Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Byzantinische Bildwerke in Venedig.

5

Regelmäfsig wiederholt sich dabei dieselbe Erscheinung: die
Vorbilder, welche diese fremden Künstler schufen, wurden bar-
barisch nachgeahmt, ohne dafs sich daran eine eigenartige lebens-
fähige Kunstthätigkeit anzuschliefsen im Stande war.

Besonders tief ist der Stand der bildnerischen Kunst in
diesem langen Zeiträume. Hier wirkte noch der Umstand sehr
ungünstig ein, dafs die der figürlichen Plastik abholden Byzan-
tiner fast nur nach der ornamentalen Seite Vorbilder lieferten.
Diese byzantinische und byzantinisierende Dekorationsweise
trägt den Charakter einer teppichartigen Flächendekoration,
welche Wandfüllungen, Bailustraden, Kapitelle u. s. f. vollständig
bedeckt. Gewinde von Weintrauben oder Epheu, Akanthus-
blätter und Akanthusranken oder phantastisch und oft sehr zier-
lich verschlungene Bandgewinde umgeben Kruzifixe, Rosetten
oder Tiere mit symbolischer Beziehung, oder bilden den Grund,
auf dem sich dieselben abheben. Wo diese Ornamente, welche
ursprünglich wohl durch die germanischen Völkerschaften nach
Italien und von dort nach Byzanz gekommen waren, rein und
gut gearbeitet sind, dürfen wir, nach dem Vergleich mit er-
haltenen Arbeiten im Gebiete des alten byzantinischen Reiches,
auf die Hand von byzantinischen Künstlern schliefsen. Beson-
ders reiche und gute Beispiele der Art bieten Rom, Brescia und
namentlich Venedig und Torcello. Von letzteren besitzt auch die
Berliner Sammlung, aus der 1841 erworbenen Sammlung Pajaro,
eine Anzahl interessanter Stücke, welche teils noch von dem
alten Markusdom (aus dem J. 829, so das Fenster No. 2 und die
Muscheldekoration No. 6), teils von dem Umbau nach einem
Brande im Jahre 976 herrühren; von letzterem ein Paar Kapitelle
(No. 8 und 9) u. a. m. Die Pfauen am Brunnen (No. 7) aus
frühester byzantinischer Zeit. Auch die seltenen feineren Ar-
beiten der kleinen Plastik: Altarvorsätze in edlen Metallen, Elfen-
beinarbeiten, namentlich die Kästchen mit Einzelfiguren von
Kämpfern u. dergl., sind regelmäfsig Arbeiten byzantinischer
Künstler, die im IX. und X. Jahrh. in Italien beschäftigt waren.

Weit zahlreicher und über ganz Italien zerstreut sind die
italienischen Nachbildungen solcher byzantinischer Vorbilder
in Stein, die durch den Mangel an Originalität der Erfindung
und an dekorativem Sinn, wie durch auffallende Roheit der
Ausführung sich unschwer als Arbeiten einheimischer Stein-
metzen kennzeichnen. Neben Venedig und seinen Nachbarorten
sind Civitale, Ancona, Rom mit Bauten, an denen dekorative
Bildwerke dieser Art ursprünglich oder von älteren Monumenten
angebracht sind, besonders reich; sie finden sich aber bis nach
Sicilien hinein. Das Berliner Museum hat von solchen Arbeiten
namentlich ein paar interessanter Sarkophage (No. 3 und 4) und
einen Thürbogen (No. 5) aufzuweisen, die dem VIII. und IX. Jahrh.
anzugehören scheinen.
 
Annotationen