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Bodmer, Johann Jacob [Editor]; Manesse, Rüdiger [Editor]
Sammlung von Minnesingern aus dem schwaebischen Zeitpuncte: CXL Dichter Enthaltend (Band 1) — Zürich, 1758

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https://doi.org/10.11588/diglit.4110#0019

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GESCHICHTE DER MANESSISCHEN HANDSCHRIFT. xix
wurde die Bibliothek zerstreut, viele der kostbarssen Werke fielen Privatpei'sbnea
in die Haende und kamen von da wider in Gefientliche. Durch was syr beson-
dere Wege unier Codex in die kceniglich-fniiizcesische gekommen., ist uns noch
verborgen. Diese Bibliothek ist nichts weniger als den Gelehrten verichlossen,
aber die große Entfernung vcn Deutschland entzog ihn den Augen der deutichen
Gelehrten sö sehr als sein voriger Kerker. Er kam gänzlich ins Vergessen , und
beynahe hundert Jahre versscssen, ohne dass seiner mit einiger Achtung wsere
gedacht worden. Er lag lebendig begraben; die grossen Nachforfcher der deut-
schen Alterthymer Coming und Schilter haben ihn nicht gesehen. Schilur hat nur
ein unvollstxndiges Verzeichniss der verschiedenen Verfasser, die er in lieh ent-
halt, erhalten, das er in-die Vorrede zu seinem alem'anischen Glossare. eingetra-
gen , und auch die Ziefer angezeiget hat, unter welcher der Codex in den Re-
fistern der kcenigl. Bibliothek numerotirt ist. Die Nahmen sind aber sehr fehler-
aft geschrieben und nicht wenige mangeln. Den großen Wortforschern von
Stade und Eckard war er gänzlich unbekannt, und der Sprachgelehrte Scherz
kannte ihn nur aus einigen Fragmenten. Der Herr Johann Cbrissofvon Bartenfiein ,
dessen Verdienste als Kaiserl. Oestreich. geheimen Kanzley-Rathes unsers Lobes nicht
bedyrfen, war von seinen Landesleuten der erste, der ihn mit eigenen Augen sah,
und zugleich seiner besondern Aufmerksamkeit vvyrdig fand. Als er in seinen
jyngern Jahren, in seinem Aufenthalte in Paris t, nach seiner grossen Liebe zur
Literatur , in der keeniglichen Bibliothek manchen Besuch ablegete, nahm er nicht
nur die Myhe, die Lesarten in Goldaßens Herausgabe von Tyro und Winsbecken ge-
gen die Handschrift in dem Codex zu untersuchen, sondern schrieb auch viele
Strophen von den Minneliedern Gwtsrits von Strasburg und anderer mit eigener Hand
ab, damit Herrn Prof. Scherzen, der mit ihm verschwargert war, ein Vergnygen
?u machen. Dieser gelehrte Mann hatte vor zvvcelf Jahren die Gytigkeit uns
etwas von den Abschriften des Herrn von Bartenßein zu zeigen , und dieses wenige
liess keinem Zweifel Raum, daß es nicht eben der Codex waere, den Schobinger und
Goldass gehabt hatten, aus welchem die häufigen Citationen in die Anmerkungen
ZU dem Rcenig Tyro und Winsbecken geflossen waren. Schobingers , Stukis und Gol-
daßem Eifer fyr dieses Werk ward stark in uns rege, wir hatten den besten Willen
ihre Bemyhungen zu erneuern, damit wir ihn seiner Dunkelheit entristen; aber
hseusige Unbequemlichkeiten sezten sich diesem Vorsaze von allen Seiten entgegen,
und (chlugen unsere Hoffnung, dass wir damit glyklicher als jene seyn wyrden,
beynahe danieder. In dieser Verlegenheit geennete unser Glyk uns die persönli-
che Bekanntschaft mit dem eben so grossmythigen als gelehrten Herrn Canonicus
und Professbr Schoepflin, von Strassburg, der uns neue Aussichten zeigete, die uns
zum Ziele unserer Wynsche bringen keennten. Seine Bekanntschaft mit dem Herrn
Abbe Salier, dem Aufseher yber die Handschriften der koenigl. Bibliothek, seine
Verdienste, die am,Hofe,von Versailles bekannt sind, stelleten uns angenehme.
c 2 Wahr-
t Im Jahr 1726.
 
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