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Venezianische Bildwerke. Die Cosmaten in Rom. Veroneser Meister.

Zwischen diesen Arbeiten steht das Bruchstück eines grofsen
plastischen Werkes, welches in Rom ausgegraben wurde und
das sich jetzt im Berliner Museum befindet, bisher vereinzelt und
unerklärt da: der kolossale Marmorkopf eines bärtigen Mannes,
den der Reif im lockigen Haar wohl als Fürsten charakterisiert
(No. 28 A). Neben den oben genannten, etwa gleichzeitigen süd-
italienischen Büsten fällt in diesem Marmorwerke der enge An-
schlufs an antike Büsten archaischen Stils, sowie die aufserordent-
lich saubere Ausführung und teilweise schon individuelle Em-
pfindung auf, wie sie sich z. B. in der Behandlung des Ohres
bekundet. Die eigentümlich
stilisierte Behandlung des
flach anliegenden lockigen
Barthaares findet sich ganz
übereinstimmend im Haar der
Bronzewölfin im Kapitol, die
auch sonst in ihrer Auffassung
und Behandlung mehr mittel-
alterlichen als antiken Cha-
rakter hat. Wir werden daher
auch dieses Werk der römi-
schen Plastik des XIII. Jahrh.
zuzuschreiben haben, die uns
in ihrer Entwicklung und im
Zusammenhang mit der Plastik
des übrigen Italien noch man-
ches zu raten giebt.

Eine klare und stetige Ent-
wickelung und eine reichere

Entfaltung zeigt die Skulptur

ist j-» i- j r-r* 28A. Marmorbüste aus Rom.

nur in Norditalien und 1 os-

kana. Von vornherein, seit dem Anfang des XII. Jahrh., tritt sie
hier in gesunder Verbindung mit der Architektur zur Hebung und
Belebung ihrer Glieder auf; auch geht sie denselben Weg, den
sich hier die selbständige Entwicklung der Architektur bahnt:
vom Mittelpunkt des alten Lombardenreiches, von Mailand und
seiner Umgebung, wird sie durch Marmorarbeiter dieser Orte
(namentlich aus Como) nach Mittelitalien übertragen und lange
Zeit vorwiegend durch diese »Comasken« ausgeübt. Die Lombardei
selbst hat nur dürftige Reste aufzuweisen; die grofsen Reliefs am
Tabernakel über dem Hochaltar in S. Ambrogio zu Mailand in
ihrer starren Regelmäfsigkeit sind, wenn nicht von byzantinischer
Herkunft, erst aus dem XIII. Jahrh.; das beweisen die rohen
Skulpturen der Porta Romana vom Meister Anseimus, die
aus den Jahren 1167 bis 1171 datieren. Sehr bedeutend sind
dagegen die Uberreste, welche heute noch in Verona erhalten
sind: das Portal des Domes (1135) und namentlich die Fassade
 
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