Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Boeheim, Wendelin
Handbuch der Waffenkunde: das Waffenwesen in seiner historischen Entwicklung vom Beginn des Mittelalters bis zum Ende des 18. Jahrhunderts — Leipzig, 1890

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13832#0493

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
482

II. Die Angriffswaffen.

wufsten die Pariser Meister dadurch zu beseitigen, dafs sie den Pfannen-
schuber mit dem Hahne durch ein Gestänge verbanden, sodafs sich
ersterer beim Aufziehen öffnet. Eine charakteristische und wesent-
liche Neuerung ist in der Nufs mit ihren beiden Rasten zu sehen;
sie gewinnt aber nach vielen Studien erst die zweckentsprechende
Form. Bis etwa 1660 trifft man noch häufig geriffelte Schlagflächen
für Schwefelkies, von da an nur noch platte. Um dieselbe Zeit ver-
schwinden auch die Schnapphahnbatterien, die sich unverdienterweise
so lange im Gebrauche erhielten. Von dem Entstehen des Flintenschlosses
an datiert ein riesiger Aufschwung der französischen Büchsenmacher-
werkstätten unter d em Schutze, welchen ihnen namentlich Colbert ge-
währte. Die Arbeiten sind aber auch von einer Schönheit und Ele-
ganz, welche alle Bewunderung verdienen. Auf die Ausschmückung
der Schlösser wie der Läufe nahmen die ersten Künstler Frankreichs
im Fache der Dekoration, wie Lebrun, Berain, Brisseville und
viele andere, Einflufs. (Fig. 561.) Nach und nach erst bequemten sich
die deutschen Büchsenmacher dazu, von ihrem geliebten Radschlosse
zu lassen und Flintenschlösser zu erzeugen; bei ihrer ausgezeichneten
fachlichen Schulung gelang es ihnen aber im 18. Jahrhundert rasch
den Franzosen und Belgiern empfindlichste Konkurrenz zu machen,
ja einzelne, wie Ulrich Münz in Braunschweig, S. Hauschka in
Wolfenbüttel, Andreas Kuchenreuter in Regensburg, L. Becher
in Karlsbad, Georg Keiser in Wien u. a., übertrafen bald die Fran-
zosen in der Schönheit und Güte ihrer Arbeiten.

Die Einfachheit und konzise Zusammenstelluno; des Mechanismus
gestattete ohne Schwierigkeit die Umwandlung des Flintenschlosses
in ein Stechschlofs. Stechschlösser finden sich schon am Beginne
des 18. Jahrhunderts in nahezu derselben Form wie ein Jahrhundert
später.

7. Das Faustrohr und die Pistole.

Wir haben bereits früher erwähnt, dafs das kurzläufige Faust-
rohr, die spätere Pistole, aus den Knallbüchsen des 14. Jahrhunderts
hervorgegangen ist, die die Reiter, auf dem Sattelbogen von einer
Gabel gestützt, abfeuerten. Diese Knallbüchsen besafsen rückwärts einen
stangenartigen Fortsatz, welcher beim Anschlage an die Brustplatte
angestemmt wurde. Aus diesen plumpen und schweren Büchsen ent-
standen, nachdem es gelungen war, die Laufstärke zu ermäfsigen, die
Petrinals, welche zwar noch immer an die Brust angestemmt werden
mufsten, doch keiner Gabelstütze mehr bedurften. Diese Petrinals be-
 
Annotationen