Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Andrzej Ryszkiewicz
JOSEPH STIELER IN POLEN

Den letzten Zustrom auslandischer Maler erlebte Polen etwa urn die Zeit des Wiener
Kongresses. So kam Henri Riesener, ein Schiller von J.L. David\ 1813 nach Warschau; 1814
Charles Santoire de Varenne aus Petersburg hierher, urn — nicht besonders gekonnt — den
Lehrstuhl fur Malerei an der hiesigen Universitatsfakultatfur bildende Kunstezu leiten2. Im Jahre
1 81 5 langte der begabte Miniaturmaler Jean Henri Benner3 aus dem ElsaR in Warschau an, und
der dreiBigjahrige Georg Friedrich Kersting4, der bedeutendste unter den Genannten, wurde zum
Zeichenlehrćr der jungen Fursten Sapieha nach Radzyń Podlaski berufen. Im selben Jahr kam
auch Franz Xaver Lampi nach Warschau, um sich hier fur immer niederzulassen und ais
Franciszek Ksawery in die Geschichte der polnischen Malerei einzugehen5. Ende 1816 oder
Anfang 1817 traf Alexander Molinari6, ein Kunstler unruhigen Geistes, in Warschau ein und
wirkte hier funf Jahre lang ais Portratist. SchlieBlich zog 1817 bereits ein zweiter Schuler Davids
und aktiver Freimaurer Louis Letronne7 zu, der in Warschau, wo er zwólf Jahre lang arbeitete und
auch heiratete, die erste, hervorragende professionelle Steindruckwerkstatt eróffnete.

Es gab ihrer also eine ganze Schar, wenn auch hier nur die bedeutenderen genannt wurden.
Im vorausgegangenen Zeitraum, nach dem Fali der Republik Polen und der Teilung des Landes
unter drei Nachbarmachte, ais die politische Lage unsicher war und Warschau anderen Staaten

— PreuBen, Ósterreich oder RuBland — angeschlossen wurde, kamen auslandische Kunstler nur
selten hierher. Von jedwedem Kunstlerplebs (Wandervógel, Schwindler) abgesehen, kann man
eigentlich nur zwei bedeutendere Maler nennen: Richter und Stieler. Sie kamen etwa um
dieselbe Zeit, aber ganz unabhangig voneinander. Joseph Michael Richter8 wurde hier seEhaft
und „polonisierte" sich vóllig; 1806 im Alter von 26 Jahren von den Fursten Czartoryski aus
Dresden nach Puławy berufen, um ais Hauslehrer Zeichenunterricht zu geben, hinterlieB er viele
prazise Ansichten von Stadten, Palasten und Garten, die er in den ausgedehnten Gebieten
ehemaligen Mittel- und Sudpolens sehen konnte. Ober alle genannten Kunstler ist viel bekannt

— man weiB um ihre in Polen entstandenen Werke, die Forschung interessiert sich nach wie vor
fur sie, sie werden in Geschichtsabrissen behandelt, ihre Arbeiten werden ausgestellt und in
Publikationen abgebildet. Nur einer von ihnen ist vóllig unbemerkt, unbekannt, von allen
ubersehen geblieben: Joseph Stieler (1781—1858).

Sein Name taucht lediglich einige wenige Małe in der polnischen Literatur auf, bleich einem
undeutlichen Echo aus der Ferne, einem vóllig hohlen Klang. Der unersetzliche Rastawiecki hat
spat und nichts genaues uber ihn erfahren, denn im Erganzungsband zu seinem Malerlexikon
gibt er lediglich dessen Namen an, und dazu noch verkehrt geschrieben: „Stiller, ein Deutscher,
hielt sich zu Beginn des 19. Jh. vorubergehend in Warschau auf. Seine hier ausgefuhrten

1. A. Ryszkiewicz, Francusko-polskie związki artystyczne. W kręgu J.L. Davida, Warszawa, 1967, S 149—150.

2. K. Bartnicka, Polskie szkolnictwo artystyczne na przełomie XVIII i XIX w. (1764—1831), Wrocław, 1 971. s. Register.

3. Słownik artystów polskich i obcych w Polsce działających, Bd. 1, Wrocław 1971 (Bearb. A. Ryszkiewicz).

4. J. Danielewicz, „Georg Friedrich Kersting's painting Embroideress in the collection of the National Museum in Warsaw",
Bulletin du Musee National de Varsovie, 1986, Nr. 1, S. 1—5.

5. Słownik artystów polskich, op. cit., Bd. 4, 1986 (Bearb.J. Derwojed).

6. Polski Słownik Biograficzny. Bd. 21, Wrocław, 1976 (Bearb. A. Ryszkiewicz).

7. A. Ryszkiewicz, Francusko-polskie związki, op. cit., S. 150—153.

8. Polski Słownik Biograficzny, op. cit., Bd. 31, 1988 (Bearb. A. Ryszkiewicz).

21
 
Annotationen