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Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 33,1): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Stadt Quedlinburg — Halle, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.41156#0023
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I. Abriß der Stiftsgeschichte. Geschichtlicher Überblick. 7

Schutzherrschaft über Quedlinburg zugesichert erhalten hatte1). Auch der Sohn,
Rudolf II., übt sie trotz kaiserlichen Machtgebotes nicht unbestritten aus; der
Bischof verpfändet sie aber 1396 an beide Städte Quedlinburg mit Zustimmung
des Grafen Ulrich von Regenstein. Das Haus Sachsen - Wittenberg starb mit
Albrecht III. 1422 aus, und die Schirmvogtei kam 6. an das Haus Meißen-
(Wettin), das den Widerstand der Stadt 1477 gewaltsam brach, wodurch auch
den Ansprüchen des Halberstädter Bischofs ein Ziel gesetzt wurde. Bei der
Teilung der sächsischen Lande 1485 fiel die Schirmvogtei der Albertinischen
Linie zu. Trotz der päpstlichen Entscheidung vom 30. April 1511, die sie dem
Bischof von Halberstadt zusprach, betrachtete sich Georg von Sachsen nach wie
vor als Schirmvogt; ungewiß ist aber, ob die Vogtei ihm wirklich verliehen ist.
Die Reformation schaltete den Papst aus, und nach Georgs Tode 1539 ward die
Erbvogtei von der Äbtissin seinem Bruder Herzog Heinrich dem Frommen verliehen
und ihm gehuldigt. Es folgten Kurfürst Moritz von Sachsen und seine Nachfolger
bis 1697, wo Friedrich August von Sachsen, König von Polen, sich mit Kurfürst
Friedrich III. von Brandenburg, der auf Grund des Westfälischen Friedens ein
Anrecht auf das Fürstentum Halberstadt hatte, sich dahin verglich, daß die Erb-
vogtei über Quedlinburg gegen Zahlung von 340000 Taler an Brandenburg fallen
sollte. Dies ergriff am 30. Januar 1698 vom Stifte Besitz, und 1803 ward die
Schutzherrschaft in unmittelbaren Besitz Preußens verwandelt.
Die Verfassung des Stifts unterschied sich von der anderer Frauen-
Kollegiatstifte zwar nicht durch die äußere Ordnung. Auch hier setzte sich
der Konvent zusammen aus der Äbtissin, der Pröpstin, Dechantin, Kustodin,
Schulmeisterin, Kammermeisterin und Sangmeisterin; diese sollten aber alle aus
den höchsten Familien des Reiches gewählt werden; es sind denn auch fast nur
Töchter regierender Häuser Mitglieder des Konvents gewesen. In dieser Hinsicht
nahm es die erste Stelle im Reiche ein. Das Stift besaß auch die Reichsstandschaft,
und die Äbtissin war als solche eine Reichsfürstin.
Das Wappen des Stifts zeigt zwei silberne gekreuzte Kredenzmesser mit
goldenen Heften in rotem Fehle. Die Äbtissinnen führten es später als Herz-
schild in ihrem Familienwappen.
Das Stift war dem Kaiser unmittelbar unterstellt, war auch mit dem
Königsbann und dem Blutbann als den wichtigsten Regalien belehnt (zuletzt
noch 18. Februar 1793). Dabei besaß die Äbtissin auf Grund der päpstlichen
Urkunde vom 31. Juli 1254 die bischöflichen Rechte. Auch unter dem
Papst stand das Stift unmittelbar, dem es dafür eine jährliche erhebliche
Abgabe entrichten mußte. Es unterstand also dem Bischof von Halberstadt von
vornherein nicht. Es besaß auch (seit 994) das Münzrecht2) zugleich mit dem
Markt- und Zollrecht. Außer Quedlinburg hatte auch das zum Stift gehörende
Gera eine Münze. Die letzten Münzen ließ Anna Sophie I. 1677 schlagen.

0 Mehrmann, HZS. 26, S. 172.
2) Diining, Übersicht über die Münzgeschichte des kaiserlich freiwcltlichen Stiftes
Quedlinburg 1886, wo auch die Literatur angegeben ist. Hierzu Buchenau, Untersuchungen
zur mittelalterlichen Miiuzgeschichte der Vögte von Werda, Gera und Plauen 1899 und
der Brakteatenfund von Seega 1905.
 
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