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Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 33,1): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Stadt Quedlinburg — Halle, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.41156#0025
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I. Abriß der Stiftsgeschichte. Geschichtlicher Überblick.

9

Seitdem ist die Äbtissin unbestritten Landesherrin auch über die Stadt geblieben,
die ihr den Erbhuldigungseid leistete und die von ihr auferlegte Yerfassung an-
nahm, auch aus der Hansa ausschied. Die Bedingungen waren überaus hart.
Die Stadt war hiermit für immer erledigt. Die Äbtissin hatte aber nach wie vor
mit ihren Schutzvögten selbst um ihre Hechte zu kämpfen, die sie meist (durch
Eingreifen des Papstes?) behauptete. Dasselbe wiederholte sich ihrem Neffen
Georg gegenüber, dem Nachfolger Alberts. Auch der Bischof Ernst von Halber-
stadt rührte sich wieder, jetzt vom Papste gestützt, der die Äbtissin in den Bann
tat. Hedwig war kurz zuvor gestorben. Andere Widerwärtigkeiten ließen ihre
Nachfolgerin Magdalene von Anhalt ihrer bestrittenen Würde entsagen.
Die nach manchen Kämpfen 1539 eingeführte Deformation1) brachte keinen
Frieden zwischen Schutzherrn, Stadt und Äbtissin; nur Papst und Bischof von
Halberstadt traten aus dem Spiel2). Auch der Magistrat setzte seine kleinlichen
Quengeleien fort, besonders bei Besetzung von Pfarr- und Schulstellen. Die
Äbtissin mußte in dieser Zeit den Schutzvögten, erst dem Herzog Moritz, dann
dem Kurfürsten August entgegentreten, die sogar die Landeshoheit in Anspruch
nahmen. Ihr Protest hatte nur vorübergehenden Erfolg (1554). Der große
Krieg, der bald nach dem Regierungsantritt der Äbtissin Dorothea Sophia von
Sachsen ausbrach, brachte über Stift und Stadt jede Art der Heimsuchung
von Truppen des Herzogs Heinrich Christian von Braunschweig, Administrators
von Halberstadt, der Sachsen, Kaiserlichen und Schweden. Besonders die letzteren
haben ihre Spuren hinterlassen. 1650 feierte Stift und Stadt das Friedensfest.
Als die Schutzvogtei 1697 an Kurbrandenburg überging, bedeutete das
einen entscheidenden Schritt zum Verlust der Unabhängigkeit, die schon vorher
beschränkt gewesen war, da die Äbtissin selbst ja keine realen Machtmittel besaß.
Friedrich der Große verbot der Äbtissin Anna Amalia 1760 auch die Münz-
prägung. Was Kursachsen angestrebt hatte, erwarb Kurbrandenburg teils mit
Gewalt, nämlich die Landeshoheit, zunächst mit der Äbtissin gemeinsam, bis 1803
die volle Einverleibung in Preußen folgte, dessen Könige schon 1798 auf Grund
der Belehnung gehuldigt worden war.

Äbtissinnenverzeichnis3). 26Katholische: Mathilde (966—999), Adelheid I.
(—1045), BeatrixI.(—1062), AdelheidII. (etwa—1095), AgnesI. (vielleicht —1125),
Gerburg (—1137), Beatrix II., Schwester Sophiens, Albrechts des Bären Gemahlin
( — 1160), Meregart (—1161), Adelheid .III., Tochter des sächsischen Pfalzgrafen
Friedrich II. von Sommerschenburg ( — 1184), Agnes II., Tochter Konrads I., Mark-
grafen der Ostmark und von Meißen (—1203), Sophie, Gräfin von Brena (—1225),
Bertradis I., Edle von Krosigk (—1230), Kunigunde, Gräfin von Kranichfeld und
Kirchberg (—1231), Osterlinde, Gräfin von Falkenstein (—1232), Gertrud von
Amfurt (—1270), Bertradis II. (—1308), Jutta von Kranichfeld (—1347), Ludgard,
Gräfin zu Stolberg (—1354), Agnes, Gräfin zu Schraplau (—1362), Elisabeth von
Hakeborn (—1376), Margarethe von Schraplau (—1379), Ermgard von Kirchberg

b Näheres darüber bei den einzelnen Kirchen.
2 Die letzte päpstliche Bestätigung der Äbtissin erfolgt aber erst 1566.
;! Nach Kleemann, Führer durch Quedlinburg 1920.
 
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