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Malerei, doch hat in Italien nicht die lyrische Anschauung von Giorgione und Tizian Nachfolger
gehabt, sondern die idyllisch-bukolische Landschaftgenre der Bassanos, die nach Aussage
literarischer Quellen von der gebildeten bffentlichen Meinung sehr hochgeschatzt waren. Zahl-
reiche, aus der Werkstatte der Familie Bassano stammende Bilder gab es in kbniglichen Sam-
mlungen, in Kirchen und Klostern und sie gelangten in der Form von Kopien und Stichen
auch zu den fuhrenden Kunstlern.

Die Forscher der spanischen Malerei befassten sich bis jetzt nicht mit der Schilderung der
Landschaft, ais besonderer Kunstgattung. Das Bildmaterial ist spSrlich und verstreutu.
Aus dem XVI. Jh. kann es fast ausnahmslos bloss auf der Grundlage von Dokumenten, Inven-
taren, Nachlassverzeichnissen, Vertragen rekonstruiert werden. Auch im XVII. Jh. machen
diese den bedeutenderen Teil aus, und die sich erhaltenen Werke sind, wenigstens im ersten
Viertel des Jahrhunderts sehr selten. Die wenigen Ausnahmen, Ansichten von El Greco aus
Toledo, Landschafts-Impressionen des Velazquez aus Italien und seine spateren, kbnigliche
Einziige, Jagden, Veduten darstellenden umfangreichen Werke erwarteten im reichen Oeuvre
des Meisters eine spezielle Bearbeitung. Auch unsere Aufmerksamkeit richtete sich in erster
Linie auf Grunde der im Quellenmaterial vorkommenden Erwahnungen, im Zusammenhang
mit der Vorbereitung des Kataloges der 1972 in Warschau, Dresden, Prag, Budapest und in
Leningrad gezeigten Ausstellung, Die Anfange der europaischen Landschaftsmalerei und auch
gelegentlich der Vorbereitung auf die Warschauer wissenschaftliche Konferenz, auf die spanische
Landschaftsmalerei. Das Ergebnis der Forschung Snderte in bedeutendem Masse das Bild ab,
das sowohl in den Forschern, wie auch in dem Publikum auf Grunde des bisher systematisch
untersuchten Materials lebte. Es ist wirklich nicht viel erhalten geblieben, ausser dem bereits
erwahnten, einige dekorative Landschaften in Madrider kbniglichen Palaste und die in reicher
Landschaft geschilderten biblischen Szenen von Orrente und Maino. Dazu kommen noch einige
recht poetische Landschaften und an biblische Szenen gekniipfte Landschaftsschilderungen
des Murillo, wie Isaak segnet Jahob in Leningrad und die anderen Teile der Serie, diese fallen
aber schon ausserhalb der Zeitspanne unserer Untersuchung.

In der Gestaltung der europaischen Landschaftsmalerei hat Spanien zweifelos eine unbe-
deutende Rolle gespielt. Der Mangel an Landschaftsschilderungen kann durch zwei Faktoren
erklart werden : zur Zeit der biirgerlichen, also kapitalistischen Entwicklung fehlte es sozusagen
vollstandig an einer recht fortschrittlichen Bestellerschichte, andererseits nahm das Konzil
von Trient gegen die weltliche Darstellungsweise Stellung, was die Spanier unter allen katho-
lischen Landern am strengsten einhielten. Unter den Konzilsvatern waren in Mehrheit Spanier
oder Geistliche spanischen Ursprungs, die Mónchsschriftsteller und Theoretiker kampften erbittert
gegen jede schamlose, weltliche Darstellung, sie erhoben aber ihr Wort auch gegen die Mode
der aus Flandern einsickernden Landschaftsdarstellungen.1 Das Konzil selbst brachte keine
konkreten Beschliisse gegen die Landschaftsmalerei, den Passus iiber die Bilder vom 3.XII.1562
spricht bloss von der Schamlosigkeit. Offenbar behinderte auch dies die weitere Entwicklung
der einheimischen Landschaftsmalerei in Spanien und Italien. In den katholischen Landern

1. Siehe: Benito Carlos Quinteros, Templo dc la Elocuencia Castellana, Salamanca, 1620, S. 34: „Como el pintor, que faltando
el aprovechamiento, se entrega el regalo de los ojos, y pintando un pais de arboledas, rios, celajes, la menor parte de su
obra es un anacoreta devoto que pone en una cueva". Die Frage wurde von Bernardino de Yillegas in Vida de Santa Lut-
garda, 1635, S. 314 noch stenger beurteilt, klar auf das flandrischc Landschaftsbild bezogen: ,,No solo saldran a vista
las platicas ociosas e impertinentes, que hemos dicbo; pero aun las que falsamente se bautizaron eon nombres de espi-
rituales y santas apareceran alli pintadas como un pafio de Flandes, que estando todo el lleno de pajaros y animales cam-
pesinos, de florestas, arboledas, jardines, fuentes, arroyos, solo porque al rincón del pafio estń pintado, haciendo penitencia,
debajo de una pena, un San Gerónimo del tamano de un dedo, que apenas se ve, Haman el pafio de San Gerónimo pudiendo
eon mas razón llamarle el pafio de la Floresta de Flandes, pues eso es lo principal quc contiene".

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