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Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 33,1): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Stadt Quedlinburg — Halle, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.41156#0085
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Kreis Stadt Quedlinburg.

Alle diese bisher behandelten Motive gehören der Oberkirche an. In der
Krypta findet sich kein einziges, das sein Gegenstück oder Muster in Conto
fände. Das bestätigt nur unser Urteil oben über das Verhältnis der Krypta zur
Oberkirche (siehe S.57). Die Krypta muß etwas später gebaut sein Die Ober-
kirche hat ihren Schmuck nur dem Altarhaus und der Apsis von S. Abbondio
entlehnt, der mit dem Langhause nicht gleichzeitig sein kann, das auch eine
andere Technik zeigt.
Die Einzelformen der Krypta weisen aber auch z. T. nach Oberitalien.
Die Steinmetzen sind also nur im weiteren Sinne als magistri Comacini zu be-
trachten. Das Muster an Kämpfer und Kapitell der Säule am (Abb. 39) ist mit
den Kapitellen von S. Ambrogio in Mai-
land zu vergleichen, besonders von der
Nordseite der Vorhalle. Doch sind die
Band Verschlingungen in Quedlinburg
einfacher, ein Unterschied, der auch
bei der Vergleichung mit der Ober-
kirche auffällt. Es lassen sich aber
nur wenig Muster zu den Kapitellen
der Krypta nach weisen. Nur der Stil
im allgemeinen ist, abgesehen von den
antikisierenden Kapitellen, durchaus
lombardisch.
Diese lombardischen Formen sind
aber überhaupt germanisch. So treffen
wir ganz ähnliche Motive im west-
gotischen Spanien, Kämpfer mit Vögeln
in W e 11 enran ken in San Pedio de
Nave, auch pickende Vögel und
Hund -an einem anderen Kämpfer
ebenda, pickende Vögel auch an einem
Kapitell daselbst und in S. Miguel de
Escalada, ein Motiv, das sich auch auf dem Deckel des Stiftsplenars von Ganders-
heim findet, das der Metzer Schule (X. Jahrh.) angehört1), hier auf fränkische
Überlieferung zurückzuführen ist. Noch häufiger treffen wir das auf antiken Vor-
bildern beruhende Ad 1 erkapitel 1, das in Quedlinburg eine viel größere Bolle
spielt als irgend woanders2). In Como (S. Abbondio) tritt es mehr schüchtern
auf, niemals an ganzen tragenden Säulen. Das geschieht aber in S. Ambrogio zu
Mailand und in Piona am Corner See vereinzelt. In Quedlinburg kommt es in
der Oberkirche fünfmal vor, viermal an freistehenden Säulen, in der Krypta nur
einmal (an einer Wandsäule). In Deutschland erscheint es unabhängig von
Quedlinburg auch sonst, so im Großmünster zu Zürich (Nordportal) und besonders
prächtig in Basel.


*) Steinacker, B u. K. D. des Herzogtums Braunschweig V, S. 147.
2) Schuaase sieht in ihm ein Symbol der Hoheit.
 
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