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Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen (Band 33,1): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Stadt Quedlinburg — Halle, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.41156#0135
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IV b. Ausstattung.

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davon bei 2 ein Erzbischof mit kegelförmiger Mitra, Amikt um den Hals, weißer
Alba, Dalmatika und karminroter Glockenkasel; Pallium über den Schultern,
Manipel auf dem linken Handgelenk, vielleicht im Zusammenhang mit Johannes.
Zwischen beiden Brustfigur mit Nimbus (Christus?), die vielleicht einst Vollfigur
war. Eorm ungewöhnlich. InTbeia Krieger (Fürst?). In Y bei 1 zwei Figuren
in weißer Alba, grauviolettem bzw. okergelbem Mantel und graublauen Schuhen.
In S bei b unter hohem Architekturaufbau kniende Frau in Profil in Alba,
Hängeärmeln, graublauem Mantel. Vielleicht die Stifterin der Gemälde (Abb. 55)
(Agnes?). Die übrigen Reste von Malereien sind zu unbedeutend, als daß sie
hier aufgeführt zu werden verdienten.
Genau über der Stelle des Grabes des Königs1), also im Schnittpunkte der
Grate zwischen den Säulen u, v, aa, ab steht ein doppelter Kreis von 1 m
Durchmesser, von dem grauviolette (ursprünglich vielleicht karminrote) Streifen
die Grate entlang laufen. Ähnlich im Kreuzungspunkte der Grate der Apsis.
Die westlichen Fresken gehen auf uralte, altchristliche Vor bilder des 2. bis
4. Jahrhunderts zurück, die von gewissen Gebetsformeln herzuleiten sind2). Die
ältesten Darstellungen in der capella greca der Priscillakatakombe (Anfang des
2. Jahrhunderts), auch auf einem Silberkästchen des 4. Jahrhunderts in S. Nazario
in Mailand und an einem Elfenbeinkasten des 4. Jahrhunderts, der sog. Lipsanothek,
im Museo Civico in Brescia und auf einer Goldglasschale von Podgoritza Susanna
bildet ein Glied eines festen Grundstocks von Szenen, wie wir sie in Quedlin-
burg sehen. Auch auf einem Sarkophag in Gerona sind Szenen des Susanna-
zyklus enthalten. Direkte Vorlage ist vielleicht ein Quedlinburger Reliquiar ge-
wesen, das dem Mailänder ähnlich war, wo wir auch das Salomonische Urteil
und die Erweckung des Lazarus vereinigt finden. Sonst sind Erzählungen und
geistliche Schauspiele als Anregungen anzunehmen.
Die prachtvollen Malereien zeigen durchweg ruhige Würde, trotz lebhafter
Gestikulierung der schematisch gezeichneten Gestalten, die den meist monotonen
Gesichtsausdruck ergänzt. Ruhe zeigen auch besonders die herabwallenden Ge-
wänder, deren Falten wohl auf die Umrißlinien der erst nackt gezeichneten
Glieder gelegt sind, die oft durch die Gewandung durchscheinen. Das Ganze zeigt
streng symmetrischen Aufbau. Die Farben sind braun, ockergelb, graugrün und
karminrot; die Mäntel stahlblau, grau und ockergelb. Die Hauptpersonen zeigen
stets in allen Szenen dieselbe Farbe. Die Architektur über den Einzelfiguren hat
umgekehrt symmetrische Färbung. Die Zeit der Fresken ergibt sich teils aus
der Kleidertracht (Hängeärmel der Frauen, Spitzhüte der Männer), die auf das
Ende des 12. Jahrhunderts deutet; teils aus dem Vergleich mit dem Agnes-
teppich (s. u.), der späteren Stil verrät, aber immer noch um 1200 zu setzen ist.
Sie dürften demnach auch der Agnes zugeschrieben werden.
Glocken. Obgleich schon zur Zeit der Königin Mathilde Glocken vor-
handen waren, wie aus einer Stelle der vita B. Mathildis hervorgebt, wo diese
sagt: „Praecipite signa ecclesie pulsari et pauperes congregari ut elemosinas
0 Tröscher sieht unzutreffend den Krieger in T bei a über dem Grabe.
“) Näheres bei Tröscher und seiner Quelle: Karl Michel, Gebet und Bild in früh-
christlicher Zeit, 1902.
Kreis Stadt Quedlinburg,

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