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Romanische Epoche

werken, selbst noch denen jenes Guido Bigarelli aus Como
aus der Mitte des XIII. Jahrh., die Hand des Ornamen-
tisten an, der auch die menschliche Gestalt mit schematischer
Regelmäfsigkeit und zierlicher Sauberkeit behandelt, statt sie
frisch nach dem Leben zu schaffen. Der Komposition kommt
aber diese Regelmäfsigkeit und der Geschmack in der Anordnung
und Ausfüllung des Raumes entschieden zu gute, und ebenso ist
die saubere Durchbildung ein Vorzug gegenüber jenen älteren
romanischen Bildwerken.

Auf Meister Guido geht in Pistoja noch die gedrungene
Gestalt des Erzengels Michael am Oratorio S. Guiseppe zürück;
in Pisa hat er 1246 das prachtvolle, mit reicher Marmorintarsia
geschmückte Taufbecken vollendet, und in seiner Art sind auch
schon die Skulpturen am Hauptportal des Domes zu Lucca:
Ghristus im Limbus und am Architrav die Apostel und Maria,
vom Meister Guidetto (in dem man neuerdings den jungen
Guido Bigarelli hat erblicken wollen). Diese Werke sind seit 1204
ausgeführt; die Fortsetzung der Arbeiten an der Fassade seit dem
Jahre 1233 fiel Kräften zu, die bei aller Verwandtschaft mehr
plastischen Sinn hatten als Meister Guido. Der Monatscyklus
und die Darstellungen aus der Geschichte des hl. Martin stehen
dem Guido noch am nächsten, die Skulpturen der Regulus-
pforte haben schon eine über ihn hinausgehende Vornehmheit
der Erscheinung, Freiheit der Bewegung und Feinheit der Em-
pfindung. Das grofse Reiterstandbild des hl. Martin, der mit dem
Bettler seinen Mantel teilt, ist die letzte und zugleich die
schwierigste Aufgabe, welche diese lombardisch - toskanische
Steinmetzen- und Bildnerschule in Lucca zu lösen hatte. Einer
der ersten Versuche, eine Freifigur zu geben, und seit dem
Altertum das erste Reiterbild, ist dieses Bildwerk ausgezeichnet
durch die vornehme Ruhe der schönen Gestalten, durch die
feine Empfindung für Proportionen und teilweise selbst durch
naturalistische Wahrheit: aber zu freier Bewegung, zu natura-
listischer Durchbildung, zu einer Auffassung als Gruppe oder
nur als richtige Freifiguren vermag sich der Künstler noch nicht
durchzuarbeiten. In der Anlehnung an die Kirchenwand, in
der Einhaltung der äufseren Fläche verrät sich der an die Relief-
darstellung gewöhnte Künstler.
 
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