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Boeheim, Wendelin
Handbuch der Waffenkunde: das Waffenwesen in seiner historischen Entwicklung vom Beginn des Mittelalters bis zum Ende des 18. Jahrhunderts — Leipzig, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.13832#0396

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D. Die Fernwaffen. I. Die Schleuder.

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klingensystem in Verbindung, welches jedoch immer einen für sich
wirkenden Mechanismus besitzt, der gleichfalls vom letzten Drittel des
Schaftes aus gehandhabt wird.

Glefen und Cousen besitzen in der Regel nur eine einfache
Schiefsvorrichtung. Der Lauf befindet sich hier am Rücken der
Klinge und ist aus diesem Grunde zuweilen auch etwas länger; das
Radschlofs steht dann gewöhnlich an der rechten Klingenseite.

Uber Schiefsvorrichtungen an Schwertern und Haudegen haben
wir am betreffenden Orte gesprochen, wir fügen hier nur gelegentlich
einige Beispiele an. (Fig. 455, 456.)

Ebenso wie bei Stangenwaffen und Hiebwaffen erscheinen Schiefs-
vorrichtungen an Schlagwaffen des 16. und 17. Jahrhunderts, beson-
ders häufig bei Streithacken. Wir bringen hier einige Beispiele von
solchen. (Fig. 457, 458, 459.)

Eine eigene Form von Waffen ist der sogenannte Weihwasser-
sprenger, ein hölzerner Streitkolben, in dessen innen hohl gebildetem
Kolbenteile mehrere Feuerrohre sich befinden, welche vom Schafte aus
abgefeuert werden. Seinen Ursprung scheint er in England gefunden
zu haben, wenigstens kommen solche Waffen meist in englischen
Sammlungen, sehr wenige in Frankreich und Deutschland vor. Die
ältesten gehören der Mitte des 16. Jahrhunderts an. (Fig. 460.)

D. Die Fernwaffen.
1. Die Schleuder.

Die Thatsache, dafs wir die Schleuder als Kriegswaffe tausend
Jahre vor unserer Zeitrechnung im Buch der Könige antreffen, läfst
uns ihr Auftreten schon im frühesten Mittelalter begreiflich erscheinen.
Die Einfachheit dieser Waffe ist ein genügender Grund, ihre An-
wendung bei allen Völkern, vielleicht nur die Germanen und die Völker-
schaften des Nordens ausgenommen, vorauszusetzen. Die Erwerbung
von 444 Stück römischen Schleuderbleies durch das Berliner Museum
1875 gab Anlafs, auch die Anwendung der Schleuder im Mittelalter
einem näheren Studium zu unterziehen.

Die Schleuder (franz. fronde, altfranz. fonde, engl, slinger, ital.
fromba, span. honda) war im Mittelalter von den Kreuzzügen an bis
ins 15. Jahrhundert eine häufig angewendete Waffe, besonders der Berg-
bewohner Helvetiens, nicht minder der Italiener, selbst des Flach-
landes. Sie war nie eine Waffe der Vornehmen, sondern stets nur

Boeheim, Waffenkunde. 25
 
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