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Biller, Thomas
Das "wüste Steynhus" bei Oschatz in Sachsen - frühe Gotik auf dem Weg nach Osten — Oschatz, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.4716#0024
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2. Die Entstehungszeit

2.1. Dendrochronologische Daten

Das „wüste Steynhus", wie es geplant und begonnen wurde, ist
ein Bau, der in der Systematik seines Grundrisses, insbesondere
in den auf vollständige Wölbung der Hauptgeschosse verwei-
senden Strebepfeilern, gotische Merkmale aufweist, während
die wenigen Detailformen eindeutig romanisch sind. Wäre man
auf diese Merkmale allein angewiesen, würde man den Bau als
gotisch mit altertümlichen Einzelformen einordnen und, gerade
auch in seiner Region, nicht allzu lange vor die Mitte des 13.
Jhs. datieren.

Vor diesem Hintergrund ist es von besonderer Bedeutung,
dass mehrere Hölzer des Baues dendrochronologisch datiert
werden konnten. Sowohl Tannenholzbretter aus der Tondich-
tung des Badehauses, als auch eine Eichenbohle, die als Unter-
lage eines Wasserkanals diente, wurden im Winter 1211/12 zu-

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geschnitten . Es wird heute in der Regel angenommen, dass
Bauholz im Mittelalter frisch verarbeitet wurde, und das scheint
gerade hier besonders sicher, denn bei der sehr speziellen Form
der genuteten Dichtungsbretter ist eine Wiederverwendung
praktisch ausgeschlossen, und der Einsatz in unmittelbarer Nähe
von Wasser spricht auch für frisches, saftiges Holz, das der
Durchfeuchtung besser wiederstehen konnte.

Damit steht fest, dass der Bau 1211/12 begonnen wurde, was
zu den romanischen Formen des Badehauses und auch dem be-
grenzten archäologischen Fundgut23 durchaus passt, aber bezüg-
lich der gotischen Grundrissmerkmale eine Überraschung ist.
Der Oschatzer Bau ist mehrere Jahrzehnte früher begonnen
worden, als die allgemeine Entwicklung der gotischen Architek-

22 Spehr zitiert drei verschiedene Gutachten wörtlich (Vorbericht, S. 23/24,
Anm. 21), die insoweit zu gleichen Ergebnissen kommen.

23 Zu den Funden Spehr, Vorbericht, S. 38/39; ein Großteil der Stratigraphie
wurde 1903/08 vernichtet.

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