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Boeheim, Wendelin
Handbuch der Waffenkunde: das Waffenwesen in seiner historischen Entwicklung vom Beginn des Mittelalters bis zum Ende des 18. Jahrhunderts — Leipzig, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.13832#0359

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348

II. Die Angriffswaffen.

aus dem 15. Jahrhundert in der Nationalbibliothek zu Paris. Am
Beginne des 16. Jahrhunderts wird die Couse auch in Spanien eine
Waffe der Leibgarden Philipps I., der seine Hartschiere damit aus-
rüstete, und seit dieser Zeit erscheint sie ununterbrochen an den
habsburgischen und mehreren deutschen Höfen. (Fig. 399.) Eine
der älteren Abbildungen der Couse als Hartschierwaffe sehen wir
in dem Freskogemälde des Domenico Brusasorci in der Casa Ridolfi
zu Verona, darstellend den feierlichen Einzug Karls V. und Klemens' VIL
in Bologna 1530, welches auch von Lukas Cranach in Kupfer ge-
stochen ist. Die Waffensammlung des kaiserl. Hauses zu Wien bewahrt
noch Exemplare von Cousen aller Kaiser von Ferdinand I. bis auf Josef IL
und auch einiger regierender Erzherzöge. (Fig. 400, 401, 402.)
Josef IT. (gest. 1790) war der letzte Kaiser, in dessem Hofstaate die
Cousen getragen wurden. Gegenwärtig führen sie noch die bayrischen
Hartschiere.

4. Die Runka und die Partisane.

Die Runka (ronsard, ranseur, roncie, Wolfseisen) unterscheidet
sich von dem gemeinen Spiefs nur durch die am unteren Klingenende
zunächst der Dille befindlichen, seitlich abstehenden, halbmondförmig
nach aufwärts gerichteten Ohren. Sie erscheint als Fufsknechtwaffe
auf Gemälden des 15. Jahrhunderts, ist aber gewifs weit älter. Die
Runka wurde mehr in den spanischen und italienischen Heeren ge-
führt, von welchen sie erst die Deutschen übernahmen, doch ist sie
bei letzteren nie in grofser Anzahl in Gebrauch gestanden. Bestimmte
Angaben über die Benennung und die Handhabung der Runka ver-
lauten am Beginne des 16. Jahrhunderts.*)

Als Kriegswaffe erhält sich die Runka bis an die 2. Hälfte
des 16. Jahrhunderts, bisweilen unter bizarren Formen und nicht
selten mit weit abstehenden, beiderseits geschärften Ohren, durch
welche man einen gewaltsamen Durchbruch der Fronte zu erschweren
beabsichtigte. (Fig. 403 a — d.)

In der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts ist sie auch die Waffe
einer Leibgarde, wahrscheinlich Karls V. In der Waffensammlung
des kaiserlichen Hauses zu Wien, wie in der Armeria Real zu Madrid
werden ganz gleichartig geformte Runkas bewahrt, welche ersichtlich
einer Leibgarde angehört haben. Ihre Klingen, reich geätzt und
vergoldet, die Schäfte mit Samt überzogen, sind so eingerichtet, dafs

' ) Monti Pietro, Exercitiorum atque artis militaris collectanea. Mediolani 1509.
 
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