Zeit, wo die neue Burg außerhalb der Stadt
offenbar einen entscheidenden Ausbau als repräsen-
tativer Wohn- und Verwaltungssitz erfährt. Ergänzt
man, daß die ersten Besiedlungsansätze des Stresow,
einer am anderen Havelufer im Südosten der Altstadt
liegenden Vorstadt, ebenfalls schon im 14. Jahrhun-
dert erwähnt sind142', so verdeutlicht sich am Beispiel
Spandau auf überzeugende Weise, daß insbesondere
das 13. Jahrhundert, in abnehmendem Maße auch
noch das 14. Jahrhundert eine Zeit intensivster öko-
nomischer und politischer Entwicklungen war, in der
Städte in rasch ablaufenden, komplexen Prozessen

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